Champions League
Kein Torwart dirigiert eine Abwehr
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| Donnerstag, 27. April 2006Nach dem 0:0 Arsenals in Villareal und dem parierten Elfmeter – Ronald Reng (FR) hält Jens Lehmann, Deutschlands ehemalige Nummer 2, für überbewertet: „Wer Lehmann die acht Jahre lang zugesehen hat, wie er im Glauben, allein gegen die ganze Welt kämpfen zu müssen, gegen einige reale, aber gegen noch viel mehr eingebildete Widerstände anrannte, der bekam in Villarreal den Eindruck: Don Quijote kann die Windmühlen doch besiegen. Lehmann ist ein guter Torwart, gemessen an Erfahrung, Können und Form derzeit Deutschlands bester. Aber er wird nie ein Sepp Maier sein, ein Toni Schumacher; ein Oliver Kahn in der Form von 1999 bis 2002: Ein Torwart, der wie selbstverständlich Schüsse hält, die unhaltbar scheinen. Elfmeter zu halten, ist für Torhüter, Heldentum auf die schnelle Art zu erlangen. Der Unterschied ist der zwischen einem Sprinter, der die 100 Meter in 9,8 Sekunden läuft und einem, der sie in 10,0 bewältigt; der Unterschied zwischen absoluter Spitze und mit dabei in der Spitze. Lehmann hat weder die Sprungkraft noch die Reflexe für die Einmaligkeit. Vieles hat sich in der emotional diskutierten Torwartfrage der Nation verselbständigt, etwa die Ansicht, Lehmann sei ein so genannter moderner Torwart, der die Abwehr dirigiere. Kein Torwart dirigiert eine Abwehr – auch wenn es viele Torhüter selbst gerne glauben. Ein Torwart, der sich bei Fragen, wo sich die Verteidigung positionieren soll, zu sehr einmischt, nervt nur, wie Arsenals großartiger Abwehrorganisator Kolo Touré im Hinspiel gegen Villarreal zum Ausdruck brachte: Er schrie Lehmann an, endlich den Mund zu halten. Und was Lehmanns Drang angeht, den gesamten Strafraum zu seinem Revier zu machen: Er ist tatsächlich einer der besten bei Flanken, aber zu welchem Preis? Die besten Torhüter riskieren so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Lehmann verzockte sich zweimal, als er aus dem Tor stürmte, wo er niemals an den Ball kommen konnte. Es war vergessen, als er den Elfmeter hielt.“
NZZ: Villarreal FC im Madrigal gegen Arsenal vom Glück verlassen
Sportliche Soirée
Felix Reidhaar (NZZ) genießt das 0:0 zwischen Barcelona und dem AC Mailand: „Die derzeit bestimmt besten, attraktivsten und beständigsten Vereinsmannschaften innert Wochenfrist im zweimaligen Vergleich, zuerst in der ‚Scala des Fussballs‘, gestern im monumentalen Camp Nou: Was begehrt das Herz des Fussballenthusiasten noch mehr? Die klare ‚Nacht‘ in der grössten Arena Europas reihte sich würdig in die paar hochstehenden Ausscheidungsspiele im Endstadium dieses Wettbewerbs – und dies trotz einem erneut torlos ausgegangenen Match. Es war ein aufwühlendes, spannendes, zuletzt dramatisches und ungemein schnelles, wechselvolles Spiel zwischen zwei Parteien mit zwar unterschiedlichen, aber beidseits in üppigem Mass vorhandenen Stärken, zwei vollkommen gleichwertigen Mannschaften. Eine sportliche Soirée, die gut zum Sommerbeginn passte, der Barceloner erstmals massenweise aus dem schweisstreibenden Strassen-Carré an die Strände in Hafennähe trieb. Milan war im Vergleich mit dem im Durchschnitt bedeutend jüngeren Barça-Team der Vorsprung an Erfahrung anzumerken, das Team schien ausgeglichener besetzt als der Widersacher und blieb bis zum Schlusspfiff gefährlich – den besseren Torchancen der Spanier zum Trotz. Jedenfalls hat der letztjährige Finalist dem Heimteam und seinem Publikum einigen Respekt abgerungen.“