Champions League
Sanft aber bestimmt
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| Mittwoch, 17. Mai 2006Markus Jakob (NZZ) stellt die in sich ruhende Trainerarbeit Frank Rijkaards vor: „Mehr als von einem Schamanen hat er etwas von einem Zenmeister. Und ein höflicher Mann ist er natürlich, was in der Branche nicht der Normalfall ist. Man kann den Fussball von Rijkaards Barça unterstatistischen Aspekten betrachten. Sie bestätigen nur, was man ohnehin sieht: Keine Mannschaft ist länger im Ballbesitz, keine lässt die Abseitsfalle öfter zuschnappen, keine schiesstöfter aufs Tor und keine – doch, eine: die AC Milan – erzielt pro Spiel mehr Treffer. Worüber die beliebig verlängerbare Statistik aber nichts aussagt, sind der Genuss der Spieler daran, ihre individuellen Teufeleien in einem grösseren Ganzen aufgehen zu lassen, und das Ergötzen, das sie damit den Zuschauern bereiten. Denn was wie eine unentwegte Neuerfindung des Fussballs erscheint, ist das Ergebnis des von Rijkaard sanft, aber bestimmt eingetrichterten Spielsystems. Als wäre das Angriffs-Furioso jedem, sobald er sich das Barça-Trikot überstreift, schon ins Blut gegangen.“
Gentleman
Ulrich Friese (FAZ) unterstreicht die Intelligenz und die guten Manieren Arsene Wengers: „Daß ausgerechnet einem weltläufigen Spitzentrainer wie Wenger der Erfolg auf der internationalem Fußballbühne bislang versagt blieb, ist für Fachleute ein Rätsel. Wie kaum ein anderer Kollege in den europäischen Spitzenklubs geht der in Straßburg geborene Elsässer mit Kreativität, Weitsicht und Akribie vor. Bei der Suche nach Fußballtalenten durchforstet er systematisch einschlägige Archive oder verläßt sich auf sein weltweites Netzwerk von Zuträgern und Informanten. (…) Respekt in der heimischen Fußballwelt mußte sich der unkonventionelle Coach, der 1996 nach mehrjährigen Trainerstationen bei AS Monaco und dem japanischen Erstligaklub Nagoya Grampus Eight zu Arsenal stieß, anfangs hart erarbeiten. Denn weder äußerlich noch vom Arbeitsstil her entspricht er dem gängigen Bild der Branche, das in der englischen Spitzenliga immer noch von typischen Haudegen dominiert wird. Im Gegensatz zum eher grobschlächtig auftretenden Schotten Ferguson, der sein Team bei ManU gern mal mit Standpauken in der Umkleidekabine zu Höchstleistungen anspornt, verkörpert sein Gegenspieler aus London das Kontrastprogramm: Der bodenständige Elsässer, der fünf Fremdsprachen beherrscht und am liebsten bei klassischer Musik entspannt, tritt wie ein Gentleman der alten Schule auf: höflich, bescheiden, aber – wenn es um die Sache geht – stets entschieden.“
Fleißiges Genie
Peter Heß (FAZ) findet keinen Makel an Ronaldinho: „Was macht diesen Fußballstar so wertvoll? Es ist die perfekte Mischung. Ronaldinho ist Akrobat und Athlet, Vorbereiter und Torjäger, Individualist und Mannschaftsspieler, Talent und Fleißarbeiter, Kopf und Herz in einem. So wie es Zinedine Zidane in seinen besten Tagen war. Nur hat der Brasilianer noch einen Bonus gegenüber dem introvertierten, manchmal (selbst-)zweiflerischen Franzosen: Seine positive, unbekümmerte Art. Weil Ronaldinho seine Freiheiten niemals zu eigenbrötlerischen Aktionen ausnutzt, sondern in jedem Moment seiner Alleingänge an den Effekt für die Mannschaft denkt, räumen ihm seine Trainer bereitwillig volle Entfaltungsmöglichkeit ein. Carlos Alberto Parreira in der brasilianischen Nationalmannschaft und Frank Rijkaard beim FC Barcelona weisen ihm keinen festen Arbeitsplatz auf dem Spielfeld an. (…) Stundenlang übt er seine Tricks und Kunststückchen, bis sie perfekt sitzen. Ein fleißiges Genie, getrieben von der Liebe zum Fußball und der Sehnsucht nach Anerkennung: Es ist Ronaldinho, der den FC Barcelona zum Favoriten auf den Gewinn der Champions League macht.“
Bundespräsident des Fußballs
Ronald Reng (FR) zeichnet Thierry Henry als guten Menschen: „Er wird im Vergleich mit Barças Ikone Ronaldinho das ganze Spiel hindurch wie ein Verlierer aussehen – wenn man in die Gesichter sieht. Ronaldinho lächelt immer. ‚Und ich nie‘, sagt Henry. ‚Es liegt daran, dass ich nie, auch wenn ich ein Tor schieße, absolut glücklich sein kann. Mein Vater hat mich so erzogen.‘ Er wuchs als Sohn von Einwanderern aus Guadeloupe in der Pariser Peripherie auf. ‚Als Kind kam ich nach Hause: ‚Papa, ich habe ein Tor gemacht!‘ Und er würde sagen: ‚Ja, aber du hast nicht gut gespielt.'‘ So sucht Thierry Henry noch immer rastlos nach Höherem, obwohl er mit 28 als Fußballer schon ganz oben ist. Und weil da nichts mehr ist, strebt er nach etwas Unbestimmten, einer Rolle, die es nicht wirklich gibt. Sanft und ernst versucht er – ja was? – zu sein: vorbildlichstes Vorbild, Überfigur, Bundespräsident des Fußballs? Bei Arsenals Freistoßtraining vor dem Finale schoss er nicht, sondern stand daneben und gab Schützen und Torwart staatstragend Tipps. Einmal führte er den FC Fulham in einem Ligaspiel alleine vor und schlichtete dann väterlich, als zwei frustrierte Fulham-Profis aufeinander losgingen. Er engagiert sich in London in Fußballprojekten mit schwierigen Kindern, will aber auf keinen Fall, dass darüber berichtet wird; aus Angst, es könnte als PR-Stunt missverstanden werden. Solch einen Fußballer gibt es nur einmal.“
SZ-Interview mit Deco
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