Internationaler Fußball
Berechenbare Nebengröße im Geschäft
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| Dienstag, 23. Mai 2006Moggi-Skandal – Dirk Schümer (FAZ) kann die langfristige Wirkung auf Italiens Fußball nicht erfassen: „Der Skandal nach zehntausend abgehörten Telefonaten, der erwiesenen Dauerbeeinflussung der Serie A und dunklen Transfergeschäften der Familie Moggi läßt Zweifel aufkommen, ob und wie Italiens Fußball überhaupt noch zu retten ist. Denn perverserweise haben die Enthüllungen niemanden sonderlich überrascht. Erstmals hat aber die ganze Nation Einblick in die feinen Äderchen der Macht, in den vulgären Jargon der Mächtigen, in den schmutzigen Alltag der Manipulationen, welche die Öffentlichkeit zuerst vom ‚geschminkten Fußball‘ sprechen ließ, danach aber vom monströsen ‚Moggipoli‘ – was man etwa als Moggi-Gate übersetzen könnte. Mit vier Mobiltelefonen vernetzte sich der agile Eisenbahner über Jahre mit allen, die ihm in der Fußballindustrie wichtig waren. Mit Schiedsrichtern seines Vertrauens sprach er die passenden Elfmeterpfiffe, die genehmen Gelben und Roten Karten ab. Besonders elegant war der Schachzug, bei Gegnern von Juventus eine Woche vorher stets alle gelbbelasteten Spieler mit einer Karte sperren zu lassen – eine Schwächung des gegnerischen Kaders, die niemandem auffiel. Vor allem der nationale, auch für den Europapokal zuständige Schiedsrichter-Beauftragte, Pierluigi Pairetto, zog auf Befehl stets die parteiischsten Unparteiischen aus der Lostüte, wenn es um Moggis Wohl und Weh ging. Rivalen wie den Eigner von Florenz, den Schuhindustriellen Diego della Valle, konnte Moggi bequem mit falschen Pfiffen an den Rand des Abstiegs manipulieren und danach mundtot machen. (…) Ein System liegt in Trümmern, bei dem der Sport nur mehr eine berechenbare Nebengröße im Geschäft war. Was der Calcio, der ohnehin an rückläufigen Wetteinnahmen, langweiligen Spielen und leeren Stadien litt, durch diesen Skandal eingebüßt hat, läßt sich noch gar nicht übersehen.“
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