Bundesliga
In der Bundesliga muß ein Umdenkprozeß stattfinden
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| Freitag, 26. Mai 2006Jupp Heynckes im Interview mit Markus Lotter (Welt)
Welt: Schalkes Ex-Manager Rudi Assauer hat Sie nach der Entlassung despektierlich als Mann der „alten Schule“ bezeichnet.
Heynckes: Das ist eine Person, die so etwas in einem Moment geäußert hat, als sie um Argumentation gerungen hat. Wenn man sich über meine Arbeit objektiv informieren möchte, dann soll man doch bitte den einen oder anderen Spieler fragen, oder Andreas Müller, wenn er offen und ehrlich ist, dann relativiert sich das, was der Rudi gesagt hat. Und ich konnte sicher noch mehr dazu sagen, aber das ist nicht mein Stil. Ich denke, daß ich bei Schalke vieles auf den Weg gebracht habe. (…)
Welt: Gladbachs Anhänger erhoffen sich schon aus der Tradition heraus eine offensive Spielweise. Werden Sie diesen Wunsch erfüllen?
Heynckes: Meine Mannschaften haben immer einen attraktiven und ansehnlichen Fußball gespielt. Nur: Dafür braucht man technisch und spielerisch veranlagte Spieler. Und da haben wir ganz klar Defizite und Nachholbedarf. Ich werde aber dafür sorgen, daß wir einen gut organisierten Fußball spielen. Die Deckung ist nun mal fundamental. Aber wir werden auch nach vorn spielen mit den dafür nötigen Freiheiten und ohne Fesseln. Aber sicherlich wird am Anfang alles etwas holprig sein.
Welt: Sie beobachten mit großer Aufmerksamkeit den internationalen Fußball. Woran sollte sich die Bundesliga orientieren?
Heynckes: Spaniens Primera Division ist, was die Kreativität und den spielerischen Fußball anbelangt, ganz klar die Nummer eins. Was sicher auch an der guten Trainerausbildung liegt. Du wirst dort jeden Tag gefordert, mußt kreativ sein und andere Wege gehen, die vielleicht erst auf Umwegen zum Erfolg führen. Der diesjährige Europapokal hat gezeigt, daß der spanische Fußball federführend ist.
Welt: Wie wird die Bundesliga wieder attraktiver?
Heynckes: Wir müssen versuchen, nicht – wie zuletzt – die Wege für deutsche Talente zuzustellen. In der Bundesliga muß ein Umdenkprozeß stattfinden: Es darf keine weitere Schwemme mittelmäßiger ausländischer Spieler über die Bundesliga kommen, sondern man muß selektieren und sich durchringen, sich noch intensiver mit den jungen Spielern zu beschäftigen. Vor allem im psychischen Bereich.
Welt: Kann man mit den deutschen Tugenden international überhaupt noch konkurrieren?
Heynckes: Kampfkraft, nie aufgeben, rennen und kämpfen sind eine Selbstverständlichkeit. Wir müssen an den fußballerischen und spieltechnischen Komponenten arbeiten. Aber das dauert natürlich. Frankreich beispielsweise hat fünfzehn Jahre gebraucht, um die Früchte zu ernten.