Deutsche Elf
Stimmungstest bestanden
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| Montag, 29. Mai 20067:0 gegen Luxemburg – Michael Horeni (FAZ) schildert die Fröhlichkeit auf den Zuschauerrängen und auf den Straßen, die der deutschen Mannschaft entgegenschlägt: „Es scheint so, als werde in diesen Tagen genau jene WM-Begeisterung in Deutschland ankommen, die sich monatelang einfach nicht herbeireden ließ. Auch sportlich waren ein paar schöne Szenen zu sehen. Vor allem, daß Geschwindigkeit auch im deutschen Fußball keine Hexerei sein muß. Schnelligkeit läßt sich trainieren. (…) Den ersten Stimmungstest haben die Deutschen bestanden. Den Leistungstest haben sie noch vor sich.“ Ulrich Dehne (zeit.de) ergänzt: „Die vielleicht erfreulichste Einsicht war nicht auf dem Platz sichtbar, sondern von den Tribünen zu hören: Die Unterstützung des Fans erreichte fast das euphorische Niveau des Confed-Cups. Zum ersten Mal nach Torwartdebatte, Umzugsdiskussionen und sportlicher Kritik waren Klinsmann-Sprechchöre zu hören. Die Zuschauer zeigen also, dass sie zu Mannschaft und Trainer stehen.“
Auch Matti Lieske (BLZ) erlebt ein Déjà-vu: „Das neue Temposystem ist für viele Spieler fremd, in ihren Klubs wird es nicht gespielt, oder zumindest nicht so, wie sich das die Trainer beim DFB vorstellen. Die erfahrenen Profis wirken wie Sextaner, die ein schwieriges Gedicht zu lernen haben, nicht wie gestandene Schauspieler, denen die Worte routiniert aus dem Mund fließen. (…) Manches deutet darauf hin, dass dem deutschen Publikum bei der WM ein Erlebnis bevorstehen könnte, das an den Confederations Cup erinnert. Die Zutaten stehen bereit: ein begeisterungsfähiges Publikum, das sich gern mitreißen lässt vom Offensivwirbel, den Podolski, Schweinsteiger, Borowski, Klose in guten Momenten veranstalten können, aber auch eine Defensive, die wackelt und jederzeit für einen entscheidenden Lapsus gut ist.“
Torwartheesters
Christof Kneer (SZ) widmet seine Aufmerksamkeit zwei Spielern, Tim Borowski und Oliver Kahn: „Wahrscheinlich ist den Trainern gerade noch rechtzeitig aufgefallen, dass sie den Spieler, den sie suchen, längst in ihren Reihen haben. Borowski ist der Vertikalmann, er kann dem Spiel jene Tiefenschärfe geben, die sie immer fordern. Er spielt gerade, klare Pässe, er ist kein Kringeldreher wie Schweinsteiger oder Schneider, und man kann förmlich mithören, wie die Anerkennung im Kollegenkreis stündlich steigt. (…) Wann hat man je erlebt, dass Oliver Kahn die Trainingsjacke auszog und darunter ein Hemd mit der Nummer 12 zum Vorschein kam? Und wann hat man je erlebt, dass er so euphorisch gefeiert wird, als hätte man sich all die fliegenden Bananen in seiner Karriere nur eingebildet? Der mutmaßlich größte Imagetransfer seit Saulus zu Paulus wurde das, und es wäre bestimmt nicht das schlechteste Abschiedsbild. ‚Oliver Ka-ha-n‘ riefen sie in jener Freiburger Fankurve, aus der einst dieser heimtückische Golfball geflogen kam, der Kahn im Gesicht traf. Es waren andere Kahn-Bilder damals, man sieht noch heute die Bayern-Verantwortlichen, wie sie ihren Torwart einzufangen versuchen, der vor der Tribüne blutüberströmt brüllt und tobt. Kahn hat übrigens weitergespielt damals, und bestimmt ist es auch diese Härte gegen sich selbst gewesen, die ihm den Respekt der Fans eingetragen hat. Sie haben ihn für sein Lebenswerk gefeiert. Ein bisschen sah es so aus, als würde Johannes Heesters noch einmal vor sein Publikum treten, aber niemand sollte diesen Torwartheesters unterschätzen.“
Ich bin nicht käuflich
Jürgen Klinsmann im Interview mit Christof Kneer und Philipp Selldorf (SZ vom Samstag) SZ: Gehört es zu Ihrer Denkweise, den Spielern zu vertrauen?
Klinsmann: Für uns sind das erwachsene Leute. Unsere Aufgabe ist es, den Spielern klar zu machen, dass das, was jetzt kommt, nie mehr wiederkommt. Auf dieser Grundlage versuchen wir sie immer anzuspornen, das Maximum aus sich herauszuholen in den nächsten Wochen. Wir wollen, dass sie ihre Karrieren in die eigenen Hände nehmen. Wir sagen immer: Hey, das ist DEINE Karriere! Das ist DEINE WM! Lass dir die nicht nehmen, mach lieber drei Einheiten mehr pro Woche. Sonst ärgerst du dich im August und sagst: Hätte ich doch mehr gemacht! Ich ärgere mich ja heute noch, dass ich bei der WM 1994 den Kopfball gegen Bulgarien im Viertelfinale nicht im Eck versenkt habe. Es geht uns darum, dass Spieler und auch wir Trainer hinterher sagen können: Wir haben alles getan, was in unserer Macht stand. Wir haben vielleicht Fehler gemacht – aber wir haben alles getan.
SZ: Da Sie Fehler ansprechen: Würden Sie heute etwas anders machen?
Klinsmann: In Bezug auf die grundsätzliche Entwicklung in den letzten 22 Monaten: nein. Auch die Negativerlebnisse – das Türkei-Spiel oder das Italien-Spiel – waren wichtig. Wir haben auch immer wieder auf die Probleme hingewiesen, zum Beispiel, dass die Bundesliga international hinterherhinkt. Wir wollten, dass die Menschen sich öffnen gegenüber anderen Trainingsmethoden; oder dass sie akzeptieren, dass ein Trainerstab aus dem Ausland kommen kann. Im Nachhinein glaube ich, dass die großen Linien richtig sind. Über Kleinigkeiten kann man immer diskutieren.
SZ: Eine folgenschwere Kleinigkeit war beispielsweise die, dass Sie entschieden haben, keinen Funktionär vom DFB mehr am Essen mit der Mannschaft teilnehmen zu lassen. Geht das auch zurück auf traumatische Erfahrungen Ihrer eigenen Spielerkarriere?
Klinsmann: Das hat weniger mit mir zu tun. Es waren ja die Spieler, die so entschieden haben. Wir haben sie gefragt. Das ist nichts Persönliches, aber die Mannschaft will ihre Ruhe haben – und es ist mein Job als Trainer, dafür zu sorgen, dass sie die bekommt.
SZ: Die Stimmung rund um die Nationalmannschaft hat sich zuletzt wieder deutlich gebessert. Haben auch Sie sich angepasst oder verändert?
Klinsmann: Nein, ich glaube, dass vorher viele Leute einfach auch sportliche Zweifel hatten. Das lag vielleicht daran, dass nach dem Confed-Cup viele unserer jungen Spieler in ein Loch gefallen sind: Podolski, Schweinsteiger zum Beispiel, auch Mertesacker hatte seine Aufs und Abs, Robert Huth – unabhängig davon, dass er ohnehin wenig gespielt hat. Sie waren emotional einfach noch nicht eingepegelt. Aber das hatten wir immer vorhergesagt. Man hat die Kritik nach dem Italien-Spiel auf die Spitze getrieben, um zu testen: Was verkraftet dieses Umfeld? Was verkraftet der DFB? Das ist so zugespitzt worden, dass das USA-Spiel unter ganz, ganz besonderer Beobachtung stand. Aber nach dem positiven Ergebnis war ja klar, dass man mit diesem Trainerstab in die WM gehen würde. Erst dann haben sich einige Leute wieder mit unseren Inhalten beschäftigt.
SZ: Nach dem USA-Spiel haben Sie die Kritik an der deutschen Presse heftig und pauschal gekontert. Alle wussten, dass Sie dabei vor allem die Bild-Zeitung meinten. Jetzt überrascht uns Bild mit einer Serie über Ihr Leben und Arbeiten, zu der Sie den Inhalt liefern. Sind das Konzessionen im Sinne der WM?
Klinsmann: Nach dem USA-Spiel wollte ich die Medien darauf hinweisen: Es ist genauso eure WM. Danach habe ich gesagt: Ich bin offen, mit mir kann man reden. Aber: Ich bin nicht käuflich. Es gibt von mir auch weiterhin keine Informationen, etwa über die Mannschaftsaufstellung. Zu Bild habe ich gesagt: Wenn es euer Wunsch ist, aus dem Gespräch eine kleine Serie zu machen, dann ist das kein Problem. Ich bin völlig unabhängig.
SZ: Haben Sie zwischen Italien- und USA-Spiel mal überlegt hinzuwerfen?
Klinsmann: Nein, ich fühle mich in der Pflicht, gerade den Spielern gegenüber. Das positive Feedback, das wir von den Spielern seit zwei Jahren kriegen, ist auch für uns Trainer motivierend.
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taz: Der Vermarktungsoffizier – Oliver Bierhoff kümmert sich um die Außendarstellung des Teams und gibt den alerten Animateur, dazu nutzt er auch seine Kontakte zur Privatwirtschaft