WM 2006
Rückzug
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| Freitag, 2. Juni 2006Alexandra Muz (FAZ) beschreibt den deutschen Gegner Kolumbien auf dem langen Weg zurück zu Legalität und Sauberkeit: „Als Kolumbien in den neunziger Jahren Schauplatz eines mörderischen Drogenkrieges war, gehörte Fußball zu den wenigen Themen, die dem Land Anerkennung brachten. Gleichzeitig aber war auch der Fußball eng mit der Drogenmafia verbunden. Gerade wieder wird Freddy Rincon, der kongeniale Kollege von Valderrama, beschuldigt, Strohmann eines Drogenbarons gewesen zu sein. Funktionäre, Trainer, Spieler, Schiedsrichter, Journalisten, viele standen damals auf der Gehaltsliste der Mafiabosse. Abgedroschen ist die Aussage, daß der Fußball ein Spiegelbild der Gesellschaft sei. Aber in diesem Fall scheint es zu stimmen: Seit die kolumbianische Regierung der Drogenindustrie den Kampf angesagt hat, hat sie sich auch aus dem Fußball zurückgezogen. Nicht ganz, aber es ist besser geworden. (…) Es ist ein Trost, daß das WM-Finale eine kolumbianische Note haben wird: Shakira singt bei der Abschlußveranstaltung.“
Man wird schnell als Nestbeschmutzer angesehen
Berti Vogts im Interview mit Michael Horeni (FAZ)
FAZ: Sie haben behauptet, daß die Bundesligaspieler zuwenig trainieren würden. Können Sie den Vorwurf belegen?
Vogts: Man muß sich doch nur die anderen Sportarten anschauen. Da wird täglich zwischen vier und sechs Stunden trainiert. Im deutschen Profifußball trainieren wir noch wie vor zehn Jahren – aber die anderen Nationen nicht mehr. Unsere Nationalspieler nehme ich von der Kritik einmal aus. Aber schon unsere jugendlichen Auswahlspieler ab 14 Jahren trainieren zuwenig. Ich habe jetzt fünf Jahre im Ausland gelebt. Und dort sehe ich, daß man sich bei Arsenal, Chelsea oder West Ham United, dem Klub mit der besten Jugendarbeit in England, mit den Spielern mehr als sechs Stunden am Tag beschäftigt. Morgens gehen sie zur Schule, nach dem Mittagessen um drei ist die erste Einheit. Um fünf werden Hausaufgaben gemacht. Dann wird eine Stunde trainiert. Nach dem Abendessen wird noch einmal individuell trainiert, technisch. Das fehlt uns.
FAZ: Jürgen Klinsmann legt ja den größten Wert in der Vorbereitung auf die Fitness. Glauben Sie, daß man in wenigen Wochen solche Defizite, die auch im Europapokal erkennbar waren, wirklich aufarbeiten kann?
Vogts: Jürgen Klinsmann hat gleich zu Beginn vor zwei Jahren Leistungstests und sportmedizinische Untersuchungen vorgenommen. Da hat man sofort erkannt, daß wir hinterherhinken. Die Werte der Spieler in den neunziger Jahren waren besser. Klinsmann ist absolut auf dem richtigen Weg – und nur dieser Weg mit vielen Spezialisten wird uns wieder an die Weltspitze zurückführen. Er hat jetzt schon Erfolg. Kein Trainer hat so vielen jungen Spielern eine Chance bei der WM gegeben. Ich hoffe, daß der Nachfolger von Jürgen Klinsmann nach der WM Jürgen Klinsmann sein wird. Die Mannschaft ist erst bei siebzig Prozent, sie wird erst bei der WM 2010 auf ihrem Höhepunkt sein. Falls Klinsmann nach Kalifornien zurückgeht, kann ich für den deutschen Fußball nur hoffen, daß der Nachfolger seine Philosophie vertritt.
FAZ: Wundern Sie sich, daß es immer noch so schwierig ist, Defizite im deutschen Fußball zu benennen, ohne Gegenwind aus der Bundesliga zu bekommen?
Vogts: Die Bundesliga ist ein sehr spezielles Geschäft. Sie wird wunderbar vermarktet. Die Fernsehsender kaufen das Produkt teuer ein. Aber die Ware hat nicht mehr den Wert früherer Jahre. Man kann nicht mehr von Pech sprechen, wenn unsere beste Mannschaft 1:4 in Mailand verliert. Dann ist das ein Leistungsunterschied. Im Uefa-Pokal sind unsere Mannschaften gegen Durchschnittsmannschaften ausgeschieden. Die Bundesliga ist in Europa nur Durchschnitt. Aber man darf das nicht laut sagen. Sonst wird man als Nestbeschmutzer angesehen.
FAZ: Wie hätten Sie reagiert, wenn schon vor der WM, wie in diesen Tage geschehen, eine Trainerdiskussion losgetreten wird?
Vogts: Man merkt, daß Jürgen Klinsmann gut erzogen ist. Ich hätte anders reagiert. Es ist noch kein Ball gespielt worden, da wird schon über seine Nachfolge diskutiert. Nichts gegen Sammer und Hitzfeld. Aber das gehört sich nicht.
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