WM 2006
Kulturhistorisch eingeordnet
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| Montag, 12. Juni 2006Wer wird für Italien spielen: Totti oder del Piero? Birgit Schönau (SZ) ruft die Musen an, ihr die Taten der vielgewanderten Männer zu sagen: „Seinen Teamkollegen Sammy Kuffour warnte Totti: ‚Wenn der mich am Montag tritt, sorge ich dafür, dass er die nächste Saison beim AS Rom nicht so oft spielt!‘ War Spaß, natürlich. Rivale Del Piero entfernte sich bei seiner Pressekonferenz derart himmelweit von diesem Niveau, dass ein Journalist aus Japan erstaunt fragte, ob man die Sorbonne besucht haben müsste, um diesem Fußballer folgen zu können. Sagen wir mal so: Ein bisschen humanistische Bildung kann nie schaden. Weil Lippi seinen Spielern die Playstation verboten hat, lesen sie eben jetzt abends den guten alten Homer. Im Original vermutlich. Von wegen Sorbonne. ‚Ich ziehe mich auf meinen Hügel zurück, um abzuwägen, zu denken, zu beobachten und mich zu konzentrieren‘, beschrieb Del Piero seine Gemütslage betreffs des Juve-Skandals. ‚Wie Achill sich aus dem Trojanischen Krieg zurückzog.‘ Und was den Einsatz gegen Ghana angeht: ‚Für Achill war es nicht wichtig, wie viele Schlachten er schlug, sondern wie er sie bestritt.‘ So also sieht es aus. Wenn Del Piero noch ein bisschen weiterlesen würde, hätte er aber auch Achill aus der Unterwelt zitieren können: ‚Besser ein Knecht auf Erden, als ein Fürst der Schatten im Hades.‘ Das war, als der stärkste Held der Griechen sich ungeachtet aller düsteren Orakel wieder ins Schlachtengetümmel gestürzt hatte und an seiner Ferse getroffen worden war. Andererseits: Hölderlin hat sich auch schon mit Achill verglichen – und er konnte wohl weit weniger gut Fußball spielen als Del Piero. Kulturhistorisch wäre das Match gegen Ghana also schon mal eingeordnet. Lippi könnte in der Nacht zum Montag noch mal nachgelesen haben, wie denn dieser Agamemnon war, der den starken Achill auf der Bank schmoren ließ. Unsympathisch übrigens. Am Ende gewannen die Griechen in Troja mit List und Tücke. Totti ist das alles sowieso egal. Er will spielen und basta.“
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