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Ball und Buchstabe

Verstärkung

Oliver Fritsch | Mittwoch, 14. Juni 2006 Kommentare deaktiviert für Verstärkung

Der Hintergrund des Spiels Deutschlands gegen Polen ist die – polnische – Herkunft der deutschen Stürmer Lukas Podolski und Miroslav Klose. Christoph Biermann (SZ) erhellt diese deutsche „Tradition“ mit einem Exkurs: „Neu ist dieses Phänomen von deutschen Nationalspielern mit polnischen Wurzeln nicht, und auch ihr aktuelles, sehr lebendiges Kapitel hat mit der langen Geschichte polnischer Migration nach Deutschland zu tun. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind ständig weiter Polen nach Deutschland ausgewandert. Doch weil sich die polnischen Regierungen lange Zeit sehr restriktiv zeigten, kamen in den drei Jahrzehnten zwischen 1949 und 1979 nur gut 600.000 Polen nach Deutschland, die meisten als deutsche Spätaussiedler. Dass die Zahl anschließend dramatisch stieg, hatte vor allem mit der sich ändernden Situation in Polen zu tun. Zwischen 1981 und 1983 herrschte dort Kriegsrecht, nachdem Solidarnosc das kommunistische Regime herausgefordert hatte. Auch die wirtschaftliche Situation verschärfte sich dramatisch. Als die Ausreise erleichtert wurde, verließen vor allem Leute aus der Mittelschicht das Land, Ärzte zum Beispiel, aber auch Handwerker. Zwischen 1980 und 1991 kamen insgesamt eine Million Polen nach Deutschland. Die Frage, ob ein Spieler denn nun deutsch oder polnisch sei, hat im deutschen Fußball eine lange Tradition. Dafür haben vor allem die Kicker aus den Mannschaften im Ruhrgebiet gesorgt, wohin ab dem Ende des 19. Jahrhunderts viele hunderttausend Arbeitskräfte aus ganz Osteuropa gekommen waren. So hatten etwa Fritz Szepan und Ernst Kuzorra von Schalke 04 polnische Wurzeln, ihr Verein wurde in den dreißiger Jahren sogar als ‚Pollackenklub‘ angefeindet. (…) Die Geschichte der polnischen Verstärkung des deutschen Nationalteams dürfte langsam zu Ende gehen, denn durch eine Gesetzesänderung können seit 1990 nur noch Familienangehörige nachfolgen.“

Sehr lesenswert auch die Story über Ernest Wilimowski, der für die Polen bei der WM 1938 vier Tore gegen Brasilien schoss und später aus der polnischen Statistik gestrichen wurde, weil er 1940 die deutsche Staatsangehörigkeit annahm und sodann mit dem Hakenkreuz auflief

FR: Klose und Podolski treffen heute auf die eigene Vergangenheit

FAZ: Klose und Podolski – Polen gegen Polen

FAZ: Glosse zur Lage der Schiedsrichter

BLZ: Jürgen Klopp analysiert WM-Spiele im ZDF – klug, verständlich und witzig

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