WM 2006
Heiligenschein zerstört
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| Montag, 10. Juli 2006Peter Heß (FAZ) kommentiert den Kopfstoß Zinédine Zidanes: „Die Bewunderung, die dem Sohn algerischer Einwanderer entgegen gebracht wurde, überstieg sogar noch die Anzahl seiner Triumphe. Weil seine Eleganz, seine Geschmeidigkeit, seine Artistik, sein Esprit noch durch seine Bescheidenheit übertroffen wurden. Sein einziges Manko, seine Unbeherrschtheit, schien er abgelegt zu haben. Sein letzter Auftritt zog einen dicken Strich durch das schöne Bild vom Showmaster ohne Allüren und Kaprizen. In der 108. Minute des Finales zerstörte Zidane seinen Heiligenschein.“ Die NZZ bedauert: „Er hatte für seinen Abschied als Fussballer die grosse Bühne gewählt – den WM-Final. Und er verliess diese Bühne als Prügelknabe, als einer, der seine lange, ruhmreiche, von Tausenden Journalisten, Hunderten Dichtern und Poeten besungene Karriere mit einem brutalen, sinnlosen Kopfstoss beendete und gesenkten Hauptes in die Katakomben des Berliner Olympiastadions entschwand.“
Vorurteil widerlegt
Mathias Schneider (StZ) schreibt zum Spiel: „In Sachen Spannung und Offensivdrang ist dieses Endspiel eine wohltuende Ausnahme bei dieser WM gewesen. Mit all den Sturm- und Flankenläufen, mit den zahlreichen Tor- und Strafraumszenen, die vor allem von den Franzosen herausgespielt wurden, war es ein mitreißendes Erlebnis, wie es die Zuschauer allzu häufig in diesem Turnier vermissen mussten. Die deutsche Mannschaft ist mit ihrem forschen Drang zum Tor bei der WM mit gutem Beispiel vorangegangen. Umso bedauerlicher war, dass der Rest der Welt nur allzu selten folgte. Die WM wird wohl als die stimmungsvollste in die Fußballhistorie eingehen, tiefe Spuren in der Geschichte des Spiels wird sie kaum hinterlassen.“ Andreas Lesch (BLZ) findet Gefallen an den italienischen Verteidigern: „Noch immer werden die Italiener häufig mit dem Klischee konfrontiert, ihr Stil sei der hässliche Catenaccio, die Lust an der Zerstörung, die jede Schönheit erstickt. Spieler wie Fabio Grosso und Marco Materazzi beweisen, dass dieses Vorurteil längst nicht mehr stimmt. Sie sind moderne Verteidiger. Wären sie es nicht, könnten sie niemals Begegnungen auf höchstem Niveau prägen und auch noch die Spiele in der Offensive entscheiden.“
morgen mehr über das Finale