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Ball und Buchstabe

Welche Bild-Kampagne?

Oliver Fritsch | Mittwoch, 12. Juli 2006 Kommentare deaktiviert für Welche Bild-Kampagne?

Alle Zeitungen drucken nun Dokumentationen, aus denen hervorgeht, wer Jürgen Klinsmann in seinen zwei Jahren Amtszeit alles angemault hat; das liest man mit einer Mischung aus Schmunzeln und Kopfschütteln, Faszination und Entsetzen. Leider jedoch werden diese Stammtischtypen um Basler, Effenberg und Assauer nicht groß darunter leiden müssen. Sie werden weiter im DSF als „Experte“ vorgestellt werden.

Die argumentierende Presse, die Klinsmann lange wohlwollend begleitete, hat in den Monaten vor der WM seinen Reformkurs nicht mehr gestützt und, bis auf Spiegel, Spiegel Online und die FR, auch nicht mit Nachdruck gegen die unfaire Kritik verteidigt. Vermutlich eine der größten Enttäuschungen, daß sich selbst die SZ und die FAZ von der grimmigen Anti-Klinsmann-Stimmung, die Deutschland im März und April 2006 im Griff hatte, anstecken ließen. Viele Zeitungen haben immerhin nun die Größe, auch ihre eigenen Zitate in die Sammlung „Klinsmann-Bashing“ aufzunehmen – eine Abbitte.

Daß die Bild-Zeitung ihn nicht mag, damit war ja zu rechnen, und das Fernsehen interessiert so was ohnehin nicht. Als ich auf den Marler Tagen der Medienkultur im April das Podium, besetzt mit prominenten TV-Sportreportern, fragte, ob es sie als Journalisten nicht einmal reizen würde, zum Beispiel die Bild-Kampagne gegen Klinsmann zu recherchieren, zu bewerten und das Ergebnis zu senden, erhielt ich vom Premiere-Vertreter die Antwort: „Welche Bild-Kampagne? Ich kann da nichts entdecken.“ Tja, welche Bild-Kampagne? Guten Morgen! Von den anderen Vertretern mußte ich mir vorhalten lassen, „überkritisch“ zu sein. Die ARD übrigens sendet so ein Thema, wenn überhaupt, in einem Politmagazin, auf die Sportschau braucht man da nicht zählen.

Bild und Sport Bild fallen übrigens gerade dadurch auf, daß sie den Schwarzen Peter den DFB-Funktionären zuschieben, deren Aussagen sie noch vor Wochen als Vorlage für rabiate Kritik an Klinsmann verwertet haben. Die Bild schreibt heute über Klinsmanns Rücktritt: „Ihn nervt die zum Teil kleinliche Kritik einiger DFB-Funktionäre. Eine andere Wunde ist nie verheilt. Daß der DFB seinen Hockey-Trainer Bernhard Peters als Sportdirektor abgeschmettert hatte, schmerzt bis heute.“ Welch Heuchelei! Bild war der größte Kritiker an der Idee, Peters zu engagieren. Meine Herren vom DFB, laßt Euch das eine Lehre sein! Laßt Euch von Bild nicht mehr in den Wald locken!

Lesen Sie die Highlights aus den freistoss-Kommentaren des letzten Jahres, in denen ich mich mit der schlichten und unsachlichen Klinsmann-Kritik auseinandergesetzt habe:
http://www.indirekter-freistoss.de/home/gleiche-klinsmann.html

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