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Die Trainerbank mit dem Speaker’s Corner verwechselt

Oliver Fritsch | Donnerstag, 31. August 2006 Kommentare deaktiviert für Die Trainerbank mit dem Speaker’s Corner verwechselt

Hannover trennt sich von Peter Neururer, die Presse kann diese Entscheidung gut verstehen

„Hannover läßt seinen Trainer von der Leine“ – höhnische Schlagzeilen über den Rauswurf Peter Neururers, wie diese in der FTD, liest man häufig. „Spötter mutmaßen, Neururer habe in seiner Karriere mehr Geld mit Abfindungen verdient als mit Erfolgsprämien. Das ist zumindest nicht sehr übertrieben“, schreibt die SZ. Pressestimmen, die eine Trainerentlassung zu einem sehr frühen Zeitpunkt in der Saison kritisieren oder beklagen, gibt es jedoch keine. Stattdessen führen die Fußballredaktionen einige Indizien ins Feld, die eindeutig gegen Neururer sprechen: Unstimmigkeiten mit den Spielern, Unstimmigkeiten mit den Mitarbeitern und schlechte Arbeit.

Jörg Winterfeldt (Welt) nimmt an, daß Hannovers Spieler ihrem Trainer verübelt haben, Journalisten besser zu verstehen als sie: „Neururer nahm die Mannschaft übel, daß der Trainerfuchs seinem ersten Instinkt der Stellensicherung im Glamourgeschäft Profifußball allzu zielsicher folgte: Ohne falsche Bescheidenheit pflegt er allen Wünschen der mächtigen Medien fast rund um die Uhr zur Verfügung zu stehen. Während seine Auftritte und Texte vor der verunsicherten Mannschaft zuletzt karger wurden, verwechselte Neururer immer häufiger die Trainerbank von Hannover 96 mit der Speakers‘ Corner im Londoner Hyde Park.“ Jörg Marwedel (SZ) bringt die Recherche des Vereinschefs ans Tageslicht: „Zu erdrückend ist, was Martin Kind bei seiner internen Analyse über den Zustand der Mannschaft und das Wirken des Trainers herausgefunden hat. Die Profis haben ihrem sportlichen Vorgesetzten Defizite in Taktik, Training und Aufstellungsfragen vorgehalten. Zudem heißt es in Mannschaftskreisen, der Coach habe seine Lieblinge, bei denen das Leistungsprinzip nur vermindert gelte.“

Heckenschützen, Klatschtanten, Kannegießer

Nun geht Neururer zum zweiten mal im Streit von Hannover; in der Sport Bild hat sich Neururer (vor seiner Entlassung) vehement über „Heckenschützen“ beschwert, in Hannover sei das Arbeiten sogar noch schwieriger als in Köln, das als Maß aller Dinge gilt, was die Zahl der Klatschtanten und Kannegießer betrifft. Axel Kintzinger (FTD) hält fest, daß das Pendel in der wechselhaften Beziehung zwischen Hannover und Neururer derzeit an den Pol Abneigung schlägt: „Das erste Engagement endete 1995 mit einem Hausverbot für Neururer. Über diese Episode wurde vor zehn Monaten, als Neururer mit seinen 96ern furios loslegte, herzhaft gelacht.“ Auch rechnen einige Beobachter, zum Beispiel Marwedel, mit einer Trennung vom Manager oder mit dessen Degradierung: „Ilja Kaenzig wird bei der weiteren Trainersuche wohl keine Hauptrolle mehr spielen, er war schon in die Neururer-Entlassung nicht mehr eingebunden. Vermutlich wird Kaenzig das zweite Opfer des Neubeginns, ihm werden gravierende Fehleinschätzungen in der Personalpolitik vorgehalten.“

FR: „Neururer durfte nach mehreren Krisensitzungen mit Klubchef Martin Kind das Gesicht wahren und vom Amt zurücktreten. Tatsächlich aber legte der Klub nach nicht einmal einem Jahr keinen Wert mehr auf eine Zusammenarbeit und versüßte Neururer den Ausstieg mit einer hohen sechsstelligen Abfindung“

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