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Eifersüchteleien und Machtspielchen
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| Donnerstag, 7. September 2006Der halbe DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder wird von den Medien mit Kritik verabschiedet / Theo Zwanziger und Kardinal Lehmann über Jürgen Klinsmanns Rücktritt
Der halbe DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder scheidet morgen aus dem Amt; Blumen bekommt er von den deutschen Sportjournalisten nicht überreicht. Doch auch seitens des DFB hält sich der Beifall bisher in Grenzen, die FAZ vermutet, daß Mayer-Vorfelder mit der Ehrenpräsidentschaft geliebäugelt habe, die ihm weiter Stimmrecht im Präsidium sichern würde, ihm jedoch nur die Ehrenmitgliedschaft zugestanden werde: „Die Reibereien in der Führung dauern bis zum letzten Tag an.“ Doch Mayer-Vorfelder gibt auf allen Kanälen zu verstehen, daß ihn Ehrungen nicht interessierten.
Matti Lieske (BLZ) mißt die Ablehnung Mayer-Vorfelders durch das Fußballvolk akustisch und historisch und schüttelt sich ob dessen Eitelkeit: „Eine Träne wird Mayer-Vorfelder keiner nachweinen. Natürlich wird er mittels Ehrenmitgliedschaften weiterhin auf den Tribünen auftauchen, seine Umarmungen und feuchten Küsse verteilen und seinen Senf zu allem geben, stets mit schmollendem Unterton betonend, daß es ihn ja nichts mehr angehe. Aber das ist nicht dasselbe. Der Innenraum bleibt ihm künftig versperrt, ebenso die Vorstellung durch den Stadionsprecher und das obligatorische Pfeifkonzert. Während der WM hat er ausgiebig mit diesen Pfiffen kokettiert und jedem erzählt, daß dies zum Leben eines Funktionärs eben dazu gehöre. Dabei ist keiner seiner Vorgänger derartig ausgepfiffen worden, nicht einmal Hermann Neuberger. Mayer-Vorfelder hat sich die Unmutskundgebungen redlich verdient“.
Über eine läppische Trainersuche gestolpert
Michael Horeni (FAZ) schüttelt noch einmal seinen Kopf über die Künstlichkeit und die Absurdität der zweiköpfigen Präsidentschaft, die sich der DFB vor zwei Jahren ausgedacht hat, weil sein demokratisches Herz nicht groß genug gewesen ist, eine Wahl und einen Wahlkampf zwischen zwei Bewerbern auszuhalten: „Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, daß ihn sein letzter repräsentativer Auftritt zur politischen Doppelspitze der Republik San Marino führte. Die beiden ‚Capitani Reggenti‘ stehen dem Kleinstaat nur für ein halbes Jahr vor; eine Gewaltenteilung, die sich in San Marino seit dem Mittelalter bewährt hat und in der Tradition der römischen Konsule steht. Die Zeit der ersten und vermutlich auch einzigen ‚Doppelspitze‘ im DFB geht dagegen eher unrühmlich zu Ende. Diese Konstruktion diente allein dazu, den Einfluß Mayer-Vorfelders zu begrenzen. Im Alltag wurden die Eifersüchteleien und Machtspielchen zwischen dem alten Amtsinhaber und seinem Rivalen Theo Zwanziger immer wieder sichtbar.“
Eine weitere Pointe: Mayer-Vorfelder, der in seinen dreißig Jahren als Sportfunktionär von den Medien oft stark kritisiert worden ist, etwa weil er seinen Klub VfB Stuttgart hoch verschuldet hinterließ, verlor die Rückendeckung des DFB bei seiner, was das Ergebnis betrifft, besten Tat. Bei der langen und lange erfolglosen Suche eines Nachfolgers für Rudi Völler im Sommer 2004, wurde er, ungeachtet der Schwierigkeit dieses Unterfangens, von Fans und Medien verhöhnt – obwohl er am Ende Jürgen Klinsmann fand. Lieske kommentiert bitter: „Daß erst eine läppische Trainersuche zu seiner Entmachtung führte und nicht all die politischen und sportlichen Affären zuvor, ist ein Skandal für sich.“
Auf dieser Position muß ein Fußballer sitzen
Theo Zwanziger wird heute von der FR auf den angeblichen Rücktrittsgrund Jürgen Klinsmanns angesprochen: Er habe sich in der Sportdirektorfrage Sammer/Peters von Zwanziger nicht ausreichend unterstützt gefühlt. Zwanziger antwortet: „Ich weiß nicht, ob er das wirklich so gesagt hat. Jürgen Klinsmann kann sich über meine Unterstützung in der gesamten Zeit aber sicher nicht beklagen. Wenn er es anders sieht, kann ich es auch nicht ändern. Ich erkläre es gern noch einmal: Ich hätte seinerzeit niemals gedacht, daß der anerkannte Bundesligatrainer Matthias Sammer überhaupt bereit sein würde, sich für den Nachwuchs zu engagieren und die Stelle als Sportdirektor anzunehmen. Für mich war von vorneherein völlig klar, daß auf dieser Position ein Fußballer sitzen mußte. Nie Peters alleine.“ Hinweis: Sammers Qualität als Stratege in der Jugendarbeit und in der Trainerausbildung wird von vielen Journalisten bezweifelt.
Unnötig bitter
Seine Eminenz Kardinal Lehmann respektiert im SZ-Interview Klinsmanns Rücktritt, kritisiert aber, daß er nicht zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes erschienen ist: „Daß Jürgen Klinsmann allem Druck, ihn zum Weitermachen zu bewegen, standgehalten hat, fand ich menschlich sehr überzeugend. Man hat schnell vergessen, wie schäbig er lange behandelt worden ist. Das geht tief in das Präsidium des DFB hinein. Nachher sind ihm alle um den Hals gefallen, die vorher geschimpft haben. Schade fand ich hingegen, daß er den Termin nicht wahrgenommen hat, als Bundespräsident Horst Köhler ihm das Bundesverdienstkreuz verleihen wollte. Vielleicht war er hier in einer Weise bitter, wie es nicht nötig war. Warum dieser Trotz?“
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