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Ein Verbot der Staatsmonopole wäre konsequent

Oliver Fritsch | Donnerstag, 7. September 2006 Kommentare deaktiviert für Ein Verbot der Staatsmonopole wäre konsequent

Die deutsche Wirtschaftspresse bezichtigt die Landespolitiker der Heuchelei, weil sie unter einem Vorwand das Glücksspielmonopol beanspruchen – Mangelnde Transparenz englischer Klubs zieht ausländische Investoren an (FTD)

Neues altes in Sachen Glücksspiel: Die Länder haben den Ball mit aller Kraft zurückgeschlagen, den ihnen das Bundeskartellamt zugespielt hat. In einer Erklärung hat es die Liberalisierung des Marktes zu einer Erhöhung des Wettbewerbs freigegeben, indem es feststellt, daß es sich bei Lotterie nicht um eine hoheitliche Aufgabe handele. Doch die Länder weigern sich, ihr Monopol aufzugeben – unter dem Vorwand der Suchtbekämpfung. Die Presse, nicht nur wie wirtschaftsliberale, reagiert mit Unverständnis auf die Heuchelei der Politiker.

Angst um das lukrative Monopol

Die SZ entlarvt den wahren Grund der Monopolbefürworter: „Sinnvoll wäre eine vorsichtige Öffnung des Marktes, etwa bei den Sportwetten. Warum sollen Fußballfans oder Motorsportfreunde nicht weiter bei privaten Anbietern tippen, die der Staat zuläßt und beaufsichtigt? Schließlich gibt es in Deutschland schon längst – von den Ländern kontrollierte – private Spielbanken. Und in denen läßt sich viel mehr Geld verlieren als beim Toto. Hier hätte der Staat schon vor Jahren eingreifen können und müssen, um seine Bürger vor der Gefahr zu bewahren, Haus und Hof zu verzocken. Die Finanzminister haben zusätzliche Auflagen aber verhindert, weil das die Erlöse der Casinos und die Abgaben an die Länder geschmälert hätte. Das soll jetzt plötzlich nachgeholt werden; auffällige Spieler sollen zu ihrem eigenen Schutz gesperrt werden. Das geschieht aber nicht aus Überzeugung, sondern aus Angst um das lukrative Monopol.“

Recht muß weichen

Die FAZ fügt hinzu: „Wenn es um Geld geht, muß das Recht weichen. Nach diesem Motto verfahren die Länder im Lottostreit. Schließlich können sie selbst neues Recht setzen. Und wer wollte ihnen verdenken, daß sie sich fest an ihr lukratives Lottomonopol klammern und es mit allen Mitteln verteidigen? Aber es gibt eben nicht nur das Recht der Länder auf Besitzstandswahrung. (…) Wenn es eine Sucht unter den vielen Millionen Lottospielern geben sollte – das wird vom Kartellamt verneint –, dann muß der Staat diese bekämpfen. Dürfte es dann aber überhaupt staatliches Lotto geben?“

Fiskalisches Interesse im Vordergrund

Die NZZ verweist auf die Rechte des Verbrauchers: „Das Bundeskartellamt zerstört die staatlichen Monopole nicht – denn dazu besteht keine Befugnis –, sondern öffnet sie im Interesse der Konsumenten teilweise dem Wettbewerb. Das ist nichts als billig. Wenn es erlaubt ist, daß Bürger ihr Geld mit Lotto-Spielen und Wetten ausgeben, dann bitte zu den attraktivsten Bedingungen, die ein freier Markt zu bieten hat. Sollten tatsächlich Schutzbedürfnisse bestehen, so sind diese durch eine geeignete Regulierung und Aufsicht zu verfolgen. Das wird zwar von den Ländern vorgeschoben, aber, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fall von Sportwetten moniert, nicht wirksam umgesetzt. Das fiskalische Interesse steht klar im Vordergrund. Deshalb wäre gar ein Verbot der Staatsmonopole konsequent.“

Wer nicht spielt, hat schon verloren

Hans Leyendecker (SZ) beklagt das Zeitspiel der Politiker: „Daß ausgerechnet die Bundesländer, deren Regierende sich gern marktradikal geben, in eigener Sache Monopolisten sein wollen, ist ein echtes Ärgernis. Ärgerlich ist auch, daß vor der Entscheidung des Kartellamts aus politischen Kreisen signalisiert wurde, die Gesellschaften würden einer solchen Entscheidung des Bundeskartellamts nicht folgen – jedenfalls nicht sofort. Man werde notfalls jahrelange Rechtsstreitigkeiten in Kauf nehmen. Das klingt nach Oddset: ‚Wer nicht spielt, hat schon verloren‘.“

Einseitige Interpretation

Der halbe DFB-Präsident Theo Zwanziger im Tagesspiegel verweist auf europäisches Recht: „Wir wollen nicht als Besserwisser der Nation auftreten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß in der europäischen Entwicklung Monopole noch lange Bestand haben. Alle, die das geglaubt haben, wurden überrollt, als beispielsweise das Bosman-Urteil kam. Ich habe das Gefühl, daß es den Bundesländern bei dem, was sie machen, auch so geht. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil wird von ihnen zu einseitig interpretiert. Sie glauben, wenn man Werbung bei Sportwetten verbietet, könnte man sie bei Lotto trotzdem machen. Das geht eben nicht. Dahinter steht die Befürchtung, daß ihnen die Lotterie aus der Hand gleitet, und ich fürchte, genau das wird kommen, und sie sind auf diese Situation nicht eingestellt. Das ist fast ein Schildbürgerstreich, was man da gerade erlebt.“

Die Entscheidung des Bundeskartellamts (pdf)

Keine Transparenz

Raphael Honigstein (FTD) setzt der alarmistischen Spekulation über die geheimnisvollen, irgendwie russischen Transfers der argentinischen Stars Tevez und Mascherano zu West Ham United ein Stopp-Schild: „Die Realität ist profaner, als sie sich Verschwörungstheoretiker ausmalen. Die von mysteriösen Investoren aus der ehemaligen Sowjetunion finanzierte Firma MSI – Abramowitsch ist an ihr entgegen der landläufigen Meinung nicht beteiligt – hat sich nach dem Einstieg in São Paulo mit der verbliebenen Vereinsführung überworfen. Trotz Großinvestitionen in neue Spieler blieb der Erfolg aus, in 18 Monaten wurden sechs Trainer verschlissen. Mit dem siebten, Emerson Leão, kamen Tévez und Mascherano nicht zurecht. Passende Angebote aus Europa ließen aber auf sich warten.“ Die Anziehungskraft englischer Vereine auf Geldleute aus dem Ausland erklärt Honigstein so: „Wegen den Firmenstrukturen der Klubs gibt es so gut wie keine Transparenz, auch das zieht internationale Investoren an. Der hilflose Verband hofft auf die Politik, eine europaweite Kommission soll Empfehlungen aussprechen.“

FAZ: Neue Stadionnamen setzen sich bei den Fans nur langsam durch
FR-Kommentar zum Thema Stadionumnennung

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