Ascheplatz
Fortsetzung: Gefahr, daß die echten Werte des Sports ausgehöhlt werden
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| Mittwoch, 20. September 2006Ich möchte Resultate in zehn, nicht in dreißig Jahren sehen
In der NZZ liest man einen kenntnisreichen Hintergrundbericht über Rußlands Oligarchen (allerdings ohne Fußballbezug): „Die russischen ‚Oligarchen‘ sind an ihrem schlechten Image nicht ganz unschuldig. Manche verdanken ihren Reichtum den – durch Korruption gesicherten – guten Beziehungen zu Funktionären. Viele führten den Kampf um lukrative Vermögenswerte mit sehr harten Bandagen; bei einigen Auseinandersetzungen floß gar Blut. Zudem haben einige ihren Reichtum nicht durch Sanierung heruntergewirtschafteter Betriebe erworben, sondern dadurch, daß sie Bestehendes rücksichtslos ausschlachteten. Viele entwickelten eine Meisterschaft darin, mißverständliche oder widersprüchliche Gesetze schamlos zum eigenen Vorteil auszunutzen; und einige ’schwarze Schafe‘ handelten schlicht kriminell.“ Weiter heißt es: „Die Mehrheit der russischen Bevölkerung steht den Oligarchen sehr kritisch gegenüber und zweifelt an der Rechtmäßigkeit des schnell erworbenen Reichtums. Dabei ist natürlich richtig, daß in entwickelten Marktwirtschaften Unternehmer selten so schnell reich werden. In Russland jedoch war dies in der turbulenten Wendezeit möglich, weil Preise und Knappheitssignale durch die sowjetische Mißwirtschaft völlig verzerrt waren.“
Zugleich ist der Text ein Portrait Wiktor Wekselbergs, des Rechte-Inhabers des argentinischen Nationalteaas. In einem Interview sagt er der NZZ: „Rußland muß offen und transparent sein und sich in die Weltwirtschaft integrieren. Zusammenschlüsse innerhalb Rußlands, die eine starke Stellung auf dem nationalen Markt sichern, können als Zwischenschritt sinnvoll sein, aber nicht als Endziel. Kurzfristig könnte man natürlich versuchen, von Monopolstellungen zu profitieren, aber das ist ein Umweg und nicht meine Priorität. Ich bin sicher, daß sich die russische Wirtschaft früher oder später in die Weltwirtschaft integrieren wird, daher bin ich für internationale Zusammenschlüsse, die die globale Position des Unternehmens stärken. Ich bin nicht mehr so jung und möchte reale Resultate in zehn, nicht in dreißig Jahren sehen.“
NZZ: Was kostet Argentinien?
Königsblaue Traumwelt?
Richard Leipold (FAS) macht das Licht in Schalkes Keller an. Mit Argwohn beurteilt er die dortigen riskanten Finanzpraktiken: „Nicht nur notorische Schwarzseher werten es als ungewöhnlich, daß der Klub sich in der vergangenen Saison bei den Unternehmern Clemens Tönnies und Karl-Heinz Beul, die beide im Aufsichtsrat sitzen, insgesamt rund acht Millionen Euro geborgt hat, um die Liquidität zu sichern. Als die Darlehen bekannt wurden, kündigte der Vorstand an, die Kredite in diesem Sommer zurückzuführen, sobald die Uefa die Prämien aus der Champions League ausgeschüttet habe. Inzwischen gilt eine andere Lösung als wahrscheinlich. Statt ihr Geld zurückzubekommen, sollen die beiden Gläubiger mit Anteilen an der Stadionbesitzgesellschaft abgefunden werden, an der Schalke 04 derzeit 58 Prozent hält.“ Kritiker würden in Schalke zu Miesmachern erklärt: „Zufrieden mit sich und der Welt, sehen die Verantwortlichen nur außerhalb ihrer Trutzburg Störfaktoren, die das autosuggestiv gesteuerte Wohlbefinden beeinträchtigen: naßforsche Staatsanwälte, mißtrauische Journalisten und, als Ergebnis vermeintlicher Kampagnen, ungeduldige Fans, die manchmal sogar pfeifen.“
Der warnende Vergleich mit dem Nachbarn Borussia Dortmund liegt Leipold nahe, von der Vereinsführung werde er jedoch zurückgewiesen: „Ist die kreditfinanzierte königsblaue Traumwelt am Ende doch mit einem hohen, gar überhöhten Risiko behaftet? Die Verantwortlichen begegnen dieser Frage mit dem Hinweis auf die Werte, die sie geschaffen hätten. Dieses Argument fordert einen Blick in die Nachbarschaft heraus. Zeitweise vom Gigantismus getrieben, hatten auch die Dortmunder Fußballkaufleute eine Spitzenmannschaft aufgebaut und dazu das größte Stadion Deutschlands. Dennoch entging der BVB nur knapp der Insolvenz. Derlei Ähnlichkeiten seien in den Augen der Schalker Verantwortlichen rein zufällig.“
Wir standen einen Millimeter vor der Insolvenz
In einem FAZ-Interview blickt der viel gelobte Dortmunder Sanierer Hans-Joachim Waske zurück auf seine Zeit als BVB-Schatzmeister, in der die damalige Vereinsführung seine Mahnungen in den Wind schoß: „Ich habe immer wieder gesagt, der Zug fährt in die falsche Richtung – und war deswegen zwischendurch ziemlich einsam in den Gremien, da seinerzeit die deutliche Mehrheit auf seiten der damaligen Geschäftsführung war. Auch das persönliche Verhältnis zu Herrn Niebaum und Herrn Meier wurde zunehmend schlechter. Als ich 2001 Schatzmeister bei Borussia Dortmund wurde, dachte ich noch mit Stolz, hier wäre die Welt in Ordnung. Nach eineinhalb Jahren als Schatzmeister und ohne den ganz großen Einblick in die Arbeit der Geschäftsführung habe ich gemerkt, daß wir durchgreifend rote Zahlen schreiben. Das war für mich ein Kulturschock. Heute ist unsere finanzielle Basis überschaubar und absolut seriös finanziert. Wir werden in diesem Geschäftsjahr schwarze Zahlen schreiben, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher. Jeder, der bei Borussia Dortmund Geld investiert, soll aber wissen, daß wir damit sehr behutsam und mit Augenmaß umgehen.“ Fazit: „Wir standen einen Millimeter vor der Insolvenz.“
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