Ball und Buchstabe
Frische Professionalität
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| Donnerstag, 21. September 2006Aufschwung Ost? / Miroslav Klose über die Gegenwart seiner Vergangenheit
Cottbus, Rostock, Jena, Dresden und Union Berlin schreiben derzeit sportlich schwarze Zahlen; Nachrichtenagenturen haben Anfang der Woche den Aufschwung des Fußballostens gemeldet. FAZ und SZ gehen unterschiedlich damit um. Roland Zorn (FAZ) macht eine Prosperität im Osten aus: „Es tut sich was im Osten, wo die Altfunktionäre mit DDR-Vergangenheit abgewirtschaftet haben und eine neue, jüngere Generation mit ökonomischem und sportlichem Know-how das Sagen hat. Mit Ostalgie ist dieser Aufschwung nicht zu erklären, eher mit Programmen und Strukturen.“ Zorn nennt Indikatoren, die ihm besonders im Vergleich mit der Nachwendezeit auffallen: „Überteuerte und unterdurchschnittlich begabte Berufsspieler finden inzwischen auch im Osten kaum noch Abnehmer. Die organisch wachsende sportliche Qualität kann sich zudem unter zusehends besseren Rahmenbedingungen entfalten. Wo früher Geschäftemacher mit dem Deckmäntelchen der freien Marktwirtschaft unterwegs waren, ist inzwischen eine frische Professionalität, garniert mit einer wirklichen Aufbruchstimmung, am Werk.“
Wolfgang Gärner (SZ) hingegen witzelt: „Das will doch keiner mehr hören: Gejammere von Steuerminderern über Immobilien-Leerstand, Witze über den Cargolifter, dem die Luft (richtiger: Das Helium) ausging, Genöle darüber, wo der Soli versickert. Ex Oriente Lux ist Trend.“ Auch Zorn gibt zu bedenken: „Es gibt noch viel zu tun beim Aufbau Ost, den Theo Zwanziger zur Chefsache erklärt hat.“ Doch nicht zuletzt das neue Vertrauen in die eigene Jugend erzeuge Hoffnung auf gesundes Wachstum: „Tatsächlich scheint bei den verschiedenen Treffen mit den Vertretern der Vereine, der Wirtschaft und der Kommunen eine zentrale Erkenntnis gereift: Die Profivereine in Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Berlin, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern setzen wieder verstärkt auf den von ihnen ausgebildeten Nachwuchs.“ Und Gärner notiert einen merkwürdigen Identitätstausch: „Da will der momentane Spitzenreiter der höchsten Liga nicht abseits stehen: Auch seine Körperschaft sehe sich als Klub des Ostens, meldet Hertha-Präsident Bernd Schiphorst.“
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BLZ: Der runderneuerte FC Hansa Rostock macht sich Hoffnungen auf den Bundesliga-Aufstieg
taz: Rassistische Schmährufe gehören zum Alltag in deutschen Stadien. Der DFB kämpft mit neuen Regeln gegen diskriminierende Äußerungen von den Rängen. Plötzlich wird angezeigt, was bis vor kurzem noch überhört wurde
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Tsp: „Unser Vorbild ist Rudolf Heß“ – rechtsradikale Auswüchse im polnischen Fußball
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Tsp: Der frühere WDR-Intendant Friedrich Nowottny: „Die Ullrich-Verträge sind sittenwidrig“
Aus dir wird nichts, fahr nach Hause!
Miroslav Klose bestätigt in einem Interview mit der Zeit die Gegenwärtgikeit seiner Vergangenheit: „Ich habe in meinem Leben viele Leute erlebt, die mich schlecht behandelt haben, Jugendtrainer oder andere Verantwortliche, die mir Steine in den Weg gelegt und mir ins Gesicht gesagt haben: Aus dir wird nichts, fahr nach Hause! Solche Sprüche habe ich jeden zweiten Tag gehört. Ich war früher als Spieler nicht so weit, wie ich mittlerweile bin, aber ich konnte kicken. Und ich war nicht schlechter als die anderen. Aber ich wurde oft schlechter behandelt. Wenn ich mich heute für ein Spiel motivieren will, dann denke ich nur an diese Leute zurück. Eine bessere Motivationshilfe gibt es nicht.“ Klose bejaht, daß er nach der Geburt seiner Kinder Hans-Dieter Hermann, Klinsmanns Psychologen, konsultiert habe, weil er sich nicht mehr auf Fußball konzentrieren konnte: „Man darf nicht den Fehler machen, das mit dem Psychologen zu übertreiben, auch wenn mich überrascht hat, wie schnell die Wirkung eingesetzt hat. Ich konnte mich eine Zeit lang nicht auf Fußball konzentrieren, weil es für mich nicht mehr das Wichtigste auf der Welt war. Meine Gedanken waren ständig zu Hause bei meiner Familie. Ich wußte gar nicht, was los war, bis ich mit dem Psychologen der Nationalmannschaft gesprochen habe. Der hat mir das wirklich sehr logisch erklärt. Er hat gesagt, mach dir keine Sorgen, das ist ganz normal und geht auch wieder vorbei. Er hatte Recht. Zwei Wochen später habe ich wieder Tore geschossen.“
stern.de: Philipp Crone, Hockey-Weltmeister, schreibt ein sehr pfiffiges Portrait Berndhard Peters‘