Ball und Buchstabe
Reflexe von Schildkröten
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| Freitag, 22. September 2006Die Berliner Zeitung über eine Studie über Gewalt, Rassismus und Homophobie in deutschen Stadien
Sich auf eine Studie des Fan-Forschers Gunter Pilz berufend, will Ronny Blaschke (BLZ) mit dem Irrtum aufräumen, Gewalt und Rassismus seien Marginalien im deutschen Fußball. Zu den Geschehnissen in Aachen und Rostock schreibt er: „Der Eindruck, ein längst besiegtes Problem sei wieder aufgebrochen, ist falsch. Der Rassismus im Fußball ist keine Modeerscheinung, er ist seit Jahrzehnten aktuell – nichts spricht dagegen, daß sich das ändert. Sicher hat sich das Phänomen verlagert, rassistische Beleidigungen sind in der ersten Liga ebenso wie Gewalt zurückgegangen. Doch verschwunden sind sie nicht. An der Basis, ab der vierten Liga und abwärts, sind Verunglimpfungen mitunter an der Tagesordnung. Erinnert sei nur an den Nigerianer Ogungbure, der tätlich angegriffen wurde. Viele Ausländer ziehen sich vielleicht auch deshalb lieber in eigenethnische Vereine zurück.“
Daraus, daß wenige Immigranten Bundesligaspiele besuchen, leitet Blaschke Ausländerfeindlichkeit ab: „Auch auf den Tribünen hat sich wenig geändert, von den Zuschauern in der Bundesliga sollen nur ein bis zwei Prozent einen Migrationshintergrund haben. Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Homophobie – offenkundige Probleme der Gesellschaft – werden im Fußball wie unter einem Brennglas sichtbar.“ Da fehlen aber jetzt Belege und Plausibilität, das klingt nach einem alarmistischen Schnellschuß. Mit der These von den abwiegelnden Funktionären mag Blaschke wiederum recht haben: „Die Institutionen reagieren, auch dieser Reflex ist stets gleich, wie erschrockene Schildkröten. Vereinsvertreter verstecken sich hinter ihren Panzern, verharmlosen das Problem, sprechen von Einzelpersonen und Vorverurteilungen.“
Das Parlament: Ein Text über Türken im deutschen Fußball, dessen wichtigste Quelle eine (ältere) Pilz-Studie ist