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Unabhängige Instanz

Oliver Fritsch | Donnerstag, 5. Oktober 2006 Kommentare deaktiviert für Unabhängige Instanz

Joachim Löw hat die Presse für sich gewonnen; er gewinnt im Vergleich mit Jürgen Klinsmann an Profil; die Journalisten erkennen Löws Vorzüge: Ruhe, Besonnenheit, Höflichkeit – bei anhaltendem entschiedenen Reformwillen / „Klinsmanns Einpeitscher-Szenen im Sommermärchen wirken künstlich“ (SZ)

Michael Ashelm (FAZ) stellt Löws Besonnenheit als sein wichtigstes Wesensmerkmal heraus: „Der Wille zu Veränderungen bleibt einer der wichtigsten Grundsätze“, doch „Löw erneuert auf stille Weise“. Löws Diplomatie gegenüber der Liga verschaffe ihm Unterstützung: „Die Bundesliga hat nicht wie erhofft einen neuen Schub nach der Weltmeisterschaft erhalten. Im Gegenteil, die Darbietungen nähren den Eindruck, der Abstand zur ausländischen Konkurrenz könnte sich sogar vergrößern. Der Bundestrainer will das allerdings nicht kommentieren, im Gegensatz zu früheren Tagen, wo sein Vorgänger oder auch Oliver Bierhoff die Defizite in der Bundesliga offen ansprachen. Der Bundestrainer bleibt ruhig und läßt vorerst die tadellose Bilanz der Nationalelf sprechen.“

Stefan Hermanns (Tsp) findet Gefallen daran, daß Löw Taten sprechen läßt: „Löws exzessive Nominierungspraxis kann man auch als Signal an die Bundesliga verstehen: Seht her, es gibt auch deutsche Spieler, die es zu fördern lohnt!“ Auch Andreas Lesch (BLZ) fällt auf, daß Löw drei unerfahrene Bundesligaspieler (Schlaudraff, Trochowski, Fritz) angerufen hat: „Der Bundestrainer betrachtet sich als Instanz, die unabhängig von der Bundesliga und ihren Maßstäben ist. Er ist selbstbewußt genug, schnelle oder ungewöhnliche Entscheidungen zu treffen. Er vertraut der eigenen Weitsicht mehr als der hin und wieder auftretenden Kurzsichtigkeit der Klubs.“ Ralf Köttker (Welt) betont Löws Höflichkeit: „Im Gegensatz zu Vorgänger läßt er sein Umfeld die Hierarchien nicht so deutlich spüren. Der kompromißlose Klinsmann verbreitete bei Untergebenen oft Angst, bei Löw ist es Respekt. Wo Klinsmann E-Mails verschickt hat, greift Löw lieber zum Telefon.“

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Klinsmanns Einpeitscher-Szenen wirken künstlich

Philipp Selldorf (SZ) gewinnt aus dem Kinogang die Erkenntnis, daß Löw der Bessere sei: „Während sich Klinsmann in der Rolle des Motivators abmüht, sieht man Lukas Podolski gähnen, Michael Ballack träumen und Bernd Schneider mit unbeteiligter Miene im Türrahmen stehen, als ob er nur aus Höflichkeit das Ende der Predigt abwartet. Und man kann es ihnen auch nicht verdenken. Klinsmanns zum Teil erstaunlich rüde Worte erreichen nicht das Niveau der sportlichen Leistungen seiner Mannschaft, und sie passen auch nicht zu ihm, sie wirken künstlich. Nach Ansicht dieser Einpeitscher-Szenen wird noch deutlicher, warum Klinsmann nach der WM unmöglich seine Arbeit fortsetzen konnte. Umso interessanter ist dann der Gegensatz: Den faktischen und taktischen Erläuterungen von Joachim Löw und Urs Siegenthaler folgen die Spieler mit gespannter Aufmerksamkeit.“

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