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Am Grünen Tisch

Weltmeister in der Kategorie folgenloser Power-Point-Präsentationen

Oliver Fritsch | Donnerstag, 5. Oktober 2006 Kommentare deaktiviert für Weltmeister in der Kategorie folgenloser Power-Point-Präsentationen

Über die politische Bedeutung der WM 2010 für Südafrika und die hohe Kriminalitäts- und Gewaltrate – Joseph Blatter will das Elfmeterschießen in WM-Finals abschaffen, „in der Regelkommission sitzen vermutlich viele Engländer“ (FAZ)

WM 2010 – zwei weitere Texte, die die großen Probleme Südafrikas mit dem Stadionbau und mit Kriminalität und Gewalt behandeln. Allein, Geld sei genug da, weil die Politiker die WM 2010 als einmalige Chance begriffen, Südafrika den Weg zu weisen, erfahren wir vom Afrika-Korrespondenten der FAZ, Thomas Scheen. Er leitet aus dem Willen der südafrikanischen Politiker, die WM auszurichten, die vorsichtige Prognose ab, daß die WM wie und wo geplant stattfinden werde: „Die Kritiker verkennen den ungeheuren politischen Stellenwert, den die Ausrichtung der ersten WM in Schwarzafrika für das Land am Kap hat. Das Schwellenland Südafrika geriert sich gern als gleichwertiger Partner der entwickelten Länder, und die WM ist der Lackmustest. Für Präsident Thabo Mbeki, der 2010 nicht mehr im Amt sein wird, ist die Weltmeisterschaft zudem so etwas wie ein politisches Vermächtnis. Nelson Mandela steht für das Ende der Apartheid und damit die Rückkehr des geächteten Südafrika in die Staatengemeinschaft. Sein Nachfolger Mbeki arbeitet an seinem eigenen Denkmal, nämlich als Architekt der wirtschaftlichen und politischen Emanzipation des Landes in die Geschichtsbücher einzugehen. Sein Anspruch ist, daß Südafrika international ernstgenommen wird, und kein Symbol ist dafür besser geeignet als ein globales Ereignis wie die Fußball-WM.“

Dennoch bestünden Zweifel an der Zuverlässigkeit der Organisatoren, die Zeichen seien unverkennbar: „Von ihrer ursprünglichen Forderung, daß die Arenen bis 2008 fertiggestellt sein sollen, mußte die Fifa mittlerweile Abstand nehmen. Die südafrikanische Regierung wird abermals ihrem Ruf gerecht, heimlicher Weltmeister in der Kategorie folgenloser Power-Point-Präsentationen zu sein.“ Scheen zitiert südafrikanische Zeitungen, die die Verpflichtung Horst Schmidts, des Vizepräsidenten des deutschen WM-OKs, kommentieren: „Südafrika bekommt ein Kindermädchen.“ Die FR verweist auf die Tötungsrate: „Jahr für Jahr werden mehr als 19.000 Südafrikaner ermordet.“

In der Regelkommission sitzen vermutlich viele Engländer

Joseph Blatter will das Elfmeterschießen in WM-Finals abschaffen, und Peter Penders (FAZ) klopft sich auf die Schenkel: „Ein Wiederholungsspiel bei einem Finale ohne Sieger – der Anstand verbietet es, darüber zu spekulieren, wie bunt die Abendgestaltung war, bei der eine solche Idee geboren wurde. Die Fifa könnte zwar darüber nachdenken, ob sie das Abseits abschafft, um das Spielfeld zu vergrößern, sie könnte den fliegenden Wechsel einführen, statt als einzige Spielsportart immer noch die Anzahl der Einwechslungen zu begrenzen. Warum aber will der Präsident bloß genau das abschaffen, was der Fernsehzuschauer am allerliebsten sieht? Es ist kein Fußballspiel bekannt, bei dem die Einschaltquote sank, nachdem die Verlängerung beendet war, und weil das Gegenteil richtig ist, würde kein Sender der Welt auf die Idee kommen, das Elfmeterschießen abzuschaffen. Abgesehen davon wäre das ein schönes Durcheinander, wenn Tausende Flüge umgebucht und Hotelzimmer verlängert werden müßten – was aber Blatter selber natürlich weniger betrifft. Es kann nur einen Grund geben: In der Regelkommission sitzen vermutlich viele Engländer.“

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