Am Grünen Tisch
Inhaltlich gibt es Nachholbedarf
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| Montag, 16. Oktober 2006DFB-Sportdirektor Matthias Sammer hat den Journalisten und dem DFB-Vorstand am Freitag sein neues Konzept vorgestellt und am Samstag im ZDF-Sportstudio ein paar angestrengt großen und meist dunkle Worte aufgeblasen. Die Presse reagiert mit Kritik an der Qualität und großem Zweifel an der Umsetzbarkeit
Jan Christian Müller (FR): „Sammer hat das Konzept nach FR-Informationen zuvor mehrfach überarbeiten müssen. Herausgekommen ist nun ein Leitfaden, der insgesamt nicht viel Neues beinhaltet und bis auf wenige Ausnahmen nichts Konkretes nennt. Offenbar ist Sammer in seiner halbjährigen Arbeit für den DFB gewahr geworden, daß seine Macht als Chefstratege für den Fußball von morgen und übermorgen dort an Grenzen stößt, wo sein Handlungsspielraum eigentlich beginnen müßte: bei den 21 Landesverbänden. Die organisieren den Nachwuchsfußball eigenverantwortlich, der Dachverband ist lediglich berechtigt, kluge Ratschläge zu geben. Ob sich die Landesverbandsbosse daran halten werden oder sich im Gegenteil unnötig bevormundet fühlen, ist derzeit noch ungewiß. In der DDR, wo Sammer aufgewachsen ist, war das anders, und man hörte, daß dem einstigen Auswahlspieler des Arbeiter- und Bauernstaates und Absolventen der Kinder- und Jugendsportschule in Dresden ein gutes Stück mehr Zentralismus in Gesamtdeutschland gut gefallen würde.“
Hat es Sinn, so viel Geld für diesen Posten auszugeben?, fragt Michael Ashelm (FAZ): „Enttäuscht müssen sich diejenigen sehen, die klare, detaillierte Veränderungsvorschläge für die sportliche Arbeit auf Verbandsebene erwartet haben. Es stellt sich die Frage, ob zur Verwaltung eines Status quo die Einrichtung einer derart hochdotierten Personalstelle überhaupt notwendig ist.“ Sammers große Ambition, den täglichen Sportunterricht durchzusetzen, findet zwar Zustimmung; eine realistische Hoffnung, daß sie wahr werden könnte, verbindet niemand damit. Ashelm prophezeit Scheitern: „Sein Ansinnen wird sicher nicht auf größere Kritik stoßen, doch gilt es hierfür die über Jahrzehnte eingefahrenen staatlichen Strukturen sowie den trägen Verwaltungsapparat aufzubrechen. Ein schier unmögliches Unterfangen, wie andere gescheiterte Reformvorhaben in diesem Land zeigen. Oder haben etwa die vielen besorgniserregenden Erkenntnisse aus der Pisa-Studie eine breitangelegte Bildungsoffensive in Gang gebracht?“ Müller stimmt zu: „Sammer hat einen Katalog zusammengestellt, der mitunter den Boden der ernüchternden gesamtdeutschen Realität verläßt.“
Angst vor Studierten, Abneigung gegen Bildung?
Intern jedoch drehe Sammer zu wenige Steine um, rügt Ashelm: „Einen weniger schwierigen Zugang könnte der Sportdirektor haben, wenn es um Änderungen im eigenen Verband ginge. Doch hier reichen bislang die Ankündigungen des früheren Weltklassespielers nicht aus, um nach der ersten, schmerzhaften Reformwelle unter Jürgen Klinsmann an einen anhaltenden Wandel zu glauben.“ Sein Fazit: „Damit die Arbeit des Sportdirektors nicht als technokratischer Flop endet, sondern Kraft und Bewegung erzeugt, müßte Sammers Projekt stärkere Konturen erhalten. Wie die Erfahrung Klinsmann gelehrt hat, geht es dabei auch um unpopuläre Maßnahmen, die anfänglich auf große Gegenwehr stoßen, aber dann doch greifen. Inhaltlich gibt es Nachholbedarf – verbal scheint der neue Sportdirektor schon auf der Höhe zu sein.“
Christoph Hickmann (SZ) nimmts locker: „Ein paar Filmchen gab es übrigens auch noch. Am Ende eines dieser Filme sagte ein Junge namens Michael, daß er bei der WM 2026 im Finale stehen wolle. Michael war noch ziemlich klein, es gab deshalb ein bißchen Gelächter. Aber Michael hat ja jetzt noch zwanzig Jahre Zeit, um in ein Nationaltrikot zu passen. Und so ähnlich sollte man das wohl auch bei Konzepten sehen.“ Warum sucht sich der DFB für einen solchen Job nicht jemanden mit Hochschulabschluß? Angst vor Studierten, Abneigung gegen Bildung?
taz: Antisemitismus-Prozeß: Das Gericht hat fahrlässig auf die abschreckende Dimension einer Strafe verzichtet
BLZ: Dieses Strafmaß ist nicht dazu geeignet, abschreckend zu wirken