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Auslaufmodell

Oliver Fritsch | Dienstag, 31. Oktober 2006 Kommentare deaktiviert für Auslaufmodell

Fortsetzung

Unter dem Titel „Abstieg einer Pop-Ikone“ ist es auch Eichler, der in der Sonntag-FAZ den Aufmacher des Sportbuchs verfaßt – Thema: der sportliche und ökonomische Marktwertverlust David Beckhams: „End it like Beckham: Schlußpfiff für den Glamour-Fußball. Moderne Klubs analysieren mit Datenbanken und Scoutingnetzen ihr Personal und Potential immer nüchterner und gründlicher. Heutigen Tempo- und Netzwerkfußball prägen Spieler, die sportlich multifunktional sind, privat aber einförmig. Und die seit Jahren ihre Frisur nicht geändert haben: wie Lampard, Gerrard, Henry, Pirlo, Deco. Motto: Substanz schlägt Verpackung. Beckham hat gelernt. Lange schon hat der Mann, der früher seinen Leibfriseur einfliegen ließ, den Schnitt nicht gewechselt: einen konventionellen, ungefärbten Kurzschopf. Ob das noch hilft, nach seiner Fasson glücklich zu werden?“

Beckham gleiche einem Symbol für eine illusionäre Personalpolitik, die Real Madrids italienischer Trainer aber verabschiedet hat: „Real hat unter Trainer Fabio Capello den großen Schnitt gemacht. Wo es früher um Schaueffekte ging, sorgt heute ein 6er-Defensivblock für Sicherheit – kein Platz mehr für zweikampfscheue Luxus-Kicker. Es ist die Konsequenz aus dreijährigem Irrflug, in dem man die Elf komponierte wie ein Sechstkläßler sein Sammelalbum: Hauptsache Namen. Das neue Vorbild in Europa gibt Chelsea ab: ein Starensemble, in dem Teamgeist über alles geht; in dem Weltklassespieler sich klaglos darin fügen, glanzlos zu sein. (…) Die Fußballbranche ist längst auf der Suche nach einer neuen Nüchternheit.“

Treffend beschreibt Eichler das Phänomen, daß Beckham in ferneren Gefilden noch ein großer Name ist: „Sportlich braucht Real Beckham nicht, wirtschaftlich aber kann man ihn noch gebrauchen: für Trikotverkäufe, für Präsenz in den neuen Fußballmärkten in Asien und Amerika, wo Real, seit Beckham kam, Manchester überholt hat. Sein Glanz mag mit den ‚Galaktischen‘ verglüht sein. Doch in entlegenen Teilen des Fußballuniversums kommen seine Lichtjahre entfernt abgesonderten Strahlen noch an.“ Wenn die Sonne erlischt, merken wir Erdenbürger es nun mal erst achteinhalb Minuten später.

Ein kurzer Seitenblick ins Familienleben gestattet sich Eichler: „Wie der Gatte steht auch die knochige Mrs. Beckham, Kleidergröße 32, mit ihren Maßen, ihrer Mode und ihrer Musik als Auslaufmodell des Zeitgeistes da. Im festen Glauben daran, daß alles aus ihrem öffentlich gestylten Leben Relevanz habe, trat Victoria Beckham mit Bekenntnissen in die Welt, die zuletzt nur noch Stirnrunzeln auslösten: daß der Stoff ihrer Haarverlängerungen von russischen Gefängnisinsassinnen stamme; daß sie mit ihrer Freundin Katie Holmes, künftige Frau des Filmstars Tom Cruise, ihr Interesse an der Scientology-Sekte diskutiert habe.“

Kombination aus Kraft, Finesse und Teamdenken

Hanspeter Künzler (NZZ) porträtiert Wayne Rooney als Tier, das mit „rhinozeroshaftem Tatendrang den Gegner in Panik versetzen“ könne. Seine rauhe Spielweise diene ihm dazu, sich vom kontinentalen Fußballstil abzugrenzen: „Die vielen roten Karten sind ein Pfeiler seines Status als Volksheld. Sie sind gleichermaßen ein Echo aus den guten alten Zeiten, in denen Fußballer – so der Mythos – noch hart, aber ehrlich waren. Rooney, der ganz im Sinne des modernen Macho-Mannes jeden Ball als sein persönliches Eigentum erachtet, verliert ihn und verpaßt dem Gegner mittels Tritts in die Hoden einen Denkzettel – vielleicht nicht ganz fair, aber auf jeden Fall hart und ehrlich.“ Gleichzeitig gewinne Rooney so die Herzen der altenglischen Fans: „Dafür eine rote Karte? Pervers! Endlos sind die Diskussionen am englischen Fernsehen, wie man den natürlich im Ausland erfundenen Schwalben und ähnlichen faulen Tricks Einhalt gebieten könnte. Rooney kann man vieles vorwerfen, aber Schwalben nicht. So verhält sich die Nation bei einer Roten Rooney-Karte so wie Jose Mourinho bei jedem Schiedsrichterpfiff gegen Chelsea: Man ist überzeugt, das Opfer eines Komplotts zu sein.“ Doch auf Rooneys Technik und Spiel weise läßt Künzler nichts kommen: „Roy Keane war der Prototyp des modernen Spielers, der für den Sieg über Leichen ging. Wayne Rooney ist ein technisch viel versierterer Spieler, ein Instinkt-Spieler noch dazu, bei dem an einem guten Tag Kraft, Finesse und Teamdenken zu einer atemraubenden Kombination zusammenfinden.“

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