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Deutschland, armes Fußball-Land
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| Sonntag, 3. Dezember 2006Leverkusen und Frankfurt bleiben ohne Sieg, stehen vor dem Ausscheiden, haben aber noch eine letzte Chance – ein ernüchterndes Fazit der Uefa-Cup-Saison aus deutscher Sicht
Nach der Niederlage Leverkusens und dem Frankfurter Remis gibt Jan Christian Müller (FR) Oliver Bierhoff recht, der vor rund einem halben Jahr der Bundesliga hinter die Ohren schreiben wollte, sich ein Vorbild am Training Jürgen Klinsmanns zu nehmen: „Als sich Deutschland gerade mitten im WM-Rausch befand, hat sich Bierhoff getraut, weithin hörbar herumzumäkeln. Er hoffe, sagte er vor versammelter Weltpresse, daß die Bundesliga sich das DFB-Team zum Vorbild nehme und somit aus ihrem Donröschenschlaf erwache. Diese als unsensibel empfundene Demütigung ist damals gar nicht gut angekommen und erst jüngst noch von Ligaboß Werner Hackmann als ‚nicht nachvollziehbare Kritik‘ bewertet worden. Auch Thomas Schaaf reagierte irritiert, was verständlich ist, weil er seit Jahren vormacht, wie moderner Fußball aussieht und als Anschauungsunterricht nicht erst Klinsmann brauchte. Aber all die anderen Trainer und Manager, die noch heute sauer auf Bierhoff sind, müssen bei nüchterner Betrachtung einräumen, daß was faul ist im Lande. Seit vier Jahren hat die deutsche Bundesliga lediglich einen einzigen Halbfinalisten in Champions League oder Uefa-Cup gestellt.“
Roland Zorn (FAZ) urteilt milder, aber nicht weniger enttäuscht: „Deutschland, armes Fußball-Land. Dabei konnten alle Klubs aus der Bundesliga, die am Ende mal lauter, mal leiser über ihre Mißgeschicke klagten, spielerisch fast immer mit der Konkurrenz Schritt halten. Was die desaströse Bilanz mit erst drei Siegen in zwölf Begegnungen herbeiführte, war ein entscheidendes Manko: die fehlende Kaltschnäuzigkeit und Zielstrebigkeit aller deutschen Erstliga-Vertreter der Güteklasse 1b vor dem Tor des Gegners. Das und noch vieles mehr haben ihnen die vertrauten Kollegen vom Premiumprodukt Champions League, seien sie aus München oder Bremen, eindeutig voraus.“
Thomas Klemm (FAZ) hätte sich die Treffsicherheit der Frankfurter auf und und nicht neben dem Platz gewünscht: „Als alles zu spät war, da trafen die Fußballprofis der Frankfurter Eintracht reihenweise ins Schwarze. Diejenigen, die in den neunzig Minuten zuvor Flanken verfehlt hatten, deren Schüsse in den Beinen der englischen Abwehrspieler oder in den Armen des Torhüters gelandet waren, deren Heber über das Gehäuse von Newcastle United flog oder deren Kopfbälle an Harmlosigkeit schwer zu überbieten waren, sie fanden ihr Ziel mit hitzig geäußerten Worten statt mit kaltschnäuzigen Taten. Was hatten die Frankfurter für einen Riesenaufwand betrieben: Sie liefen unermüdlich, kämpften wacker, schossen vor allem in der zweiten Halbzeit eifrig, doch der Ertrag war dürftig: null Tore, ein Punkt und etwas Hoffnung, sich mit einem Sieg im letzten Gruppenspiel die Möglichkeit auf ein Weiterkommen zu wahren.“
FAZ-Bericht Eintracht Frankfurt–Newcastle United (0:0)