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Bundesliga

Daß er einen Ball verloren gibt, kommt so oft vor wie Schnee auf den Malediven

Oliver Fritsch | Montag, 4. Dezember 2006 Kommentare deaktiviert für Daß er einen Ball verloren gibt, kommt so oft vor wie Schnee auf den Malediven

Fortsetzung: Pressestimmen zum 15. Spieltag

Berlin habe in Bremen erst eine Chance erhalten, als der Gegner mit seinen Gedanken woanders, bei etwas wichtigerem, war, meint Ralf Wiegand (SZ): „Als Ronaldinho, Deco und Iniesta ihr zu Hilfe kamen, wurde es etwas einfacher für Hertha BSC. Nun sah sich Werder Bremen, das eine atemraubende erste Halbzeit gespielt hatte, mit einem Mal atemlos in die Defensive gedrängt. Als hätten die Stars des FC Barcelona plötzlich die Gestalt von Kevin Boateng, Ashkan Dejagah oder – besonders hinterlistig – Josip Simunic angenommen, kippte das Eckenverhältnis zu Gunsten der Berliner, glühten Werders Torwart Tim Wiese die Fäuste, brauchte Werder sogar eine Fehlentscheidung der Schiedsrichter, um nicht ernsthaft in die Bredouille zu geraten. Wie süßes Gift sickerten die Gedanken an den Auftritt im Estadio Camp Nou ins Bremer Spiel gegen Hertha.“ Jens Fischer (taz) erkennt eine weitere Reifung der Bremer: „Das Bremer Team machte einen weiteren Entwicklungsschritt: sich vor großen Festspielen auf die kleinen Pflichtübungen konzentrieren zu können.“

Bewundernd stellt Sven Bremer (FTD) Torsten Frings als Rückenmark der Bremer dar: „Klose hat sich mit seinen beiden Treffern an die Spitze der Torjägerliste und Bremen wieder an die Tabellenspitze katapultiert, Diego spielte den Berlinern Knoten in die Beine – der überragende Mann war jedoch, wieder einmal, Frings: zentrale Anspielstation, Vorbereiter, Retter in höchster Not und Taktgeber des Bremer Spiels. 103 Ballkontakte hatten die Statistiker bei Frings gezählt, mit Abstand die meisten. Über die Quote seiner gewonnen Zweikämpfe war nichts zu lesen. Sie dürfte bei knapp unter 100 Prozent gelegen haben. Frings’ Art, Fußball zu spielen, ist ein einziger Zweikampf. Und: Wer ein verlorenes Duell notiert, muß sich Sekunden später oft korrigieren. Daß Frings einen Ball verloren gibt, kommt so oft vor wie Schneefall auf den Malediven. Es sieht nicht sehr elegant aus, wenn er mit seinen gut 80 Kilogramm den Platz pflügt – stets ein wenig gebeugt im Rücken, als trüge er nicht nur die Verantwortung für das Werder-Spiel, sondern auch noch einen Sack Kartoffeln auf den Schultern. Die Leichtigkeit des Seins mag ihm abgehen auf dem Fußballplatz, dennoch ist Frings alles andere als ein Vertreter der alten Schule. Er verkörpert den Prototypen des modernen defensiven Mittelfeldspielers, der in der Lage ist, das Spiel des Gegners zu lesen, der blitzschnell umschalten kann, Akzente in der Offensive setzt, sich aber dennoch für keine Grätsche zu schade ist. Und würde Frings nach Kilometern bezahlt, Werder wäre wahrscheinlich pleite.“

Aus Euphorie wird Depression

Matthias Wolf (BLZ) sorgt sich um Energie Cottbus: „Hannover 96, ein biederes Ensemble, verpaßte den Energielosen die dritte Heimniederlage (0:1) in Folge. Gut möglich, daß die Mannschaft wochenlang ein Leben am Limit geführt hat. Kräftezehrend war die Spielweise, nun präsentieren sich alle ausgelaugt und geschockt ob der Tatsache, daß die Gegner sich auf die Spielweise eingestellt haben. Sander sollte sich schleunigst eine originellere Taktik einfallen lassen. (…) Die Cottbuser haben auch nicht mehr Fans verdient. 11 345 Zuschauer bedeuteten die schmalste Kulisse in der Bundesliga überhaupt seit fast vier Jahren. Cottbus ist an einem neuen Tiefpunkt angelangt.“ Stefan Hermanns (Tsp): „Eine Entwicklung, wie sie Energie zurzeit durchlebt, ist nicht unüblich für einen Aufsteiger. Während der ersten Wochen in neuer Umgebung trägt die Euphorie des Aufstiegs die Mannschaft noch über viele Hürden. Mit jedem Mißerfolg aber wachsen die Zweifel an der eigenen Qualität, aus Euphorie wird Depression. Das Imperium, das sich von jedem Sieg eines Außenseiters wie Energie gereizt fühlt, schlägt zurück. Und die Medien sowieso.“

Ein wichtiger Protagonist fehlt

Elisabeth Schlammerl (FAZ) stellt beim 1:1 gegen Mönchengladbach erneut fest, daß Bayern München in Michael Ballack einen Stachel verloren habe: „Es zeichnete den FC Bayern in den vergangenen Jahren aus, den Spagat besser zu beherrschen als jede andere deutsche Mannschaft im internationalen Geschäft, aus wenigen Chancen das Maximum herauszuholen, aber in dieser Saison fehlt ihm diese Gabe oft. Dabei geht es, anders als für Bremen, in der Champions League nicht mehr um die Qualifikation für das Achtelfinale, sondern nur noch um den Gruppensieg – und dennoch schien die Partie gegen Inter Mailand die Gedanken der Münchner mehr zu beherrschen als das Duell mit Gladbach. Daß die Münchner gegen Mannschaften große Schwierigkeiten haben, die ihr Heil im leidenschaftlichen Abwehrkampf suchen, ist kein Zufall. Das Mittel, das in den vergangenen Jahren oft gegen eine massive Deckung wirkte, ist nicht mehr probat, weil ein wichtiger Protagonist fehlt. Früher drosch man irgendwann noch die Bälle hoch in die Mitte, wo Michael Ballack lauerte. Jetzt lauert keiner mehr mit einer derart guten Trefferquote bei Kopfbällen.“

Tsp: Es geht voran – nach unten; Gladbach feiert den Sturz auf einen Abstiegsrang

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