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Internationaler Fußball

Seitenhiebe

Oliver Fritsch | Sonntag, 10. Dezember 2006 Kommentare deaktiviert für Seitenhiebe

Die Presse führt die Absage Jürgen Klinsmann an den US-Verband darauf zurück, daß ihm zu wenige Befugnisse eingeräumt worden seien; viele Kommentare kommen ohne negativen Zungenschlag nicht aus

Andreas Lesch (BLZ) schreibt: „Jürgen Klinsmanns Entscheidung überrascht nicht. Sie entspringt exakt jener Denkweise, mit der er auch in den zwei Jahren als deutscher Projektleiter immer wieder für Aufsehen gesorgt hat: Klinsmann will nicht berechenbar sein. Er zeigt, daß Märchen keine Massenware sind, schon gar nicht mit ihm in der Hauptrolle. Er hat vom amerikanischen Verband wohl ähnlich weitreichende Kompetenzen wie einst vom DFB gefordert, er wollte erneut ein eigenes Expertenteam um sich scharen – das wollte ihm Verbandsboß Sunil Gulati nicht gewähren. Dadurch hat er Klinsmanns heiß geliebte Unabhängigkeit in Frage gestellt. Der Radikalreformer hätte als US-Coach Absprachen treffen müssen, wo er einsame Entscheidungen bevorzugt hätte. Er hätte nicht den ganzen Laden auseinandernehmen können, wie er das einst in Deutschland angekündigt und umgesetzt hatte; er wäre eher eine Art Ladenhüter gewesen. Diese Rolle behagt Klinsmann nicht.“ Jörg Hanau (FR) ergänzt: „Klinsmann wollte der mächtigste Mann im US-Fußball werden: unantastbar, autark, niemandem verantwortlich. Dies festzuzurren, waren die Soccer-Bosse nun wohl doch nicht bereit. Deren Angst vor dem eigenen Machtverlust war offenbar größer, als die vage Hoffnung auf sportlichen Erfolg mit dem Einwanderer.“

Daß sich ein Trainer von seinem Arbeitgeber Befugnisse sichern lassen will, ist der normalste Vorgang von der Fußballwelt; bei Klinsmann ist das in den Augen der deutschen Presse oft gleich eine „Machtfrage“. Einige Kommentare schlittern zudem im besten Fall haarscharf an der Häme vorbei, kaum einer kommt ohne die Betonung aus, es sei nicht am Geld gescheitert – überraschenderweise versteht sich, ist Klinsmann in Geldfragen doch das „Cleverle“. Noch immer dient Klinsmann der Presse als Objekt für Seitenhiebe – der Mann also, dem das historische Verdienst zukommt, den deutschen Fußball mit einem zweijährigen Kraftakt gegen großen Widerstand in die richtige Bahn gelenkt zu haben.

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