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Schmortopf Bundesliga
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| Montag, 11. Dezember 2006Pressestimmen zum 16. Spieltag: Die Journalisten finden wenig Gefallen an dem Spiel; Werder Bremen bleibt die Ausnahme / „Bayern Münchens fragwürdiges Dienstleistung- und Entertainment-Verständnis“ (SZ) / Gladbach gegen Mainz, „eine Partie aus den Tiefen des Grau(en)s“ (FAZ) / Stuttgart läßt sich vom Ergebnis und vom Tabellenplatz blenden (FR) / Hat der HSV gegen Moskau seine Kraft vergeudet? (FAZ)
Fazit der Vorrunde vor dem letzten Spieltag – Christian Zaschke (SZ) beklagt das Primat der Verteidigung und das Patt des Spiels: „Hannover gegen Bielefeld – so funktioniert die Liga. Beiden Mannschaften stehen Trainer vor, die sich taktisch auf der Höhe der Zeit befinden. Thomas von Heesen und Dieter Hecking haben ihre Teams zu dichten Verbünden geformt, in denen in der Defensive äußerst effektiv gearbeitet wird, im Jargon: verschoben. Die Defensive ist der leitende Gedanke des Spiels, es geht darum, wieder im Jargon: tief zu stehen. Das wollten kleine Mannschaften auch in der Vergangenheit tun und sind doch oft von den großen Mannschaften zerpflückt worden. Mittlerweile stehen die kleinen und mittelgroßen Mannschaften jedoch viel besser, und den großen Teams fällt gegen die beweglichen und disziplinierten Abwehrreihen nicht viel ein. Die Folgen dieser Entwicklung sind in dieser Saison weniger Heimsiege, viele Unentschieden und vor allen Dingen viele Spiele, die nur für Freunde der taktischen Analyse unterhaltend sind, nicht aber für Freunde des Spektakels.“
Peter Penders (FAZ) kann nicht mehr hinsehen und will nicht mehr zuhören: „Ein halbes Jahr nach dem Sommermärchen liegt die Bundesliga längst wieder träge in ihrem Schmortopf und bruzzelt langsam vor sich hin. Groß war der Groll der Vereine, als Klinsmann & Co den Finger hoben, und überhaupt stimme das alles nicht. Ein halbes Jahr später spricht lieber niemand mehr darüber (…) Die Bayern wollten einst zur WM 2006 eine deutsche Mannschaft aufbauen – das hat ungefähr so gut geklappt, wie Santa Cruz als Ballack-Nachfolger aufzubauen. Dafür sind sie weltweit offenbar der Verein, der am meisten unter den Spätfolgen der WM leidet, zumindest erwecken sie den Eindruck. Aber so geht das von Verein zu Verein, jeder redet sich seine Situation schön, und die Soße des eigenen Gequatsches wird immer dicker, breitflächig verteilt und deckt alles zu.“
Simple Lösungen
Elisabeth Schlammerl (Stuttgarter Zeitung) erkennt in den Reaktionen der Bayern auf das 2:1 gegen Cottbus Spuren der Selbstreflexion: „Kurz vor dem Ende einer mühseligen Vorrunde überwiegt die Erkenntnis, daß die derzeitige Leistung nicht reicht für eine Titelverteidigung, daß die Bayern so vor allem gegen die angriffslustigen Bremer im Meisterschaftsrennen chancenlos sind und sogar um einen Champions-League-Platz bangen müssen. Sie setzen aufs neue Jahr, darauf, daß mit einer geregelten Vorbereitung ab Anfang Januar auch die Leidenschaft, die Lust auf jenen Fußball wächst, durch den sich derzeit der Tabellenführer aus Bremen auszeichnet und das Publikum begeistert.“ Klaus Hoeltzenbein (SZ) nimmt den Führungstreffer in diesem Spiel für die Vorrunde der Bayern: „Tomislav Piplica sah in seiner grellorangen Montur nicht nur aus wie ein entlaufenes Teletubbi, er fiel auch wie ein entlaufenes Teletubbi – ins linke Eck. Dort prallte ihm Schweinsteigers Fernschuß an Schläfe und/oder Ohrläppchen und von dort – ins rechte Eck. So hatte auch eines jener Ligaspiele, in dem die Bayern ein fragwürdiges Dienstleistung- und Entertainment-Verständnis offenbarten, einen heiteren Moment. Allerdings, und auch das war bezeichnend, nur auf Kosten anderer. Die Art, wie dieses 1:0 zu Stande kam, war ein Spiegel der Tore der bisherigen Saison. Die Münchner haben in dieser Hinrunde die simplen Lösungen für ihre Probleme bevorzugt.“
SpOn/Rund: Über die Fehler der Bayern in der Einkaufspolitik
Opas Fußball erlebte keine Renaissance
6:2 in Frankfurt – Roland Zorn (FAZ) läuft den Bremern tanzend und singend entgegen: „Es war eine vorweihnachtliche Bescherung für ein Team, das derzeit den mit Abstand attraktivsten Fußball der Bundesliga zelebriert. Mit Toren, Toren, Toren nimmt Werder den Titel ins Visier und ist fürs erste ganz begierig darauf, am kommenden Sonntag eine virtuelle Trophäe, die sogenannte Herbstmeisterschaft. Eine solche Plazierung hätte sich Werder dank immer wieder überragender Leistungen inmitten der allzuoft monotonen Bundesliga mehr als verdient. Wenn Farbe ins Spiel kommen soll und es auch einmal etwas mehr als eine reine Ergebnisbemühung für das hochverehrte Publikum sein darf, richten sich alle Blicke nach Bremen.“
Tobias Schächter (BLZ) schreibt zum erneuten Bremer „Sixpack“: „Solch dreisten Toregalopp in fremden Arenen hat die Liga noch nie gesehen. Trotz war beim Triumph in Frankfurt dabei. Die harsche Kritik nach dem 0:2 im Nou Camp hat die Bremer getroffen. Die erste Halbzeit sei nicht gut gewesen, aber alles zu verdammen, sei eine Frechheit, echauffierte sich Klaus Allofs, der sich mehr über die Kritik von ‚einigen Ahnungslosen‘ zu ärgern als über das 6:2 zu freuen schien.“ Zorn neckt die Verlierer: „Die Frankfurter hatten das Unheil nach altdeutscher Art vermeiden wollen: indem sie den jungen Russ Libero spielen ließen – eine Rolle, die im modernen Fußball gar nicht mehr vorgesehen ist; dazu begleitete der sonst als zeitgemäßer Innenverteidiger erprobte Vasoski den Bremer Regiezauberer Diego auf Schritt und Tritt – als Manndecker im Mittelfeld. Opas Fußball erlebte keine Renaissance.“
Kein Märchen
„Gegen Moskau Kräfte vergeudet?“, fragt Frank Heike (FAZ) die Hamburger in Anspielung auf ihren 3:2-Sieg in der Champions League vorwurfsvoll: „Ein Sieg gegen Nürnberg wäre tausendmal wichtiger gewesen als der wertlose Erfolg vom Mittwoch. Der wurde mit viel Einsatz erzwungen, und Doll kam nicht drum herum, zu konstatieren, daß leider die Frische gefehlt habe. Wie er es auch macht, er macht es falsch, dieser HSV.“ Ralf Wiegand (SZ) hätte gerne das Happy End mit dem neuen Hamburger Gesicht verfaßt: „Um Linksverteidiger Atouba zu ersetzen, mußte Doll mal wieder die gesamte Elf um- und einen Überraschungsgast einbauen. Der hieß Volker Schmidt und hat sowohl einen Lebenslauf als auch eine Physiognomie, als ob er von der PR-Abteilung des Vereins gecastet worden wäre. 28 Jahre alt, in Hamburg geboren, Jugend- und Amateurspieler beim HSV, wenig Haare, viel Herz. Aber die Geschichte des Kämpfers blieb unvollendet. Schmidt robbte in seinem ersten Bundesligaspiel zwar bis zur völligen Unkenntlichkeit seiner Rückennummer über den Rasen, aber das Tor, das er hätte schießen können, vereitelte Club-Keeper Raphael Schäfer. Für Märchen reicht es eben momentan nicht beim Hamburger SV.“
Aus der Tiefe des Grau(en)s
1:1 in Mönchengladbach – Richard Leipold (FAZ) kann die Freude des Mainzer Trainers über das Spiel nicht fassen: „Wie schlecht muß es einem Trainer sportlich gehen, wenn er ein solches Spiel als ‚gefühlten Sieg‘ verkauft? So, wie es Jürgen Klopp versucht hat. Er sprach über eine Partie aus der Tiefe des Grau(en)s. Über eine Partie, deren Unterhaltungswert sich nur knapp oberhalb des Nullpunkts bewegte. Dieses Fußballspiel konnte nur unentschieden ausgehen. Was soll sonst herauskommen, wenn zwei Mannschaften aufeinandertreffen, die schon lange nicht mehr imstande sind, drei Punkte auf einmal zu ergattern? Das 1:1 war der buchstäblich kleinste gemeinsame Nenner zweier Abstiegskandidaten.“
Blendwerk des reinen Ergebnisses
Klaus Teichmann (FR) warnt die Stuttgarter und ihren Trainer davor, das 1:0 gegen Bochum und Tabellenplatz 3 als Beweis der Stärke zu werten: „Es wirkt ganz so, als ob sich Armin Veh etwas von den durchweg glücklichen Erfolgen der vergangenen Wochen blenden läßt – eine überzeugende Leistung bot der VfB nun schon lange nicht mehr. Gegen den Hamburger SV und in Hannover reichte es zuletzt nur zu schmeichelhaften Siegen, gegen Mönchengladbach verwalteten die Schwaben ein frühes Tor erfolgreich, in Mainz schrammte der VfB beim 0:0 nur knapp an der Niederlage vorbei – und auch gegen Bochum wirkte das Team gehemmt und verkrampft. (…) Sollte das Blendwerk des reinen Ergebnisses weiter entsprechend wirken, dürften der VfB schnell wieder aus der Spitze purzeln.“
Anzeichen eines Abschieds
Achim Lierchert (FAZ) deutet Worte und Gesten des Bielefelder Trainers: „Von Heesen will sich im Moment ganz auf die Arbeit mit der Mannschaft und den bevorstehenden Erwerb seiner Fußballehrer-Lizenz konzentrieren. Seine zwischen den Zeilen durchklingende Kritik an den Zuständen in Bielefeld deutet jedoch darauf hin, daß er sich sehr wohl bereits in diesen Tagen mit seinen Perspektiven und den angehenden Gesprächen beschäftigt. Anzeichen eines Abschieds, vielleicht schon in der Winterpause? Hier könnte Dortmund zur treibenden Kraft werden, wenn die Verantwortlichen bei Borussia oder gar der scheidende Bert van Marwijk selbst zu der Überzeugung gelangen, die Saison doch nicht gemeinsam zu Ende bringen zu können.“
An Boden verloren
Daniel Theweleit (BLZ) befaßt sich mit Leverkusener Wachstumsbremsen: „Nicht nur hinsichtlich der finanziellen Ausstattung hat der ewige Zweite an Boden verloren. In Leverkusen machen sich die Folgen der WM negativ bemerkbar. Es ist nur acht Jahre her, da galt die BayArena als Schmuckkästchen der Liga, mittlerweile verfügen viele Klubs über größere Stadien mit gewaltigen Vermarktungsmöglichkeiten. Finanziert oft durch Steuermittel, während die Kicker aus Leverkusen unter den globalisierten Zwängen der Pharmabranche zu leiden haben.“