Bundesliga
Platzhalter
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| Mittwoch, 20. Dezember 2006Jürgen Röber muß bei seinem Antritt in Dortmund mit der Skepsis der Presse leben, die sich dabei fragt, welcher Trainer zurzeit überhaupt noch auf dem Markt sei / Bremen sichert sich mit einem glückhaften Sieg gegen Wolfsburg gerade noch die Herbstmeisterschaft
Sven Goldmann (Tsp) glaubt nicht, daß Röber Dortmunds Wunschlösung gewesen ist: „Aus der Bundesliga ist er lange raus und deshalb schwer vermittelbar. Borussia Dortmund wird von Hans-Joachim Watzke geführt – einem Mann, der den Klub finanziell saniert hat, aber sonst das beliebte Klischee bedient, nach dem erfolgreiche Manager nicht viel von Fußball verstehen. Es treffen sich also zwei Absteiger, die keine andere Wahl hatten. Dortmund fand keinen ähnlich guten Trainer, der bereit war, ein halbes Jahr lang den Platzhalter für Thomas von Heesen zu spielen. Und für Röber ist Borussia vielleicht die letzte Möglichkeit, sich interessant zu machen für die Bundesliga. Es gibt bessere Konstellationen für sportlichen Erfolg.“
Auch Frank Hellmann (FR) zweifelt an Röbers Qualität: „Röber gilt als ausgesprochener Gutmensch, was ihm im von vielen Bösartigkeiten durchsetzten Fußballgeschäft häufig zum Nachteil gereichte. Und: Er ist in seiner Trainer-Karriere nicht eben als Visionär aufgetreten. Gewiß, er hat Hertha BSC aus der zweiten Liga bis in die Champions League geführt – doch das war zuvorderst den millionenschweren Zuwendungen der Ufa und sündhaft teuren Zukäufen geschuldet. Als Röber im Februar ’02 den Trainerstuhl bei Hertha räumte, dauerte es mehr als ein Jahr, bis ihn als nächster Klub der VfL Wolfsburg verpflichtete. Das Engagement stand unter ähnlichen Zeichen wie die Berliner Zeit: Geld spielte keine Rolle. Und doch hat es Röber nicht geschafft, seine Philosophien anschaulich zu machen. Am Ende stand nach nur dreizehn Monaten Amtszeit das Chaos: eine zerstrittene Mannschaft, keine taktische Handschrift. Danach ist es ruhig geworden um Röber. So zeigt sich: Seine Verpflichtung ist aus der Not geboren, seine Verweildauer begrenzt. Für Trainer gibt es bessere Voraussetzungen.“
Nicht einmal mehr als Zweckgemeinschaft
Felix Meininghaus (Tsp) wirft den Dortmundern bei der Entlassung Bert van Marwijks schlechten Stil vor: „Natürlich ist es richtig, daß er die armseligen Auftritte des BVB vor heimischem Publikum zu verantworten hat. Genau so richtig ist aber auch, daß van Marwijk den Klub sportlich mit stoischer Ruhe auf Kurs gehalten hat, als der BVB seine schwerste Krise durchlitt. Es spricht daher nicht für das Niveau der handelnden Personen, ihn nun mit Schimpf und Schande aus der Stadt zu jagen. Noch dazu, da es auf die Schnelle keinen geeigneten Nachfolger geben wird, womit die Abteilung Profifußball beim BVB zunächst einmal führungslos ist. Das alles ergibt einen reichlich dilettantischen Gesamteindruck. Wohlkalkulierte Personalpolitik sieht anders aus.“ Philipp Selldorf (SZ) gibt zu bedenken: „Sportlich geht es dem BVB nicht gut. Doch das ist nur die eine Seite. Ähnlich alarmierend ist der moralische Zustand des Klubs, dessen Publikum am Sonntag zu großen Teilen in den Streik trat. Bedrohlich wurde die Atmosphäre in der zweiten Halbzeit, als eine Art Rollkommando aus dem Fanblock die Haupttribüne enterte und sich hinter den Trainerbänken formierte, um van Marwijks Rausschmiß zu fordern.“ Richard Leipold (FAZ) billigt die Trennung: „Zum Schluß funktionierte die Dortmunder Ehe nicht einmal mehr als Zweckgemeinschaft. Deshalb war die Trennung nicht mehr zu umgehen.“
Es gibt in Deutschland ein Trainerproblem
Dabei stellt Leipold, daß der Trainermarkt derzeit keine Reserven bereithalte: „Die Metapher vom Trainerkarussell trifft nicht mehr zu. Wie groß der Mangel an Alternativen ist, zeigen die Spekulationen, die aufkommen, sobald ein Posten vakant wird. Eine Weile wurde Christoph Daum als eine Art Generallösung für fast jeden Klub gehandelt, der etwas auf sich hält. Seit der Zampano in Köln angeheuert hat, grasen die Vereine einen fast leeren Markt ab. Wie groß der Mangel an profilierten Trainern ist, zeigen die Namen, die in die Diskussion geworfen werden, wenn eine Stelle zu besetzen ist: Hitzfeld oder Stevens gelten eher als Männer, deren Bundesligazeit vorbei ist. Andererseits hat sich fürs erste die Einsicht durchgesetzt, daß sogenannte Feuerwehrleute wie Neururer und Berger sich zu oft verbrannt haben. (…) Das Fehlen einer passenden Alternative ist vermutlich der Hauptgrund, warum die Dortmunder so lange gezögert haben, van Marwijk zu entlassen.“
Christian Zaschke (SZ) fügt hinzu: „Es gibt in Deutschland derzeit ein Trainerproblem. Lösen wollen es die Klubs, indem sie sich der schönen Vergangenheit erinnern; Köln hat in einem Anfall von Nostalgie den ehemaligen Trainer Daum verpflichtet, Dortmund wollte den ehemaligen Trainer Hitzfeld. Doch ein neuer Name findet sich nirgends. Die Klubs in der Bundesliga stehen derzeit nur deshalb zu ihren Trainern, weil sie das Gefühl haben, es gebe keinen anderen, der ihnen helfen könnte. Das Erschreckende ist: Sie haben damit vollkommen recht.“
Ballzauberei und Leichtfertigkeit
Steffen Hudemann (Tsp) berichtet den glückhaften Sieg der Bremer gegen Wolfsburg: „Die 90 Minuten waren ein Spiegelbild der kompletten Saison. In der ersten Halbzeit sah der Bremer Fußball wieder einmal so makellos aus, als würde er per Fernsteuerung aus der Stadthalle bedient, wo am Sonntag die größte Computerspiele-Party Deutschlands zu Ende ging. Doch mehr als ein Fallrückziehertor von Daniel Jensen und ein vergebener Elfmeter von Diego sprangen dabei nicht heraus. Auch für Werder zählen sehenswerte Tore nicht doppelt, weshalb Wolfsburg durch Isaac Boakye ausgleichen konnte. Am Ende mußte Bremen über den knappen Sieg dankbar sein. Auch auf die gesamte Hinrunde bezogen hat Werder den besten Fußball gezeigt, hat weit häufiger getroffen als jede andere Mannschaft – dennoch findet der spektakuläre Spielstil in der Tabelle nur zum Teil seine Entsprechung, weil zur Ballzauberei zu oft die Leichtfertigkeit hinzu kommt.“
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