Ball und Buchstabe
Kur für den Schwerkranken
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| Donnerstag, 8. Februar 2007Benedikt Voigt (Tsp) rät dem italienischen Fußball zu einer Pause: „Der italienische Fußball kann sich selbst nicht mehr heilen. Die Hilfe muß von außen kommen. Weshalb die Regierung hart bleiben sollte mit ihrer Forderung, nur noch Spiele in Stadien zu erlauben, die den längst verabschiedeten Sicherheitsvorschriften entsprechen. Was aber sicher zur Heilung des italienischen Fußball nicht ausreichen dürfte. Wichtiger wäre vielmehr eine Kur, die auch Schwerkranken empfohlen wird: eine lange Ruhezeit.“
SZ: Italiens Fußballbosse jammern über den Ausschluss der Zuschauer; die Ermittler präsentieren derweil neue, erschreckende Details des Polizisten-Mordes
Tsp: Der Sport droht dem Staat – Italiens Regierung bleibt hart im Kampf gegen Krawalle, die Vereine wollen streiken, wenn sie vor leeren Rängen spielen müssen
7. Februar 2007
Mausetot
Zwei sehr kritische Meinungen über den Zustand des Fußballs in Italien
Birgit Schönau (SZ) kommentiert die Lage in Italien: „Sieben Monate nach dem Triumph der Squadra Azzurra ist der Fußball im Lande des Weltmeisters am Ende. Er war es vielleicht auch vorher schon, nach seiner politischen Instrumentalisierung durch Silvio Berlusconi oder nach den Manipulationsskandalen –, aber die rasende Gewalt in den Stadien hat ihm endgültig den Garaus gemacht. Wer soll denn noch seine Kinder auf die Tribüne bringen, wenn er dabei riskiert, zwischen die Fronten vermummter Schläger und bewaffneter Polizisten zu kommen? Wer soll noch den teuersten Eintritt in Europa zahlen, wenn er dafür womöglich eine Ladung Tränengas abbekommt? Wer soll sich noch für Fußballer begeistern, die angesichts von bürgerkriegsähnlichen Straßenschlachten beflissen schweigen, als hätten sie mit diesen Begleiterscheinungen ihrer Karriere nichts zu tun? (…) ‚Tote gehören zum System‘, hat der Ligachef Antonio Matarrese nach den Krawallen von Catania gesagt – im Bewußtsein, sich solch menschenverachtenden Zynismus auch jetzt noch leisten zu können. Der Mann hat vielleicht noch nicht begriffen: Sein System ist mausetot.“
Dirk Schümer (FAZ) prophezeit einen langen Wiederaufbau: „Die Maßnahmen können nur ein Anfang sein. Ein Umbau des Systems, eine moderne Architektur für Stadien und Verband, eine wirksame Kontrolle der Ultras durch Klubs und Staat – das alles zieht sich über Jahre und wird teuer und schmerzhaft. Der Calcio, der einst die besten und teuersten Spieler der Welt anzog, bezahlt jetzt bereits die Zeche für den Schlendrian und die versäumten Reformen. Der Exodus von Weltstars und die Schwächung italienischer Klubs, die vorige Saison mit dem Schiedsrichterskandal Gestalt annahm, wird weitergehen. Mit gesperrten Stadien, angeekeltem Publikum und verschreckten Sponsoren werden sich die Verluste häufen. Den Weltmeister erwartet eine lange fußballerische Talsohle. Rom ist nicht an einem Tag konstruiert worden. Ein gesunder Calcio erst recht nicht.“
NZZ: Ultras stehen in Italien unter Artenschutz
FAZ/Hintergrund: Tod und Spiele
NZZ: Englands Kampf gegen Hooliganismus
NZZ-Interview mit Joachim Löw: „In Deutschland wird immer nach Reformen gerufen – und wenn man sie umsetzen will, dann möchte keiner mitziehen“
FR: Ballack in England – wie geht’s ihm denn nun wirklich?
NZZ: In Chelsea umstritten, in Deutschland der Leader – Ballack mit Ladehemmungen
Tsp-Interview mit Ballack
FAZ-Portrait Mario Gomez