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Champions League

So nackt stand der Kaiser selten da

Oliver Fritsch | Freitag, 13. April 2007 Kommentare deaktiviert für So nackt stand der Kaiser selten da

Die Bayern müssen sich nach dem 0:2 gegen den AC Mailand von der deutschen Presse einiges über ihre Personalpolitik anhören

Boris Herrmann (Berliner Zeitung) stellt der Bayern-Mannschaft ein schlechtes Ganzjahreszeugnis aus: „Das Spiel wirkte wie der Trailer für einen Film über die gesamte Bayern-Saison: Hinten zu löchrig, vorne zu ideenlos, das sind die Leitmotive dieser Mannschaft.“ Vincenzo Delle Donne (Zeit Online) fügt an: „Die Münchener waren ihren italienischen Kontrahenten in beiden Partien deutlich unterlegen und erweckten kaum den Eindruck, eine europäische Spitzenmannschaft zu sein – weder spielerisch noch taktisch.“

Heinz-Wilhelm Bertram (Financial Times) malt die Münchner nahe Zukunft schwarz und zweifelt am Trainer: „Ohne Titel, mit viel Schulden auf der Allianz-Arena und eventuell mit Champions-League-Pause – so nackt stand der Kaiser selten da. Die Bayern befinden sich in einer gefährlichen Lebensphase. Und es stellt sich die Frage, ob Hitzfeld die glücklichste Trainerlösung war. Ein mutiger, junger Fußballehrer mit einem leuchtenden Konzept wäre vielleicht die bessere Wahl gewesen. Was bedeutet hätte, daß die hochbezahlten Geschäftsführer Rummenigge und Hoeneß ein anderes Risiko hätten eingehen müssen als sie bislang bereit waren.“

Wie wär’s mal mit Phantasie?

Herrmann schildert die nachlassende Anziehungskraft des FC Bayern auf ausländische Spieler: „Um das Geld muß man sich wohl trotz der Bauchlandung im Viertelfinale und den damit verbundenen Einnahmeverlusten wenig Sorgen machen. Die Frage ist vielmehr, welche sportliche Perspektive der FC Bayern großen Spielern bieten kann, von denen ja einige nötig wären, um eine große Mannschaft zu formen. Seit Wochen steht der Klub auf dem vierten Platz der Bundesliga, nach Lage der Dinge spielt er damit demnächst im Uefa-Cup. Da kann Hoeneß wohl noch so lange mit seinen schwarz bedruckten Kontoauszügen winken, ein Verein, der keine Planungssicherheit in Richtung Champions League bietet, wird kaum einen Spieler von internationaler Klasse bekommen. Er bekommt Spieler wie Jan Schlaudraff, Hamit Altintop oder José Ernesto Sosa. Dabei träumen sie in München von ganz anderen Namen.“

Andreas Burkert (SZ) rät zu einem radikalen Schnitt in der Vereinspolitik: „Unter dem Strich stand nach den Duellen mit Milan ein Klassenunterschied. Mit der Betonung auf Klasse. Lange haben die Bayern ihre Unpäßlichkeiten gerade im Alltagsgeschäft Bundesliga nicht als Folge eines Mangels an Qualität und ihrer Versäumnisse in der Personalplanung verstehen wollen. Doch schon der taumelnde Königsklub Real hatte angedeutet, was nun Milans prächtig organisierte Altstars zumindest für die europäische Bühne besiegelten: das Ende einer kleinen Mannschaft. Weil es die Münchner versäumt haben, den goldenen Jahrgang 2001 zu ersetzen, steht ihnen jetzt ein Umbau bevor, bei dem es mit Schönheitskorrekturen nicht getan sein dürfte – sofern sie Europas Spitze nicht aus den Augen verlieren wollen. Für die Renovierung besitzt der FC Bayern zwei Optionen: Er kann entweder doch einmal sorglos in die Festgeldkasse greifen, oder er kann es mit Phantasie versuchen. Beide Wege sind für ihn Neuland.“

Zahn der Zeit

Peter Heß (FAZ) stimmt der Kritik an Hoeneß und Rummenigge zu: „Es war eine eklatante Fehleinschätzung, das Münchner Fußball-Ensemble wäre stark genug, um bei den internationalen Festspielen Preise abzuräumen. Mehr noch. Die Mannschaft offenbarte sogar erstaunliche Schwächen, die Tournee über die heimischen Bühnen halbwegs stilvoll durchzuhalten. Gut fünf Wochen vor Ende der Spielzeit droht dem deutschen Rekordmeister eine Blamage: Sogar die Qualifikation für den nächsten Auftritt in der Königsklasse ist in ernsthafte Gefahr geraten. (…) Was ist so gründlich schiefgelaufen? Das Management unterschätzte den Zahn der Zeit, die Neigung zur Bequemlichkeit, wenn Erfolge satt machen. Die Kämpen, die seit Jahren das Spiel der Münchner tragen, vermochten sich immer seltener zu höchster Anstrengung aufzuraffen. Und um mit halber Kraft zu siegen, fehlte den Bayern die spielerische Klasse.“

Die beiden Tore Milans

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