Bundesliga
Fortsetzung: Stuttgarts Hunger nach Siegen
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| Montag, 14. Mai 2007Planungssicherheit sieht anders aus
Mal Schmetterling, mal Raupe – Ralf Wiegand (SZ) erläutert die Wandlungen, Ver- und Entpuppungen Werder Bremens am Beispiel der Niederlage gegen Eintracht Frankfurt: „An guten Tagen sind die Bremer in der Lage, gegen jede Mannschaft der Liga und gegen viele Teams Europas zu brillieren. Gute Tage sind solche, an denen gleich der erste Paß ankommt, die erste Flanke zur Chance führt, der erste Torschuß Gefahr heraufbeschwört. An guten Tagen fühlt sich die Elf sicher, aus ihrem Seidenkokon auszubrechen, weil der Gegner vor dieser Schönheit erstarrt. Dann läuft es bei Werder, dann kann die Elf auch mal gierig werden, richtig gefräßig, und dieser Rausch kann in ein Ergebnis münden wie das 6:2 in Frankfurt vor einem halben Jahr. An schlechten Tagen ist davon nichts zu spüren. Da bleibt das erste Dribbling Diegos im gegnerischen Netz aus tausend und einem Abwehrbein hängen. An schlechten Tagen schießt Klose, wenn er flanken müßte und legt ab, wenn er schießen sollte. An schlechten Tagen verpuppen sich die Bremer in ihrem Seidenkokon, als würden sie sich für die guten Tage sparen wollen. Ihnen fehlte in dieser Saison die Fähigkeit, schlechte Tage als solche zu erkennen und zu bekämpfen. Sie ergaben sich. Künstler sind halt so: Haben sie einen Lauf, schaffen sie im Handumdrehen Schönes für die Ewigkeit. Sind sie schlecht drauf, schneiden sie sich aus lauter Verzweiflung ein Ohr ab. Oder verlieren 1:2 gegen Frankfurt. (…) Von Woche zu Woche wechselten Abstiegskandidaten und Meisterschaftsaspiranten, und als sie dann aufeinandertrafen wie in Bremen, konnte man sie gar nicht mehr auseinander halten.“
Frank Heike (FAZ) geht den Ursachen der Bremer Instabilität nach: „Schwere Beine, müde Köpfe, am Ende völlig verkrampft – Werder hat sich selbst aus dem Meisterschaftsrennen gekegelt. Das war die frustrierende Erkenntnis einer Saison, die nun wohl auf dem alles in allem enttäuschenden dritten Platz und mit den damit verbundenen Qualifikationspartien zur Champions League enden wird. Zwei Endspiele ums große Geld also gleich zu Saisonbeginn im August. Planungssicherheit sieht anders aus. (…) Fakt bleibt, daß es ein Fehler war, Andreasen und Zidan abzugeben – die Bremer Bank blieb schwach besetzt. Doch der Hauptgrund für die verpaßte Meisterschaft ist, daß es Werder zunehmend schlechter gelang, mit dem Druck des Moments umzugehen. Schwache Nerven nennt man das. (…) Wieder war deutlich geworden, daß das Zusammenspiel von Frings mit Diego krankt. Zwei Mittelfeldspieler mit solchen Qualitäten müßten gemeinsam viel mehr hinbekommen – eines der Bremer Rätsel dieser Spielzeit, eine zukünftige Aufgabe für Schaaf.“
Mainzer Fußballogik
Michael Eder (FAZ) würdigt gerührt den Trotz und den Zusammenhalt der absteigenden Mainzer: „Selten wohl hat ein Abstieg solche Wirkungen gehabt wie in Mainz. Es hat sich kein Graben aufgetan, das Verhältnis zwischen Spielern, Trainern, Manager, Vorstand und Publikum hat nicht den feinsten Haarriß erlitten, im Gegenteil: Es hat sie noch enger zusammenrücken lassen. Daß Klopp mit den Mainzern in die Zweite Liga geht, hat manchen Beobachter überrascht, doch folgt sein Bleiben der Mainzer Fußballogik. Klopp ist seit siebzehn Jahren im Verein, er hat die beiden dramatisch verpaßten Aufstiege mitgemacht, er hat den Aufstieg geschafft und die Mannschaft drei Jahre in der Bundesliga gehalten, nun, sagt er, habe er die Pflicht und die Verantwortung, den Verein in einer schwierigen Lage nicht alleinzulassen.“ Tobias Schächter (SZ) hingegen legt den Finger die Wunde: „Der Abstieg kommt zu einem ungünstigen Zeitpunkt für den Emporkömmling. Nie wäre die Chance größer gewesen, sich in der Ersten Liga zu etablieren. Aus einer grauen Maus der Zweiten Liga, die vor acht Jahren noch vor 5.000 Zuschauern fern von jeglicher überregionaler Beachtung kickte, ist ein beachteter Fleck auf Deutschlands Fußballandkarte geworden. Der Abstieg, auch wenn das niemand sagen wollte, ist ein herber Rückschlag auf dem angestrebten Weg ins emotionsarme Mittelmaß der Liga.“
Mangel an Klasse
Bernd Müllender (FR) verweigert den Aachenern die Story der tragischen Helden: „Über die gesamte Saison war Aachens Bundesliga-Abenteuer mäßig mitreißend. Das Publikum: meist nörgelig und ungeduldig, bei acht Heimniederlagen und 37 Gegentoren auf dem Tivoli oft zu Recht frustriert. Der falschgeborene Trainer (Mönchengladbach) nie akzeptiert. Die Führungsetage: im Schnellzug-Tempo vom Volk entfremdet. Und im Fan-Forum pendelte die Stimmung zuletzt ins Sarkastische. Alemannia 06/07 war eine Mannschaft, der es vor allem in der brüchigen Defensive an Klasse fehlte. Bis Mitte März hielten sie sich mit viel kämpferischer Kraft, mit tückischen Standards von Reghecampf, der Angst der Gegner vor Schlaudraffs (seltenen) Geniestreichen und einer hocheffizienten Chancenauswertung am Leben. Seit Alemannias Angreifer ihre zählbaren Gelegenheiten auch noch ausließen, waren die Ergebnisse entsprechend. Zuletzt geriet auch Manager Jörg Schmadtke, lange wegen papstähnlicher Unfehlbarkeit gefeiert, in die Kritik.“
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