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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Sorge um seine Idee

Oliver Fritsch | Mittwoch, 22. August 2007 Kommentare deaktiviert für Sorge um seine Idee

Stefan Hermanns (Tagesspiegel) stimmt dem Bundestrainer zu, der sich über die deutsche Abwehrarbeit beschwert: „Löws Klage richtet sich nicht gegen die Schiedsrichter, die zu viel laufen lassen; sie richtet sich gegen die Spieler, die zu wenig laufen lassen. In Deutschland, das hat der Bundestrainer sehr richtig beobachtet, haben die Verteidiger in erster Linie den Auftrag, den Angriff des Gegners mit allen Mitteln zu stoppen, notfalls auch mit illegalen. Auf diese Weise lebt bis heute das Erbe der guten alten Ausputzerschule fort. Im modernen Fußball aber ist die Unterbindung des gegnerischen Angriffs schon lange kein Selbstzweck mehr; sie ergibt nur dann einen tieferen Sinn, wenn aus ihr der direkte Gegenangriff entsteht. Die Sorge um die Gesundheit der Nationalspieler mag Löw zu seiner Intervention veranlasst haben. Dahinter aber steckt viel mehr: die Sorge, dass seine Idee vom Fußball, vom schnellen, direkten und intensiven Spiel, die Bundesliga noch längst nicht durchdrungen hat.“

Friedhelm Funkel wehrt sich im FR-Interview: „Jahrelang wird gefordert, die Bundesliga solle sich an internationale Härte gewöhnen und die Schiedsrichter müssten deshalb mehr durchgehen lassen. Und jetzt ist das Geschrei groß, weil die Nationalmannschaft mal auf ein paar Spieler verzichten muss. Das kann es nicht sein. Da darfst du doch nicht immer meckern und klagen. Ich habe für das Lamentieren kein Verständnis.“

Joachim Löw beklagt zu viele Verletzte und zu viele Fouls im deutschen Fußball – betreibt er Agenda-Setting?

Erlebnis und Verklärung

Christian Eichler (FAZ) erzählt die Legende Wembley: „In Zeiten der Globalisierung nicht nur von Märkten, auch von Erlebnissen und Erinnerungen gibt es wenige Orte, die unverwechselbar bleiben. Orte wie Wembley. Das ist etwas einmalig Englisches und zugleich: ein deutscher Ort. Erlebnisort, Erinnerungsort. Man hört die zwei Silben, schon knipst das Gedächtnis ein paar Bilder an. Jeder, der eine Passion fürs Spiel hat, wird sich an einen Wembley-Moment erinnern. Daran, wie er ihn erlebte und wie lebendig er war. Sei es das ‚Wembley-Tor‘ von 1966, das als ersten deutschen Wembley-Mythos das Selbstbildnis der ungerechten, tapfer ertragenen Niederlage hinterließ – illustriert durch Sven Simons Foto, auf dem Uwe Seeler hängenden Kopfes neben der Blaskapelle den Platz verlässt. Sei es 1972, jenes 3:1 im grünen Trikot, das als Geburt der spielerisch besten deutschen Nationalelf gilt – zu dem Karl-Heinz Bohrer in dieser Zeitung einen der großen Sätze der Fußballsprache fand: ‚Und Netzer kam aus der Tiefe des Raumes.‘ Dann die beiden EM-Spiele 1996, Elfmeterschießen gegen England, Bierhoffs ‚Golden Goal‘ gegen Tschechien. Nicht zuletzt der 1:0-Sieg 2000, Hamanns Freistoß blieb das letzte Tor im alten Wembley. Zehn deutsche Spiele dort, fünf davon unvergesslich – eine Quote, auf die kein anderes Stadion der Welt kommt. Ob das im neuen Wembley so bleibt? (…) Wembley war stets ein Multiplikator. Es vervielfachte die Leistung der Spieler, das Erlebnis der Zuschauer und die Verklärung durch die Nachwelt.“

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