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Undurchsichtiger Streit

Oliver Fritsch | Donnerstag, 6. September 2007 Kommentare deaktiviert für Undurchsichtiger Streit

Die Presse würde gerne genauer wissen, was hinter Chelseas Verzicht auf Michael Ballacks steckt, kann aber nur mutmaßen: erster Schritt zur Trennung von Chelsea, ein Muskelspiel des Trainers Mourinho, selbst Doping kann nicht ausgeschlossen werden

Chelsea verzichtet auf Michael Ballack in der Champions-League-Vorrunde – Matti Lieske (Berliner Zeitung) wertet diese Entscheidung als Indiz der Trennung und sieht ein Problem auf den Bundestrainer zukommen: „Die offizielle Begründung des Klubs, dass Ballacks Verletzung der Grund sei, überzeugt niemanden. Schließlich schaffte es sogar Wayne Bridge in den Kader, und der fällt mindestens noch zwei Monate aus. Dass selbst Paulo Ferreira, die Drittbesetzung auf dem rechten Verteidigerposten, dem Deutschen vorgezogen wurde, lässt eigentlich nur einen Schluss zu: Ballack ist bei José Mourinho unten durch. Kein Coach sieht es gern, wenn sich ein Spieler operieren lässt, ohne ihm Bescheid zu sagen. Ganz gewiss nicht Mourinho. Und wenn sich der vermeintlich einfache Eingriff dann auch noch als Debakel entpuppt und eine monatelange Pause nach sich zieht, ist der Zorn doppelt verständlich. Alles deutet darauf hin, dass Chelsea den Deutschen in der Winterpause loswerden möchte. Fragt sich nur wie. Die meisten der großen Klubs haben ihre Schlüsselpositionen inzwischen besetzt und Ballack ist extrem teuer. Dass er in der Premier League nennenswerte Spielzeit bekommt, ist kaum anzunehmen, und wer zahlt schon viel Geld für jemanden, der so lange verletzt war und kaum Spielpraxis besitzt? Gut möglich also, dass Ballack auch im Frühjahr ein Dasein auf der Bank fristet. Löw steht dann vor einem Dilemma: Entweder er sucht sich einen neuen Leitwolf oder er vertraut einem, der lange nicht mehr geheult hat.“ Jan Christian Müller (FR) ergänzt: „Zum physischen Stress gesellt sich nun auch der psychische. Sollte Ballack sich beim FC Chelsea noch durchsetzen, wäre das eine bemerkenswerte Leistung. Aber er ist so weit entfernt davon wie nie zuvor.“

Hört, hört! Thomas Kistner (SZ) nimmt den Fall Ballack zum Anlass, über die Pflichten der Vereinsärzte nachzudenken und bringt eine neue Hypothese ins Chelsea/Ballack-Spiel: „Die körperliche Leistungsfähigkeit von Berufsathleten ist keineswegs reine Privatsache. Sie ist Geschäftsgrundlage zwischen dem Unterhaltungsprofi und seiner zahlenden Kundschaft, und gehört schon deshalb möglichst transparent behandelt. Kenntnisse über Dauer und Qualität einer Verletzung sind eine Art Gewohnheitsrecht für das Publikum. Es gibt aber noch triftigere Gründe für Transparenz. Gerade im Fußball, in einem körperlich auffallend anspruchsvollen Sport, der ja allein in den letzten paar Tagen vier Todesfälle zu verzeichnen hatte, darunter die Nationalspieler Puerta (Spanien) und Nsofwa (Sambia). Erklärungen dazu waren konsequent oberflächlich: Herzprobleme halt. Wobei sich etwa im Fall Puerta die Frage stellt, wie es sein kann, dass der Profi zuvor schon mehrmals im Training kollabiert war. Just im Fußball sollte die Ärzteschaft also gesunde Distanz zum Millionengewerbe halten. Weil zwangsläufig gilt: Wer Kicker oder Klubs mit Wunschbulletins versorgt, ist auch beim Thema Doping unglaubwürdig. Apropos: Chelseas Arzt hat einst Britanniens Sprintheros und Dopingsünder Linford Christie betreut; bei Chelsea geriet er mit Eigenblutpraktiken in die Diskussion. Nein, das heißt nichts. Es könnte aber ein Misstrauen befördern in einem undurchsichtigen Streit, in dem bisher nur klar ist, dass diffuser Druck auf dem Spieler lastet.“

Uneingeschränkt

Bastian Schweinsteiger wird gegen Wales wohl im zentralen Mittelfeld spielen – in den Augen Michael Horenis (FAZ) ein Zeichen der anhaltenden Achtung Schweinsteigers in der Nationalelf: „Es geht um den nächsten Karriereschritt von Schweinsteiger – denn die Rolle, die ihm diesmal nur wegen ungünstiger Umstände zufällt, könnte schon nach der EM, spätestens aber nach der nächsten WM, endgültig an ihn vergeben werden. Ballack, Frings und Schneider sind alle schon 30 Jahre – oder sogar noch ein wenig älter. Die Jugendlichkeit lebt Schweinsteiger aber immer noch gerne aus, derzeit vor allem optisch. Bei den Popstars des Fußballs gehört ein neues Styling mittlerweile zwar schon zum saisonalen Marketing, aber diesmal passte der frisch silberblond eingefärbte Schopf Schweinsteigers ganz gut zur erhöhten Aufmerksamkeit, die er in der Nationalmannschaft in diesen Tagen genießt. Verbal allerdings gibt er sich im Kreis der DFB-Auswahl zwar gewohnt selbstbewusst, aber auf eine deutlich zurückhaltendere und selbstverständlichere Weise. Er kann dort auch, anders als beim FC Bayern München, nun schon seit über drei Jahren auf uneingeschränkte Wertschätzung vertrauen.“

SZ-Interview mit Lukas Podolski über sein erstes Jahr bei Bayern und das Vertrauen des Bundestrainers

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