indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Champions League

Das Bizarre ist, dass die Stuttgarter nicht so viel falsch gemacht haben

Oliver Fritsch | Dienstag, 23. Oktober 2007 Kommentare deaktiviert für Das Bizarre ist, dass die Stuttgarter nicht so viel falsch gemacht haben

Die humpelnden Stuttgarter treffen heute auf Olympique Lyon – die Presse ahnt böses

Frank Ketterer (Berliner Zeitung) schlüpft mitleidend in die Haut der Stuttgarter: „Ein bisschen paradox mutet das schon an: Über ein Jahr lang haben sie hart dafür gearbeitet, sich mit Europas Besten messen zu dürfen. Meister sind sie eher nebenbei geworden. Nun aber, da sie dieses durchaus ehrenvolle Ziel erreicht haben und die Früchte ihrer Mühen kosten könnten, empfinden sie die Galatreffen nur noch als Zusatzbelastung. Vielleicht sogar als eine Art Anfang allen Übels, das ja in erster Linie durch eine mittlerweile unendlich erscheinende Verletzungsmisere und geradezu kraterförmige Leistungslöcher von jungen Meisterspielern schon zu Saisonbeginn seinen Lauf genommen hat.“

Volk ohne Raumdeckung räsoniert über die Keime der Stuttgarter Not: „Mir schwante schon Übles, als Mario Gomez in der Sommerpause im kicker das ‚Tagebuch‘ seiner Vorbereitung veröffentlichte. Dass derartiger Mumpitz jetzt auch Platz in einer seriösen Fachpublikation bekommt, ist ärgerlich. Was soll der Bub denn schreiben, außer dass alles super ist? Ähnlich wie Lars Ricken für seinen legendär blöden Nike-Spot ist auch Super-Mario II. bestraft worden. Nehmen wir ihn als Primus inter Paralysierten, können wir feststellen, dass sich der VfB zu sehr mit Nebensächlichkeiten befasst hat. Seine große Stärken, Heimlich, Still und Leise, konnte er als Meister nicht mehr ausspielen. Außerdem hat er diesmal ein mehr als nur gut gerüttelt Maß an Verletzungen mitbekommen und sich – zumindest bis jetzt – auf der Torhüterposition drastisch verschlechtert. Hildebrand spielte zuletzt sein solidestes Jahr, Schäfer könnte nach Kampa der zweite Club-Torhüter sein, für den der Wunsch nach Veränderung mit einem drastischen Karriereknick einhergeht. Die jungen Wilden sind entwicklungszyklengerecht nach dem tollen ersten Jahr alle in einer Wachstums- und Verpuppungskrise. Trainer Veh hat anders als Meyer beim Überraschungspokalsieger Nürnberg sehr ehrgeizige Ziele ausgegeben. Jetzt den Rückwärtsgang einzulegen und den Abstiegskampf auszuloben, fällt entsprechend schwer. Wie es wohl immer schwer ist, vom Abstiegskampf zu reden, wenn man noch Champions League spielen darf, und sei es auch nur als Zwischenmahlzeit.“

Christof Kneer (SZ) verweist auf die Zwangsläufigkeit als eine von vielen Ursachen für das Stuttgarter Verblühen: „Das Bizarre an der Stuttgarter Situation ist ja, dass sie nach menschlichem Ermessen nicht so viel falsch gemacht haben. Sie haben nach der Meistersaison eine präzise Analyse erstellt und Transfers getätigt, die sehr einleuchtend wirkten. Vielleicht ist es wirklich so, dass diese Mannschaft im Moment einfach nur einen Sieg braucht, und zwar gerne auch einen, der in der Nachspielzeit mittels eines abgefälschten 43-Meter-Schusses zustande kommt. Im tiefsten Innern wissen sie beim VfB, dass nur ein Sieg das Schicksal auf Linie zwingen kann, aber sie ahnen, dass die Öffentlichkeit sie damit allein nicht davonkommen lässt. Die Öffentlichkeit möchte Taten sehen, und es ist nicht auszuschließen, dass die Stuttgarter nun doch das tun, was die Branche Reizpunkt setzen nennt. (…) Das Problem ist, dass den Stuttgartern nicht viel mehr übrig bleibt, als an ihre Spieler zu glauben. Sie haben keine anderen, und sie brauchen gerade jeden – weiterhin fehlen zahlreiche Stammkräfte, und inzwischen drängt sich auch der Eindruck auf, dass sich die Personalplaner in der Tiefe des Kaders ein wenig verschätzt haben. Der Binnendruck aus der zweiten Reihe beträgt nullkommanull bar. Über den verdienten Meistertrainer Veh wird derzeit beim VfB noch nicht diskutiert, zumindest nicht öffentlich. Es wäre der letzte, wirklich der allerletzte Reizpunkt.“

FAZ: Veh in der Bredouille

Unter Druck

Christian Eichler (FAZ) blickt auf Olympique Lyon, den Gegner Stuttgarts: „Das Team, das noch vor einem Jahr in der Vorrunde das beste in Europa war (und dann wie immer in der K.-o.-Runde scheiterte), steht mit zwei 0:3-Niederlagen gegen Barcelona und Glasgow Rangers noch schlechter da als der VfB Stuttgart. Der neue Trainer Alain Perrin ist schon unter Druck. Die überlegene Tabellenführung gilt als selbstverständlich bei dem Klub, der seit 2002 sechsmal nacheinander die Meisterschaft gewonnen hat. Der Gradmesser für den Erfolg in Lyon ist, mehr als bei jedem anderen Team in Europa, die Champions League. Deshalb hilft nur ein Sieg in Stuttgart.“

Kommentare

Comments are closed.

  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

104 queries. 0,583 seconds.