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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ball und Buchstabe

Die Stimmung ist besser als das Spiel

Oliver Fritsch | Samstag, 3. November 2007 Kommentare deaktiviert für Die Stimmung ist besser als das Spiel

Sehr lesenswert! Ronald Reng (SZ) räumt mit zwei Legenden auf: erstens damit, dass der Fußball durch die Globalisierung seine nationale Besonderheiten verliere und über Grenzen hinweg immer gleicher werde; zweitens, dass Deutschlands Fans weniger Stimmung machten als Engländer und Spanier: „Die Mannschaften und ihre Spielart mögen sich tatsächlich immer ähnlicher werden. Doch selbst in den Ländern mit den globalsten, besten Ligen wird Fußball noch immer unterschiedlich gelebt. Es ist noch immer der besondere Reiz des Sports: zu sehen, wie aus demselben Spiel in verschiedenen Ländern etwas ganz anderes wird. Nur englische Fans bejubeln Eckbälle wie Tore. Nur spanische Kommentatoren machen sich über englische Fans lustig, die Eckbälle wie Tore bejubeln (und müssen dann oft von einem englischen Tor nach Eckball berichten). Nur italienische Spieler wie Amedeo Carboni beim FC Valencia erscheinen mit einer Pistole zum Training. Nur ein italienischer Fußballer bekommt nur in England auf der Weihnachtsfeier seines Klubs ein blutiges Schafsherz geschenkt, wie es Alessandro Pistone in Newcastle geschah. Gerade deutsche Fans reisen jedes Jahr zu Tausenden mit pochenden Herzen zu den Europacup-Spielen ihrer Teams, um die nationalen Eigenarten des globalen Spiels zu entdecken. Einmal in Barcelona oder Liverpool dabei sein! Wo die Tribünen angeblich so heiß atmen. Die meisten dieser Bremer oder Schalker Fans sind dann verwirrt, wenn sie im Camp Nou oder an der Anfield Road sitzen: Da ist es leiser als zu Hause! Ein stilles Beobachterpublikum unterwandert die klassische Fanatikerkulisse, dies ist tatsächlich ein globaler Trend. So gesehen ist es aktuell die überraschendste Besonderheit, dass es in Deutschland dagegen immer lauter wird. Nirgendwo ist Fußball heutzutage ein größeres Spektakel als in Deutschland. Obwohl das Spiel der Bundesligaklubs schon lange niemand mehr spektakulär genannt hätte. Aber die deutschen Fans machen das lauteste, sogar das schlagfertigste Geschrei. Dass dies in Deutschland selbst noch nie jemand gesagt hat, liegt daran, dass es zum deutschen Fan-Sein gehört, italienische oder englische Fans für besser zu halten. Etwas Merkwürdiges ist passiert im deutschen Fußball. Die Fans haben die Fußballer überholt: Die Stimmung ist besser geworden als das Spiel. Aber viel stärker als in Spanien oder England hat sich das Publikum dabei auch vom eigentlichen Ereignis losgelöst: Wie viele kommen überhaupt noch wegen des Spiels? Und wie viele wegen der Stimmung, die sie selbst erzeugen?“

Für mehr Fußball

Stefan Hermanns (Tagesspiegel) registriert eine zunehmende Ablehnung von Schwalben in der Bundesliga und führt dies auf den Nutzen zurück, der mit einer sauberen Spielweise verbunden sei: „Der deutsche Fußball ringt sich immer mehr dazu durch, Schwalben und andere Betrügereien generell zu ächten, nicht nur dann, wenn sie der eigenen Mannschaft schaden. Im neuen Verhaltenskodex für die Nationalspieler soll sich ein entsprechender Passus befinden, auch Herthas Trainer Lucien Favre hat sich deutlich gegen die alltäglichen Betrügereien positioniert. Das ist erfreulich. Es geht hier nicht um billige Altmännermoral. Die Ächtung der Schwalben folgt einer nüchternen Analyse: Was bringen sie? Und welche Spätfolgen sind zu erwarten? Wer sofort erwischt wird, sieht Gelb; wer später überführt wird, bleibt im öffentlichen Gedächtnis und vor allem bei den Schiedsrichtern für immer als Schummler haften. Jörgen Pettersson zum Beispiel hat sich in seiner Karriere so oft fallen lassen, dass er später nicht mal bei klaren Fouls einen Elfmeter bekam. Die Elfmeterschinderei passt bestens in das düstere Sittengemälde des deutschen Fußballs. Nirgends wird mehr reklamiert, gemeckert, geschummelt, geschauspielert als bei uns – und damit das Spiel lahmgelegt. Nur in zweiter Instanz ist der Kampf gegen Schwalben daher ein Kampf für mehr Moral. Er ist vor allem ein Kampf für: mehr Fußball.“

Möllers Erbe

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