Bundesliga
Es gibt in der Bundesliga viele andere Vereine, bei denen es besser und lauter ist
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| Donnerstag, 15. November 2007Die Nachricht des Tages: Uli Hoeneß wird für seinen unprofessionellen Auftritt auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern nicht mit Rücktrittsforderungen konfrontiert, wie das, wäre er Politiker oder Mann der Wirtschaft, sicher geschehen wäre – aber der Fußball hat eigene Gesetze. Die Kritik an seiner „Rede“ hält an, wird aber leiser, und die Vereinsführung gibt inzwischen etwas klein bei
Die FAZ spricht heute mit Felix Redetzki, dem Vorsitzenden des FCB-Fan-Klubs Red Sharks, über Hoeneßens Argumente und die Beziehung zwischen Verein und Anhängerschaft. Sein Empfinden, als er den schnaubenden Hoeneß sah, schildert Redetzki so: „Das war nur schwer verdaulich. Aber der Eindruck auf den Mitgliederversammlungen beim FC Bayern ist generell: Je vernünftiger und intelligenter die Beiträge, desto mehr werden die zerrissen. Kritische Stimmen werden einfach nicht aufgegriffen. Ich habe den Saal verlassen, weil es mir gereicht hat, dass auf vernünftige Argumente nicht eingegangen wird.“
Die Beobachtung, dass die Atmosphäre bei Bayern-Heimspielen schlechter geworden sei und diese Entwicklung an der Zusammensetzung der Zuschauer liege, teilt Redetzki: „Die Stimmung ist beschissen, Note 6, ein totales Trauerspiel. Für mich liegt das vor allem daran, dass sich das Publikum insgesamt gewandelt hat. Natürlich wären gegen Bolton früher ins Olympiastadion höchstens 30.000 gekommen, aber auf den Sitzplätzen in der Arena sind heute fast nur noch Touristen. Ich kenne viele Münchner, die gar nicht mehr hingehen. Das mit dem Konsumtempel stimmt schon. Man spürt, dass man da nicht mehr so willkommen ist. Vielen im Verein wäre es doch am liebsten, wenn es die ganze Südkurve gar nicht mehr gäbe. Es gibt in der Bundesliga viele andere Vereine, bei denen es besser und lauter ist, wo die Stimmung nicht aus der Kurve, sondern aus dem ganzen Stadion kommt, zum Beispiel in Dortmund.“
Auf die Frage, ob die Klubführung prinzipiell auf die Fans eingehe, antwortet Redetzki differenziert: „Hoeneß beschäftigt sich zumindest damit. Ich glaube schon, dass er weiß, dass da zur Zeit etwas schiefläuft. Aber jemand wie Rummenigge, der noch nie in der Südkurve war, hat doch von der Fan-Szene überhaupt keine Ahnung.“ Hoeneßens Entgegnung, der Verein brauche die reichen Leute im Stadion (um ihnen dann „das Geld aus der Tasche zu ziehen“), erwidert Redetzki: „Die Champions League gewinnen will jeder. Die Frage ist: Um welchen Preis? Ich muss nicht unbedingt jedes Jahr die Champions League gewinnen.“ Sein Fazit: „Ob ich heute noch einmal Fan werden würde, da wäre ich mir nicht so sicher. Es kommen jedenfalls immer weniger Leute nach.“
„Wehret den Anfängen!“ Vor diesem heiklen historischen Zitat macht die Bayern-Führung in ihrem offenen Brief an alle Fans, in dem sie halb um Zustimmung, halb um Verzeihung wirbt, keinen Halt. Auch fragt man sich nach der Lektüre: Gibt es in der Bayern-Kurve tatsächlich noch „Kutten“-Träger, wie der Brief nahe legt, oder haben Hoeneß, Rummenigge und Hopfner einfach keine Ahnung, wer dort steht?