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Bundesliga

Der Münchner Pulverdampf wird sich bald wieder verziehen

Oliver Fritsch | Freitag, 16. November 2007 Kommentare deaktiviert für Der Münchner Pulverdampf wird sich bald wieder verziehen

Nicht nur Contra, heute auch mal Pro zum Thema Uli Hoeneß, sein Gemüt, die Fans und Champagner im Stadion / „Wäre es möglich, dass Beckenbauer nur deshalb als Lichtgestalt rüberkommt, weil er in unmittelbarer Nähe der Haudraufis Rummenigge und Hoeneß unwillkürlich Weltmännischkeit ausstrahlt?“ (Volk ohne Raumdeckung) / Lukas Podolski, „Leidtragender einer phantasielosen und verfehlten Personalpolitik“ (NZZ)

Roland Zorn (FAZ) hat Uli Hoeneß in sein Herz geschlossen und kann ihm nicht verübeln, dass er auch mal in die Luft geht: „Wenn die Richtigen die falsche Tonlage treffen, ist das Erschrecken erst einmal groß. Uli Hoeneß, die Personifizierung und Identifikationsfigur des FC Bayern München, hat mit seiner derben Fan-Schelte Wind gesät und Sturm geerntet. Daraus jedoch auf ein nachhaltig gestörtes Verhältnis des Managers zur Basis des über 100.000 Mitglieder starken deutschen Kultklubs zu schließen, wäre nicht richtig. Gerade an diesem Standort der Liga war die Spannbreite zwischen denen, die zusehen, um gesehen zu werden, und denen, die die Fankurve füllen, schon immer besonders groß. Bayern steht mehr als jeder andere deutsche Klub für großes Geld und große Welt im Fußball. Gerade Hoeneß hat in Kenntnis dieser Polarität stets die Sorgen und Wünsche der Südkurve gehört und, wo immer möglich, geholfen – schon zu den Zeiten, da Bayern im zugigen Olympiastadion spielte. Weil das auch diejenigen wissen, die sich über den Ausfall des Managers besonders geärgert haben, wird sich der Münchner Pulverdampf bald wieder verziehen. (…) Hoeneß selbst wird auch in Zukunft der Champion der Underdogs bleiben.“

Ein Mensch wie Du und ich: Uli Hoeneß holt sich einen Fasserriss (via Trainer Baade)

Natürlich sollte im Stadion der Schal und die Mütze gekauft werden

Michael Stefovic, Mitglied des Fan-Clubs Bayern Kings, stellt sich auf eurosport.de dankend auf Hoeneßens Seite: „Ich fand die Reaktion von Hoeneß ganz gut. Es kann nicht sein, dass der Vorstand für die Stimmung im Stadion verantwortlich gemacht wird. Die Verantwortlichen des FC Bayern haben uns den Bau des neuen Stadions ermöglicht, für die Stimmung sind ganz alleine die Fans zuständig. Herr Hoeneß hat durch seine emotionalen Äußerungen ein Zeichen gesetzt, hat gezeigt, dass er Mensch ist und mit ganzem Herzblut am FC Bayern hängt.“ Auch die – Ökonomen, weggehört! – Subventionspolitik des FCB stützt Stefovic in großer Dankbarkeit: „Ich empfinde die Logen als notwendiges Übel zur Finanzierung des ganzen Projekts Allianz-Arena. Natürlich ist es kein schönes Bild, wenn in der Halbzeitpause die halbe Haupttribüne leer gefegt ist, weil sich die Leute alle in ihre Logen zum Essen und Trinken zurückziehen. Aber dafür zahlen sie auch sehr viel Geld und dafür müssen wir Fans dankbar sein, denn deswegen profitieren wir im Vergleich zum Rest der Liga von günstigen Eintrittspreisen.“

Zudem fordert er die Fans zu stärkerem „Support“ und größerem Dank auf: „Der Fußball ist im Laufe der Jahre zu einem großen Geschäft geworden. Das ist aber nicht nur bei Bayern so, dieses Phänomen ist überall zu beobachten. Natürlich sollte im Stadion auch die Wurst und das Bier verzehrt werden, oder hin und wieder mal der Schal und die Mütze gekauft werden, dass noch zusätzliche Einnahmen generiert werden.“

Zensur

Ralf Busch, der Sprecher der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fan-Projekte in Deutschland, hingegen erwidert im Tagesspiegel: „Die schlechte Stimmung in München ist ein Zeichen dafür, wie angespannt das Verhältnis zwischen Fans und Vereinsführung ist. Vor kurzem haben Mitglieder des Fanklubs Schickeria auf einem Rastplatz eine Schlägerei angezettelt, bei der eine Frau verletzt wurde. Danach wurden Stadionverbote ausgesprochen, und über 500 Fans haben keine Dauerkarte mehr erhalten. Und dies nur, weil sie über eine Sammellliste der Schickeria Karten bestellt hatten. Das war eine Art Sippenhaft – allen wurde unterstellt, potenzielle Gewalttäter zu sein. Da ist eine Vertrauensbasis verloren gegangen.“

Zur Diskussion über die „Champagner“-Fans fügt er hinzu: „Die Leute in den Logen sind auch die ersten, die wegbleiben, wenn die Leistung nicht stimmt. Das unterschätzt der Herr Hoeneß. Die Leute in den Logen gehen doch dahin, weil der Fußball so ist, wie er ist, mit der Stimmung und allem. Und dafür sorgen in erster Linie die Fans. Deshalb fühlen sie sich manchmal benutzt für das Image, das der Verein nach außen abgibt – und wenn dann mal Kritik von ihnen geäußert wird, fühlen sie sich oftmals vom Verein abgebügelt.“

Buschs fällt allgemein aus: „Die Manager müssen akzeptieren, dass es kritische Fans gibt und das eben nicht einige wenige Störenfriede sind, sondern sie für die anderen Fans sprechen. Wenn man das nicht lernt, wird es noch mehr atmosphärische Störungen wie Stimmungsboykotte und Stadionverbote geben. Stattdessen werden die Hürden im Stadion immer höher. Selbst bei Choreographien – das muss alles vorher angemeldet werden und dann aus brandfestem Material sein und so weiter. Und wenn dann kritische Transparente und Banner ganz verboten werden, ist dies für die Fans Zensur.“

Weltmännischkeit

Volk ohne Raumdeckung bleibt kopfschüttelnd an einem Rummenigge-Zitat über Hitzfelds Verhandlung mit der Schweiz hängen („Sollen wir uns irritieren lassen, dass mit einem Herrn Lämmli oder Schwämmli gesprochen wird?“) und macht sich Gedanken über Provinzialität und Mondänität: „Es gibt nur noch einen, der Hartmut Mehdorn den Titel ‚Manager des Jahres’ streitig machen kann. Karl-Heinz McRummenigge, der Mann der den FC Bayern zu einer Weltmarke hochsterilisieren möchte, und dabei einen unvergleichlichen Umgangston kultiviert hat. Insider berichten, die Angestellten des FC Bayern, vom sympathischen Jahrhunderttalent Lukas Podolski bis zum kurz vor dem Rückfall stehenden Magengeschwüroholiker Ottmar Hitzfeld, bezeichnen sich intern nur noch als Rummenigger, weil der Master of Insults and Injuries gar so gerne öffentlich und derb vom Leder zieht. Irgendjemand muss ihm eingeflüstert haben, Management sei eine Spielart von Triumph des Willens, und ein paar kernig dahingebratzte Leitsprüche reichten aus, um alles wieder ins Lot zu bringen. Ballack schwächelt – McR ruft ihn in der Winterpause zum besten Fußballer Europas aus. Podolski neben der Spur – McR befiehlt ihm besser zu spielen. Vier von fünf Pflichtspiele ohne Sieg: ‚Ottmar ist nicht entmündigt.’ Da ist mir der beleidigte Leberwurstfabrikant Hoeneß noch viel lieber, in seinem authentischen bajuwarischen Bierzeltfuror. Eine Abteilung Attacke, die sich schon mal in den eigenen Arsch beißt, wenn dieser aufmüpfig wird. Wäre es möglich, dass Beckenbauer nur deshalb als Lichtgestalt rüberkommt, weil er in unmittelbarer Nähe dieser Haudraufis unwillkürlich Weltmännischkeit ausstrahlt?“

Wir haben heute morgen mal nachgeschaut – nur zu Ihrer Information: Google und Ebay gibt es noch. Man musste sich ja schon Gedanken machen nach den erratischen Anspielungen aus der Zentrale der Weltmacht an der Säbener Straße.

Leidtragender einer phantasielosen und verfehlten Personalpolitik

Stefan Osterhaus (Neue Zürcher Zeitung) fragt sich, was Lukas Podolski noch in München verloren hat: „Die Frage, warum Hoeneß einen Spieler für zehn Millionen Euro gegen den Willen des damaligen Trainers Felix Magath nach München lotste, blieb unerörtert. Podolski in München, das ist ein großes Missverständnis. Er ist der Leidtragende einer phantasielosen und verfehlten Bayern-Personalpolitik, die in diesem Jahr mit sehr viel Geld und Transfers im großen Stile korrigiert wurde. Und genau darin liegt das Problem des gebürtigen Polen: Gegen Luca Toni und Miroslav Klose hat er nichts zu bestellen. Wer Toni, dem wendigen Riesen, und Klose, dem explosiven Allrounder, zuschaut, der mag partout nicht mehr an die Zukunft des Kölners in München glauben.“

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