Deutsche Elf
Warum geht das nicht beim FC Bayern?
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| Montag, 19. November 2007Die Journalisten gönnen Lukas Podolski seine herausragende Leistung beim 4:0 gegen Zypern von ganzem Herzen und feiern Bundestrainer Joachim Löw dafür, dass er weiß, was er mit dem zuletzt blassen Stürmer anzufangen hat – im Gegensatz zu dessen Heimatklub
Andreas Lesch (Berliner Zeitung) gratuliert dem Bundestrainer zu seiner Entscheidung, Podolski als Linksaußen aufzustellen: „Seine Laufbahn als Stürmer drohte in der Sackgasse zu enden, doch Joachim Löw hat Podolski nicht nur eine neue Position gegeben, sondern eine Perspektive für seine Karriere. Er hat die sportlich nebensächliche Partie als Test genutzt, aber er hat nicht neues Personal oder eine neue Taktik erprobt, sondern einen neuen Podolski. Er hat die Außenbahnen im Mittelfeld mit Podolski und Clemens Fritz sehr offensiv besetzt und dadurch das Angriffsspiel belebt. Löw hat mit dieser List bewiesen, dass er extrem kreativ ist und dass er Lösungen findet, auf die sonst niemand kommt. Er hat Ideen, die so simpel sind wie brillant. Er kennt die Stärken und Schwächen seiner Spieler, er analysiert sie exakt und stellt jeden Akteur früher oder später auf die ideale Position. Er hat die Fachwelt überrascht und die Möglichkeiten, die in seinem Aufgebot schlummern, perfekt genutzt; er ist wieder mal neue Wege gegangen – in diesem Fall, indem er Podolski neue Wege gehen ließ. Er hat ihn in den vergangenen Wochen nicht nur klar kritisiert, sondern ihm jetzt auch klar einen Weg aus seiner Schaffenskrise gezeigt.“
Christof Kneer (SZ) stimmt zu, verlangt von Podolski aber bessere Abwehrarbeit: „Ja, es war nur Zypern, eine freundliche, nicht sehr aufsässige Elf, deren Stürmer oft nett angriffen, um dann noch netter stehen zu bleiben, was den Deutschen großzügig Räume eröffnete – es war nur Zypern, dennoch darf als Erkenntnis des Spiels hängen bleiben, dass Deutschland zurzeit einen Bundestrainer hat, dessen Innovationskraft den einheimischen Fußball belebt. (…) Womöglich hat der neue Flügeltrend dem deutschen Fußball eine spektakuläre personelle Erkenntnis verschafft. Diese Spielweise erscheint wie erfunden für Podolski: Sie betont seine Stärken und kaschiert seine Schwächen. Womöglich markiert dieses Spiel das endgültige Ende des Sommermärchens. Womöglich heißt es bald nicht mehr Schweini & Poldi, sondern Schweini oder Poldi – sie sind jetzt Konkurrenten. Ob Podolski im Mittelfeld eine dauerhafte Option ist, wird sich gegen forderndere Gegner erweisen müssen – sein Defensivverhalten ist in dieser Rolle stark ausbaufähig, was im Zentrum Hitzlsperger zu spüren bekam, der gar nicht so viele Laufwege machen konnte, wie da manchmal Löcher klafften.“
Michael Horeni (FAZ) hört Zweifel und Sorgen aus Podolskis Worten: „Es war ein Spiel von Podolski, wie er es lange nicht mehr erlebt hatte. Er erzielte ein Tor selbst, zwei weitere bereitete er erstklassig vor. Er war kombinationsstark und torgefährlich, wendig und wuchtig, schnell und präzise und zu alldem taktisch auch noch sehr klug. Er war der beste Spieler auf dem Platz, und die Fans riefen seinen Namen. Nach seinem herausragenden Auftritt war die Zeit für Podolski dann aber schon wieder begrenzt. Nur sieben Minuten gestand der Mediendirektor DGB dem Mann des Tages auf der Pressekonferenz zu. Das Flugzeug nach Frankfurt wartete. Aber diese sieben Minuten genügten, um einen Lukas Podolski zu erleben, der mit dem Lukas Podolski der ersten Jahre bei der Nationalmannschaft nicht mehr viel gemeinsam hatte. Bisher glaubte man ja, dass er mit einem außergewöhnlichen Talent zum Fröhlichsein gesegnet sei oder dass es zumindest keiner großen Ereignisse bedürfe, um die Fröhlichkeit in ihm zu wecken. Aber in diesen sieben Minuten spricht Lukas Podolski sehr ernst in die Kameras. Er will einfach nicht fröhlich sein, oder er kann es nicht. Trotz des schönen Spiels. Dass Lukas Podolski in den letzten eineinhalb Jahren, seit er zum FC Bayern München gehört, seine besten Leistungen immer wieder in der Nationalmannschaft zeigt, ist mittlerweile schon so etwas wie das sportliche Podolski-Naturgesetz. Und die Frage, die sich mit diesem Phänomen verbindet, kennt er mittlerweile auch schon zur Genüge: Warum geht das nicht beim FC Bayern?“
Podolskis Wellnessoase
Marko Schumacher (Stuttgarter Zeitung) ergänzt: „Kein Zufall, dass Podolskis große Gala wieder einmal in einem Länderspiel zur Aufführung gekommen ist und nicht bei seinem Heimatverein, dem FC Bayern. Die Nationalmannschaft ist so etwas wie Podolskis Wellnessoase. Hier fühlt er sich zu Hause, hier spürt er die Anerkennung, die er in München vermisst, hier ist er ein anderer Mensch. In München spürt Podolski kein Vertrauen, dort sitzt er meist auf der Ersatzbank – und wenn er doch mal spielen darf, zeigt er, wie vor einer Woche in Stuttgart, nicht selten unterirdische Leistungen. Bisher jedenfalls war sein Wechsel nach München ein einziges Missverständnis.“
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