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Internationaler Fußball

Potenzial für Überraschungen

Oliver Fritsch | Mittwoch, 21. November 2007 Kommentare deaktiviert für Potenzial für Überraschungen

Olaf Sundermeyer (Neue Zürcher Zeitung) führt die erstmalige EM-Qualifikation Polens auf die Arbeit des Trainers zurück und erteilt dem Verband Ratschläge: „Leo Beenhakker gilt als Reformer des polnischen Fußballs, der immer noch mit den Seilschaften des Postkommunismus durchzogen ist. Er ist der erste Ausländer in diesem Job. Dank seinem Erfolg wird sein Einfluss nun wachsen. Bisher ging es dabei nur um das Umfeld der Nationalmannschaft, das nach internationalen Maßstäben unprofessionell organisiert war. Aber Polen wäre gut beraten, wenn Beenhakkers Professionalität auch auf den Jugendbereich ausgedehnt werden würde. Während man hier immer noch den in Polen aufgewachsenen deutschen Stürmern Lukas Podolski und Miroslav Klose hinterhertrauert, hat beispielsweise der türkische Verband in Deutschland längst einen Stützpunkt errichtet, der türkische Talente frühzeitig anbindet. Für den langfristigen Erfolg müsste Beenhakker auch jungen Spielern aus der heimischen Ekstraklasa eine Chance geben. Bis anhin vertraut er fast ausschließlich auf bewährte ‚Legionäre’. Für den ganz großen Wurf fehlen der Mannschaft allerdings noch einige zentrale Spieler. So wird Polen bestimmt nicht als Geheimfavorit zur Euro 2008 reisen – aber das Potenzial für Überraschungen hat die Equipe allemal.“

FAZ: Sport und Politik in Polen – korrupte Korruptionsjäger

Skepsis und Verdruss

Bertram Job (Neue Zürcher Zeitung) versucht, aus Hollands Mannschaft und Anhängern schlau zu werden: „Ausgerechnet im glücklichen Moment der Qualifikation dominierte fortgesetzte Skepsis und Verdruss die allgemeine Stimmung. In Hollands Fußball wird eben immer noch ein bisschen mehr als anderswo erwartet. Mögen die Ansprüche des kleinen Landes in anderen Dingen oft von ernüchternder Zweckmäßigkeit sein, wie unterschiedslos gebaute Siedlungen und eher dürftige Speisekarten in gehäufter Regelmäßigkeit belegen – sobald der Ball für ‚het spelletje’ rollt, soll alles ästhetisch perfekt sein. Es war allerdings auch oft widersprüchlich, wie die Auswahl des argwöhnisch beobachteten Trainers Marco van Basten sich den Weg nach Österreich und in die Schweiz ebnete. Da erschien etwa die häufig umformierte Abwehr immer wieder labil und wenig abgestimmt. Dennoch ließ sie nur drei Gegentore zu – eine Bilanz, die in Europa nur von der französischen Equipe egalisiert wird. Umgekehrt rieben sich die Fans bereits die Hände angesichts jener Menge an internationalen Topstürmern wie van Nistelrooy, Robben, Kuyt und Co. Wenn es darauf ankam, war aber gerade die mangelhafte Verwertung der optischen Überlegenheit sehr auffällig.“

Mangel an neuen Ideen und Gesichtern

Christian Eichler (FAZ) analysiert gewohnt vortrefflich die Strategieschwäche der Fußballer Englands: „In den letzten Wochen wurde in der Öffentlichkeit die alte Diskussion wiederaufgenommen, was denn faul ist in einem Land, dessen Spieler im Klubteam brillieren und im Nationalteam dilettieren. Die beliebteste Antwort lautete wie stets: Die Ausländer sind schuld. Weil sie angeblich englischen Talenten den Weg versperren. Das kann aber sicher nicht die Länderspiel-Schwächen eines Lampard oder Rooney erklären und schon gar nicht die kollektive Unfähigkeit, die Spielweise dem Spiel anzupassen, also: in einem Spiel zu lernen. Eine Wende, wie sie etwa dem FC Liverpool im Champions-League-Finale 2005 gelang, ein Sieg nach 0:3-Rückstand gegen Milan, ist England in diesem Jahrzehnt nicht einmal auch nur ansatzweise gelungen. Es gibt keine wichtige Partie, in der England in der zweiten Halbzeit besser war als in der ersten. Die wichtigsten Spiele verlor man allesamt nach eigener Führung, wie in den Viertelfinals der WM 2002 und der EM 2004. Das typische englische Ergebnis gegen taktisch starke Gegner ist ein 1:2 nach 1:0-Führung, wie gegen Deutschland im August oder in Russland im Oktober. Es zeigt, dass im englischen Spiel jene taktische Intelligenz fehlt, die nötig wäre, um für Titel in Frage zu kommen.“

Am Nationaltrainer lässt er noch weniger gute Haare und rechnet mit einer kurzen Amtszeit: „Wenn die taktische Intelligenz auf dem Platz fehlt, braucht man sie auf der Bank. Doch in sechs Jahren als Assistenztrainer und in anderthalb als Chef hat Steve McClaren die Mängel in der Feinabstimmung, in der Flexibilität der Spielanlage nur verwaltet, nicht bekämpft. Unter Top-Trainern gilt England deshalb inzwischen als undankbare Aufgabe – junge Spieler rücken kaum nach, die alten haben sich nicht entwickelt. Im vergangenen Jahr, als Sven-Göran Eriksson nach der WM gehen musste, zeigten sich die Top-Trainer der Insel, allesamt keine Engländer, wenigstens noch geschmeichelt, wenn man sie mit dem Posten in Verbindung brachte. Inzwischen klingt es, wenn ein Mourinho oder ein Wenger äußern, dass ein Engländer den Job erledigen müsse, eher wie: Macht euren Mist doch alleine! Es ist das Glück der zweitklassigen Lösung McClaren, dass keine erstklassige seinen Job will – was bald aber auch nicht mehr reichen könnte.“

Auch Raphael Honigstein (FR) kritisiert McClaren: „Verletzungen im Sturm – Wayne Rooney und Michael Owen fallen aus – schränken McClarens Möglichkeiten ein, doch das Festhalten an dem mittlerweile nahezu unbeweglichen David Beckham ist bezeichnend für den ernüchternden Mangel an neuen Ideen und Gesichtern. Der vom interkontinentalen Pendlertum zermürbte Becks geht auf die 100 zu, was die Anzahl der Länderspiele angeht, und beim 98. Match für England, dem 1:0-Sieg in Wien, spielte er bereits mit dreistelliger Langsamkeit. McClaren vertraut trotzdem auf seine Freistöße und Flanken.“

NZZ: Ganz England feiert Israel – Fußball-Auswahl einen Steinwurf von der EM-Teilnahme entfernt

Kein Wunder zu erwarten

Elisabeth Schlammerl (FAZ) rät Österreichs Fans, ja was wohl?, sich von der EM 08 nicht allzu viel zu erhoffen: „Die Erwartungen sind erstaunlich hoch für eine Nation, die ihr sportliches Selbstbewusstsein vornehmlich aus Erfolgen in Skirennen bezieht. Die Helden im Schnee werden verehrt und vergöttert und im Falle einer Niederlage vor allem bemitleidet, aber kaum einmal hart attackiert. Beim Skisport sind die Österreicher leidensfähig, beim Fußball offensichtlich nicht. Der Sieg gegen die Elfenbeinküste hat die unrealistische Hoffnung genährt, dass die EM vielleicht doch zu einem österreichisches Sommermärchen werden könnte, und auch um die Initiative eines Innsbruckers, besser freiwillig auf die Teilnahme zu verzichten, war es in den vergangenen Wochen ruhiger geworden. Auf dem Rasen hat das Land der Berge schon länger keine Helden mehr, da lebt es noch immer vom beinahe dreißig Jahre zurückliegenden Triumph bei der WM 1978 über Deutschland. Der Triumph von Córdoba wird regelmäßig bemüht, selbst auf der Homepage des Österreichischen Fußballbundes fehlt der Hinweis auf diesen letzten glorreichen Moment der Vergangenheit nicht. In der Gegenwart gab es kaum Gelegenheit, sich zu berauschen. Und auch in der nahen Zukunft ist kein neues österreichisches Fußballwunder zu erwarten.“

Das letzte österreichische Fußballwunder

NZZ: Steigerung nach Fehlstart – spanische Auswahl will Gespenster der Vergangenheit bannen

NZZ: Hoffen auf den Wunderdoktor – Finnland unter dem früheren Schweizer Coach Hodgson in Portugal mit EM-Ambitionen

NZZ-Interview mit Nigerias Coach Berti Vogts über Nachteile in Afrika und Vorteile von früher

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