Deutsche Elf
Die fachliche Debatte blieb aus
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| Donnerstag, 22. November 2007Andreas Burkert (SZ) gibt Bierhoff recht und fordert die Liga dazu auf, sich mit der Sache zu befassen: „Bierhoff hat natürlich ein großes Problem: Das Lied ‚Es gibt nur ein’’ Olli Bierhoff’ – das gibt es nicht. Bierhoff ist halt in Italien nur Meister und Schützenkönig geworden, er entschied nur das EM-Finale 1996 mit seinen Toren. Eine Legende wie Völler ist er deshalb noch lange nicht; dafür polarisierte der Stürmer Bierhoff zu sehr, und dafür schloss er ein Studium und einen Shampoovertrag zu viel ab. Aus einem intellektuellen Stürmer wird selten eine Legende. Und wenn so jemand die Liga höflich, aber mit Nachdruck und sogar mehrfach darauf hinweist, dass sie sich womöglich aus gutem Grund ständig im Europacup blamiert – bekommt er ‚zum Arzt gehen’ und ‚Schlaumeier’ zu hören. Und so wurden diese Woche vor allem Eitelkeiten gepflegt. Die fachliche Debatte blieb natürlich aus. Dabei ist die Liga längst in Erklärungsnot geraten angesichts einer seltsamen Diskrepanz zwischen der Euphorie um eine modern wirkende Nationalelf und der Tristesse um international abgehängte Klubs. Darüber sollten die Herren einmal diskutieren. Ausdauernd. Und unter sich.“
Kompetenzüberschreitung
Ralf Köttker (Welt) stört sich an Bierhoffs Stil und fährt ihm übers Maul: „Auch wenn seine Ideen zu Weiterentwicklung des Fußballs oftmals gut und gutgemeint sind, ist die Art der Kommunikation häufig kontraproduktiv. Bierhoff wirkt bisweilen arrogant, besserwisserisch. Er vermittelt durch sein Auftreten und seine Aussagen eine Botschaft: Wir sind innovativ, die Vereine sind inkonsequent. Wir sind modern, die Klubs altmodisch. Durch die vielen Siege lässt er manchmal das nötige Fingerspitzengefühl vermissen. Bierhoff muss einsehen, dass es in seiner Funktion nur ein kleiner Schritt zur Kompetenzüberschreitung ist. Es ist sein Recht, Anstöße und Anregungen zu geben. Aber es steht ihm nicht zu, Vereinen und Trainern Ratschläge zu erteilen und sich in die Führung dieser mittelständischen Betriebe einzumischen.“
Hoffnung
Vermittelnd gesteht Jan Christian Müller (FR) den Klubs zu, in die Zukunft investiert zu haben: „Die alten Fahrensmänner Rudi Völler und Uli Hoeneß werden bei nüchterner Betrachtung einräumen müssen, dass die Vorhaltungen von Oliver Bierhoff zwar wehtun mögen, durch die Ergebnisse deutscher Teams aber gedeckt werden. Denn es handelt sich dabei ja nicht um einzelne Aussetzer, sondern um eine seit Jahren anhaltende Abwärtsbewegung. Auch das Gejammer, der deutsche Fußball sei im europäischen Vergleich finanziell nicht gut genug ausgestattet, bedarf genaueren Hinsehens: Bundesligisten kassieren zwar weniger als die Premier-League-Klubs, sie nehmen jedoch genauso viel Geld ein wie ihre Konkurrenten aus Spanien und Italien. Aber die Vereine der Primera Division und Serie A haben nahezu jeden Cent fürs Personal ausgegeben und ihre Spielstätten derweil dem Pilzbefall überlassen. In Deutschland sind Hunderte Millionen in Stadien und Nachwuchszentren investiert worden. Das lässt für die Zukunft hoffen.“