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Deutsche Elf

Die Gegner sitzen nicht nur in Europa

Oliver Fritsch | Freitag, 23. November 2007 Kommentare deaktiviert für Die Gegner sitzen nicht nur in Europa

Das 0:0 gegen Wales ärgert die FAZ, weil es Rudi Völler und den Traditionalisten in die Hände spielen könnte

Michael Horeni (FAZ) interpretiert das Spiel gegen Wales vor dem Hintergrund des Streits zwischen Oliver Bierhoff und der Bundesliga und ärgert sich darüber, dass es die Mannschaft durch ihr schwaches Spiel verpasst hat, Rudi Völler und Genossen den Wind aus den Segeln zu nehmen. Außerdem kritisiert er die defensive Harmonie Joachim Löws: „Es gibt in der Debatte keine einzige bedeutende Stimme aus der Liga, die sich auf die Seite der Nationalelf stellt. Der alte Konflikt zwischen Traditionalisten und Reformern, der mit der WM beendet und entschieden schien, hat seine Fortsetzung gefunden. Das Liga-Imperium hat bei der erstbesten Gelegenheit gnadenlos und inhaltslos zurückgeschlagen. Löw jedoch leugnete den Konflikt. Er sprach lieber von der erstklassigen Zusammenarbeit mit den Ligatrainern, als seinen Manager zu verteidigen und den Konflikt öffentlich auszuhalten. Auch wenn es zum Konzept der Arbeitsteilung zwischen Trainer und Manager gehören mag, hier der liebe Löw, da der böse Bierhoff, stellt sich die Frage, wer eigentlich die entscheidende Kraft bei der Nationalmannschaft ist – und wer sie in möglichen sportlichen Krisen sein wird und sein kann. Der Bundestrainer jedenfalls wirkte erstmals kraftlos, weil er nur als sportliche Fachkraft auftrat. Das aber reicht nicht, wenn Führungskraft gefragt ist. Auch seine Spieler hatten auf die Attacken aus Leverkusen und der allgemeinen Solidarisierung des alten deutschen Fußballsystems keine entsprechende Reaktion parat. Man kann sagen, dass sie den Kampf verweigert haben. Vielleicht aber haben sie auch nur die Notwendigkeit nicht erkannt, mit entsprechendem Einsatz und Leidenschaft für ein Konzept zu kämpfen, für das es sich zu kämpfen lohnt.“

In einem weiteren Artikel vertieft Horeni seine Sorge um die Spaltung Fußballdeutschlands: „An einem Abend, an dem den WM-Dritten rein gar nichts gelingen wollte, hinterließen die Spieler und der Bundestrainer ihr Publikum ein wenig ratlos – und umgekehrt. Löw tat so, als ob ein sportlicher Reinfall gegen eine international zweitklassige Auswahl zur normalen Schwankungsbreite bei einer ansonsten gelungenen EM-Qualifikationstour gehörte. Das 0:3 gegen Tschechien erwähnte er dabei gar nicht, denn auch dieses Spiel lief bei Löw unter der Rubrik qualifikationstechnischer Sonderfall. Man würde allerdings ganz gerne wissen, ob er auch intern über solche Auftritte so gelassen hinwegredet. Defizite, Schwierigkeiten, Diskussionsbedarf? Jedenfalls nicht für den Bundestrainer, nicht einmal beim Konflikt mit der Bundesliga. ‚Da wird es mit Sicherheit keine Probleme geben. Wir haben einen sehr guten Draht zu den Trainern’, sagte Löw, als ob die Debatte nach Völlers Angriffen gegen Bierhoff nicht schon die Nationalmannschaft isoliert hätte – und damit auch die Philosophie, die Löw und Bierhoff im DFB weiter durchsetzen und auch in den Nachwuchsmannschaften und bei der Trainerausbildung etablieren wollen. Uli Hoeneß, Heribert Bruchhagen, Felix Magath, Horst Heldt oder Rudi Bommer – die Kritik an der von Bierhoff vorgetragenen sportlichen Leitidee kennt in der Liga mittlerweile keine Klassenunterschiede mehr. (…) Die Gegner der Nationalmannschaft, so viel ist vor der Endrunde sicher, sitzen nicht nur in Europa.“

Die Zeit des Kuschelns ist vorbei

Auch Moritz Müller-Wirth (zeit.de) erwartet mehr Verve vom Bundestrainer: „Löw vermittelte den Eindruck demonstrativer Gelassenheit, die in manchen Punkten schon an Ignoranz zu grenzen schien. Als er dann auch noch das hoch emotionale Scharmützel zwischen Völler und Bierhoff über die Qualitäten von Nationalelf und Bundesliga unter den ‚Alles-in-Butter’-Teppich kehrte, stellte sich mancher die Führungsfrage: Was wohl veranlasst diesen klugen, zielstrebigen, erfolgreichen und beliebten Mann, in dieser Situation so gar keine Anzeichen von Problembewusstsein aufscheinen zu lassen? Die Frage bleibt wohl bis auf weiteres unbeantwortet.“

Andreas Lesch (Berliner Zeitung) hält den Unmut der Fans für eine gute Vorbereitung auf kommende Aufgaben: „Der Abschluss des Jahres 2007 deutet an, dass das Jahr 2008 für die deutschen Fußballer wohl nicht so leicht laufen wird wie gedacht. Die Pfiffe von Frankfurt könnten sich in diesem Lernprozess sogar noch als hilfreich erweisen: Sie bereiten die Mannschaft, die noch den wärmenden Applaus der Heim-WM 2006 im Ohr hat, auf die ungemütliche Atmosphäre einer EM in der Fremde vor. Sie zeigen ihr: Die Zeit des Kuschelns ist vorerst vorbei.“

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