Bundesliga
Leverkusener Planwirtschaft, Berlins neuer Maßstab Duisburg
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| Dienstag, 11. Dezember 200716. Spieltag, Teil 2, die Sonntagsspiele: Bayer Leverkusen kann die Beobachter wieder entzücken und deren Phantasie beleben / Wenn Berlin verliert, gibt’s meistens Spott, wenn Nürnberg gewinnt, herrscht Erleichterung in der Presse; nun kommen sich beide Klubs in der Tabelle entgegen und treffen sich in der Gefahrenzone / Ottmar Hitzfeld, bloßgestellter Erfolgstrainer
3:0 gegen Hansa Rostock, Platz 4 in der Tabelle – Gregor Derichs (FAZ) goutiert, dass sich Bayer Leverkusen vom jüngsten Höhenflug nicht zu großen Worten verleiten lässt: „Wegen der spielerischen Eleganz, gepaart mit hoher Effektivität, die das junge Team bei seinen zuletzt tadellosen Auftritten präsentierte, stufen nicht wenige Kenner den viermaligen deutschen Meisterschaftszweiten als potentiellen Titelkandidaten ein. Das Team wird mit einem Maß an Lob bedacht, das fast schon an beste Zeiten in der Champions League erinnert. (…) Aufsteiger Rostock, der äußerst harmlos und brav auftrat, durfte gerade einmal vier Minuten von einem Punktgewinn träumen. Nach dem ersten Tor von Rolfes dominierten die Leverkusener nach Belieben. Aber Trainer Michael Skibbe reagiert auf den starken Aufwärtstrend zurückhaltend. Er denkt nicht daran, die Position des Außenseiters aufzugeben, obwohl seit Anfang November der Rückstand auf den FC Bayern um sieben Punkte geschrumpft ist. Er möchte seine Mannschaft, die er in einem Umbruch sieht, offenbar von Druck verschonen. Der Neuaufbau ist ein Langzeitprojekt.“
Philipp Selldorf (SZ) fügt hinzu: „Das Mittelfeld-Quartett mit den Paaren Castro/Rolfes und Freier/Barnetta stieß ständig wie ein Pfeil gegen die Rostocker Deckung vor – in der zweiten Hälfte dann auch mit der fälligen Wirkung. Bayer kommt konstant voran, und was unvermeidlich folgte, waren Fragen an Skibbe, ob er nicht die auf Uefa-Cup-Maßstäbe beschränkten Ansprüche korrigieren möchte: Wie erwartet verneinte Skibbe. Die Leverkusener Planwirtschaft sieht den Angriff auf die Bayern erst 2010 vor.“
Klassenverbleib, nun ein Thema für Nürnberg u n d Berlin
Michael Jahn (Berliner Zeitung) schickt Hertha BSC nach dem 1:2 in Nürnberg an den Hang: „Zuletzt präsentierte sich Hertha als eine lockere Ansammlung von egoistischen Individualisten. Das Unerklärliche ist: Zu Beginn der Saison gefiel die Mannschaft mit mutigem, ansehnlichem, strukturiertem Fußball. Das Engagement jedes Einzelnen war groß. Derzeit aber zeigt sich Hertha BSC als lustloser, lebloser Haufen – mit einer Ausnahme: Marko Pantelic. Er ist momentan der einzige Spieler, der die positive Bezeichnung Typ verdient. Zugegeben: Der Umbruch im Sommer mit neuem Trainerstab, vierzehn Abgängen und acht Zugängen, war brachial und ist wohl von keinem Team reibungslos zu verkraften. Trotz der Widrigkeiten bleibt unerklärlich, warum die Mannschaft ihren Trainer nicht mehr versteht. Derzeit schafft es Hertha BSC meist gerade einmal fünfzehn Minuten lang, ordentlichen Fußball zu spielen. Eine Regeländerung, Spiele auf diese Dauer zu begrenzen, ist aber nicht bekannt geworden. Vielleicht haben sie sich bei Hertha zu viel mit schönen Visionen beschäftigt statt mit der Realität.“
Jürgen Höpfl (FAZ) hatte durch Berlins Anschlusstreffer in der zweiten Halbzeit mehr Aufbruch und Gefahr erwartet: „Wer den zuvor kaum aktiv in Erscheinung getretenen Berlinern nun einen Sturmlauf zum Ausgleich zugetraut hatte, überschätzte den stagnierenden Hauptstadtklub: Ein wenig mehr Aufmerksamkeit und sichere Ballkontrolle genügten den Nürnbergern, um den Vorsprung fast mühelos zu verteidigen und die Abstiegsränge gerade noch rechtzeitig vor Weihnachten zu verlassen. Es war der erhoffte, ersehnte Erfolg, der noch höher hätte ausfallen können, ohne dass sich die Mannschaft Lucien Favres hätte beschweren dürfen: Seit dem Pokalfinale am Pfingstsamstag hat der ‚Club’ keine ähnlich bemerkenswerte, auf den Punkt präzise und fein anzuschauende Vorstellung abgeliefert – und vor allem hat er seither keinen Gegner mehr dermaßen souverän beherrscht.“
Markus Schäflein (SZ) beschreibt, wie sich die beiden Klubs entgegenkommen: „Entschieden hatte sich die Partie in der ersten Halbzeit, als die Nürnberger den Schwung aus einem gelungenen Uefa-Cup-Abend erstmals in das folgende Bundesligaspiel mitnahmen, während die Berliner narkotisiert wirkten. (…) Das Thema Klassenverbleib, das die Nürnberger trotz steigender Leistungskurve noch lange beschäftigen wird, steht auch bei Hertha BSC auf der Tagesordnung. Nur fünf Punkte trennen die Berliner noch von Platz 16. Wenn die Berliner gegen Bayern München nicht gewinnen, überwintern sie in der bedrohlichen Zone. Kapitän Arne Friedrich machte sich Mut: ‚Warum sollten wir denn nichts holen gegen Bayern? Duisburg hat gegen die doch auch was geholt.’ Da stimmten zumindest die Maßstäbe.“
Bloßstellung
Jörg Hanau (FR) ergänzt die Liste derer, die Indizien für eine Trennung Bayern Münchens von seinem Trainer in naher Zukunft erkennen: „Es ist gerade einmal viereinhalb Wochen her, als Karl-Heinz Rummenigge Ottmar Hitzfeld öffentlich wie intern bloßstellte. Ein gezielter Hieb mit dem verbalen Säbel. Der Bayern-Boss führte die Klinge angeblich ‚als Freund und Partner’ und wurde nicht müde zu erwähnen, dass es erst dann gefährlich für einen Trainer werden würde, sollte er ihn nicht mehr vor laufenden Kameras kritisieren. Seither kriselt sich der Tabellenführer in die Winterferien, Hitzfeld verwaltet nach dem 0:0 gegen Duisburg scheinbar tatenlos den Stillstand – und Rummenigge schweigt beharrlich. Gefahr in Verzug. Das war’s dann wohl. Es wäre nicht das erste Mal, dass ihn Rummenigge in Frage stellt und er kurz darauf abdanken müsste.“
taz: Zu alt, schlecht ausgebildet, zu deutsch – Wirtschaftsprüfer halten wenig vom Führungspersonal der Erstligaklubs