Bundesliga
Der vermeintliche Weltklub Bayern München
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| Donnerstag, 3. Januar 2008Die Journalisten reagieren mit fassungslosem Unverständnis auf Bayern-Manager Uli Hoeneß, der einem Journalisten bestätigt hat, dass sich der Klub und Trainer Ottmar Hitzfeld im Sommer trennen werden
Sebastian Krass (Berliner Zeitung) kritisiert: „Uli Hoeneß hat die ohnehin schon chaotische Kommunikation des FC Bayern zum Trainerthema in den vergangenen zwei Monaten um einen neuen und kuriosen Höhepunkt bereichert. Hoeneß und sein Nebenmann Karl-Heinz Rummenigge, nehmen sich immer wieder das Recht heraus, Themen in der Öffentlichkeit zu platzieren, wie es ihnen gerade beliebt – ohne Rücksicht darauf, dass sie damit für Unruhe im Verein sorgen und dem Unternehmen schaden. Nun werden die Bayern in der zweiten Saisonhälfte mit der Gefahr leben müssen, dass die Autorität eines Trainers, dessen Abschied beschlossen und öffentlich ist, ständiger Erosionsgefahr ausgesetzt ist.“
Andreas Hunzinger (FR) stimmt ein: „Hitzfeld wird seine zweite Amtszeit an der Säbener Straße nach nur eineinviertel Jahren wieder beenden. Und das durchaus aus gutem Grund. Er hat es nicht nötig, sich von Rummenigge wie ein Hanswurst schulmeistern und lächerlich machen zu lassen. Der Gentleman Hitzfeld wird das nicht offen sagen. Aber er hat gemerkt, dass es beim vermeintlichen Weltklub Bayern München mit dem Niveau oft nicht so weit her ist, wenn sich die Trennung von einem Trainer abzeichnet.“
Führungspersonal gedemütigt
Peter Heß (FAZ) verweist auf die abschreckende Wirkung des Hoeneß-Stils und den Ansehensverlust für den Verein: „Man kann nur spekulieren, was Hoeneß zu diesem Frühstart ins Fußballjahr bewogen hat: Vielleicht riet ihm ein Horoskop dazu, schnell reinen Tisch zu machen. Vielleicht formte sich beim Bleigießen in der Silvesternacht ein Figürchen im Löffelchen, das Hoeneß dazu animierte. Vielleicht war der Manager in seiner Eitelkeit gekränkt, weil sich Hitzfeld mit Schweizer Funktionären getroffen hatte. Professionelle, logische Gründe sind nicht zu erkennen. Hoeneß schadet mit seinem Verhalten seinem Ruf und dem seines Vereins als verlässliche und loyale Vertragspartner und erschwert damit die neue Trainersuche zusätzlich. Wer mag schon für einen Klub arbeiten, der sein Führungspersonal demütigt, sobald es sportlich nicht ganz glatt läuft? Gestandene Trainerpersönlichkeiten, die schon mit großen Mannschaften großer Vereine Triumphe feierten, werden zumindest die Stirn krausziehen, wenn sie das Angebot eines solchen Klubs überdenken.“
Spiel um Macht
Klaus Bellstedt (stern.de) kann eine vorzeitige Entlassung Hitzfelds nicht ausschließen: „Sollten die ersten Spiele der Rückserie danebengehen, werden die Bosse eiskalt und ohne mit der Wimper zu zucken handeln. Auch weil die in langen Profijahren geformten, also höchst erfahrenen Vorstände Rummenigge und Hoeneß derzeit einen hektischen, gar nervösen Eindruck vermitteln. Von den 70 Millionen Euro, die vor der Saison allein für Ablösesummen mutig investiert wurden, fühlen sie sich enorm unter Druck gesetzt. In letzter Konsequenz ginge es also auch um ihre Köpfe. Aber davor opfert man immer noch schnell den Trainer. Und die früheren Verdienste Hitzfelds, all die Erfolge? Guter Witz! In München tobt ein gefährliches vielleicht sogar schmutziges Spiel um die Macht. Und es kann eigentlich nur einen Verlierer geben. Ein Ende, das Ottmar Hitzfeld nicht verdient hätte.“
Baby Schimmerlos hätte seine Freude
Klaus Hoeltzenbein (SZ) amüsiert sich prächtig im FC-Bayern-Komödienstadl: „Prosit, Neujahr! War es ein Rechercheüberfall vor dem Restaurant des Bayern- und Fernsehkochs Alfons Schuhbeck am Münchner Platzl? Mal dahingestellt, denn der Bild-Reporter und der Manager rangeln seit Jahrzehnten um Wohl und Wehe des Vereins. Sollte sich Regisseur Helmut Dietl aber doch dazu durchringen, eine Fortsetzung von Kir Royal zu drehen, die Silvester-Szene vom Platzl, nahe dran am Hofbräuhaus, sei wärmstens empfohlen. Ohnehin präsentierte der FC Bayern auch 2007 wieder extreme folkloristische Talente. Ob nun Kapitän Kahn von der Weihnachtsfeier flieht, oder ein anderer Profi öffentlich mit der Freundin rauft; ob Vorstandschef Rummenigge dem Trainer Hitzfeld, einem Mathematiklehrer, sagt: ‚Fußball ist keine Mathematik!’ und ihn dadurch letztlich in den Rückzug drängt, oder Uli Hoeneß den Satz des Jahres unters Fanvolk schreit (‚Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid!’) – Baby Schimmerlos hätte seine Freude an diesem Klub.“