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Champions League

Die Null im Mittelpunkt

Oliver Fritsch | Donnerstag, 21. Februar 2008 Kommentare deaktiviert für Die Null im Mittelpunkt

Schalkes 1:0 gegen den FC Porto trotzt den Fußballjournalisten ein „Immerhin“ ab; Kritik an dem fehlenden Sturmdrang / Rafael Benítez’ Liverpool: schwach in England, stark in Europa

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) bemängelt, dass Schalke sich damit zufrieden gegeben habe, sein Tor zu schützen: „Auf Grund der steil fallenden Leistungskurve musste der letzte deutsche Vertreter in der Königsklasse trotz seines Wunschergebnisses eine Menge Kritik einstecken. Denn es wäre mehr möglich gewesen gegen die wenig überzeugenden Portugiesen. Schalke hat die Möglichkeit verpasst, einen größeren Vorsprung mit nach Portugal zu bringen. Aus dem Spiel heraus entwickelten die Deutschen nicht eine einzige gute Tormöglichkeit nach dem Führungstor, nur ein paar Fernschüsse wirkten gefährlich. Aber es stand eben die Null im Mittelpunkt, und die wird auf Schalke als enorm wertvoll empfunden in diesem Wettbewerb, in dem die kleinen Dinge über das große Glück entscheiden. Logisch, dass sich daraus keiner dieser zauberhaften Europapokalhabende entwickelte, die sich das Event-Publikum in der Arena wünscht.“

Zum Thema Event-Publikum lies die Diskussion über Eintracht-Fans: „Karneval in der Westkurve“

Thomas Klemm (FAZ) ergänzt: „Es durfte allgemein auf- und durchgeatmet werden beim FC Schalke 04, nachdem der Klub sich auf einen Schlag doppeltes Glück beschert hatte: den FC Porto geschlagen und die Selbstzweifel besiegt – die Köpfe waren plötzlich wieder frei von Sorgen. Fast drei Monate lang hatte die Mannschaft mit sich gehadert, weil es ihr einfach nicht gelingen wollte, ein Pflichtspiel mal ohne Gegentreffer zu beenden. Nach dem Spiel gegen Porto war Schalke die Plagegeister, die es nicht gerufen hatte, schließlich los. In null Komma nix war aus der Grübler-Gemeinschaft eine Jubler-Truppe geworden, auch wenn nach einer überzeugenden ersten Halbzeit bis zum Ende gezittert werden musste.“

Sterneköche

Philipp Selldorf (SZ) stellt uns die Verlierer als Fußballschnösel vor: „Jesualdo Ferreiras Spieler deuteten an, dass sie gewiss mehr Angriffskraft und schöpferische Möglichkeiten besitzen, als sie gezeigt haben, aber nebenbei offenbarten sie auch beachtliche Schwächen in ihrer Defensive und einige luxuriöse Marotten, die ihnen ein deutsches Publikum niemals nachsähe. Würde der Flügelstürmer Ricardo Quaresma für Schalke spielen und dort genauso manieriert jeden Freistoß mit dem Außenrist in den Strafraum zirkeln wie ein Sternekoch seine Wachtelbrüstchen garniert, müsste er sehr bald mit Pfiffen und Bierduschen von den eigenen Fans rechnen. Das Bewusstsein der despotischen Herrschaft, die der FC Porto in seiner Liga ausübt, begleitete die Mannschaft von der Atlantikküste ins Ruhrgebiet; es dauerte, bis die Überheblichkeit dem nötigen Realismus Platz machte. In umgekehrter Folge kam bei den Schalkern (Ehr-)Furcht auf. Deshalb war es ein Versäumnis, dass sie aus der überlegen geführten ersten Halbzeit nicht mehr Vorteile mitbrachten als das Tor durch Kevin Kuranyi.“

Zwei Mal Glück gehabt, Schalke – hier und hier

Vertrauensverlust gebremst

Raphael Honigstein (SZ) vermag nicht zu beurteilen, ob der 2:0-Sieg gegen Inter Liverpools Trainer Kredit verschaffen wird: „Verwirrend fanden die Beobachter nicht nur die immense Leistungssteigerung gegenüber dem Barnsley-Match, denn das schmähliche 1:2-Pokal-Aus hatte sogar bei den loyalsten Fans jene Zweifel an der Kompetenz des Trainers erweckt, die bei den amerikanischen Eigentümern Tom Hicks und George Gillett schon länger herrschen. Verwirrend war auch die Tatsache, dass Rafael Benítez augenscheinlich in der Lage ist, sein Lieblingskunststück Jahr für Jahr zu wiederholen: Heldentaten in der Königsklasse machen die beschämenden Ergebnisse im Tagesgeschäft vergessen. Sein vor der Partie als sicher geltender Rauswurf zum Saisonende ist nun wieder fraglich, zumindest bis zum nächsten Schicksalsspiel in Mailand in drei Wochen. Trainer allein am Ausgang solcher K.o.-Spiele zu messen, entspricht einer perversen Logik. Doch in diese Situation hat sich der sture Spanier selbst gebracht, als er vor kurzem sagte, dass die Champions League schwieriger zu gewinnen sei als die heimische Liga. Wenn das stimmt, muss er Grundlegendes falsch machen: Liverpool liegt mit 19 Punkten Rückstand nur auf dem 5. Platz, Benítez ist in seiner Zeit auf der Insel noch nicht einmal Zweiter geworden. Zuletzt schienen selbst die Spieler das Vertrauen in den Coach verloren zu haben. In der Tat lässt sich Liverpools 100. Europapokal-Heimsieg nur mit viel Wohlwollen Benítez’ viel gerühmten Taktikkniffen zuschreiben, dafür fielen die Tore gegen die Italiener arg spät und ein wenig zufällig.“

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