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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Am Grünen Tisch

Der Fußball würde nicht entmenschlicht werden

Oliver Fritsch | Montag, 10. März 2008 Kommentare deaktiviert für Der Fußball würde nicht entmenschlicht werden

Pro und Contra Videobeweis und Chip im Ball

Philipp Selldorf (SZ) hält die Argumente der Gegner technischer Hilfsmittel für Schiedsrichter für an den Haaren herbeigezogen: „In Kombination mit Magnetfeldern im Strafraum und Sensoren an den Toren ist der vom Fifa-Ausrüster Adidas entwickelte Chip-Ball angeblich imstande, die elementare Frage zu klären, ob das Ding drin war oder nicht. Die Gesetzgeber der Fifa misstrauen der Effizienz dieser Technik. Die weiteren Kriterien des Gremiums lassen jedoch darauf schließen, dass sich vor allem eine konservative Furcht vor Veränderung durchgesetzt hat. Von der ‚Allgemeingültigkeit der Regeln’ ist die Rede und davon, dass das System ‚der Autorität der Schiedsrichter geschadet hätte’, wie Blatter anführte. Dieses Argument ist besonders wunderlich. Der Autorität des Schiedsrichters Osmers hat es jedenfalls nicht genutzt, als er 1994 den legendären Schuss von Thomas Helmer ins Aus zum Tor beförderte. (…) Der Fußball würde nicht dadurch entmenschlicht werden, dass man durch Technik Aufschluss darüber erhält, ob der Ball drin war oder nicht. Und er wird andererseits auch nicht dadurch humaner, dass statt der Technik nun Arbeitsplätze für zwei Torrichter eingeführt werden.“

Richard Leipold (FAZ) resigniert: „Es bleibt also dabei: Im Zweifel wird sich die Hilfe von außen für den Spielleiter auf die Wahrnehmung seiner Assistenten beschränken. Dafür mag es Gründe geben, nur sollte man es den Schiedsrichtern dann auch ersparen, Woche für Woche vor irgendwelchen Fernsehgerichten mit technischen Beweisen bloßgestellt zu werden, die sie selbst nicht verwerten dürfen.“

So wie seit hundert Jahren

Drei Ecken, ein Elfer hingegen möchte an Bewährtem festhalten: „Ist es nicht großartig, dass die Tore noch so groß sind wie eh und je? Ist nicht jedem klar, dass eine Abschaffung oder gravierende Änderung an der Abseitsregel das Spiel grundlegend ändern – ich würde meinen: zerstören – würde, und dass wir froh sein können, dass sich die Reformer in dieser Frage nie durchsetzen konnten? Im Prinzip ist es doch romantisch, dass ein gefoulter Spieler auf den Boden fallen muss um einen Freistoß zu bekommen, und dass es einen Strafstoß, wie vor hundert Jahren, nur bei einem Foul im 16er gibt, wo doch die gefährliche Zone heutzutage viel größer ist. Alle tollen High-Tech-Schuhe haben in der Geschichte des Fußballs keine Spuren hinterlassen und ich finde es großartig, dass das Geschehen auf dem Rasen – bei allem Mist, der um den Platz herum bereits passiert – so erhalten bleibt, wie es sein fast hundert Jahren bestand hat. Ich finde es gut, dass das Spiel der Amateure drei Straßen von hier das gleiche Spiel ist, wie das des Champions League Finale in Moskau. Und ich finde es gut, dass das Finale der WM in Südafrika zumindest insofern mit dem Finale 1954 in Bern vergleichbar ist, da es sich um das gleiche Spiel unter den gleichen Regeln handelt. Fußball eben. Kein Tennis und kein Cyberball.“

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