Unterhaus
Verwirrende Rede
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| Mittwoch, 19. März 2008Den Wutausbruch Christoph Daums auf der Pressekonferenz nehmen die Journalisten vornehmlich als gelungenes Kabarett hin
Thomas Klemm (FAZ) wird aus Daums Worten und Blicken nicht schlau: „Mit seinen jüngsten Auftritten hat Daum die Öffentlichkeit verwirrt; vor allem, dass er sich wie ein Einzelkämpfer aufführte, der gegen viele gefühlte Widerstände am Aufstieg arbeitet: gegen die Fans, denen er fehlende Geduld mit der sensiblen Mannschaft vorwarf, gegen die Medien, die partout keine gute Miene zu den schlechten FC-Spielen machen wollen, gegen den Vorstand, der ihm angeblich zu wenig Rückendeckung in der öffentlichen Vertragsdiskussion gebe, und sogar gegen die eigenen Profis, die nicht ‚gestanden’ seien.“
Christoph Ruf (FR) versteht Daums Szene als Trapattoni-Zitat: „Was zehn Jahre und wenige Tage später Daum den Kölner Journalisten entgegen schleuderte, hatte komödiantisch einen ähnlichen Effekt. Angesichts wiederholter ungebührlicher Nachfragen bezüglich seiner mit einer Ausstiegsklausel versehenen Vertragssituation entschwamm dabei auch dem Weltmann Daum (Istanbul, Wien, Leverkusen) wie einst Trapattoni sein Hochdeutsch auf einer Woge angestauter Wut. Darunter kamen jedoch keine denkbar frei übersetzten italienischen Wendungen, sondern das Idiom seiner Duisburger Heimat zu Tage. Daum jedenfalls ‚ey, tschuldigung’, fand ‚et’ unmöglich, ‚wat hier sich abspielt’, und verbat sich Unterstellungen, er lasse seinen ‚Kluub’ durch die gegenwärtige Hinhaltetaktik im Stich. Ganz, als hätten ihm das die Medien eigenmächtig unterstellt und nicht sein eigener Präsident, der gerne die Planungen für die kommende Saison konkretisieren würde und seit jeher die interne Kommunikation über den langen Dienstweg und die große Schlagzeile steuert. In Köln, so hört man, war das auf diversen Servern einsehbare Filmchen mit Daums stark nach Abschied klingendem Ausbruch jedenfalls das dominierende Kneipengesprächsthema des Wochenendes. Eigentlich ungerecht, wo das Publikum doch sonst immer authentische Menschen fordert.“
Peter Stützer (Welt) versucht schon gar nicht mehr, ernst zu bleiben: „Im Hänneschen Theater zu Köln haben sie den Speumanes. Im ersten Fußballklub der Stadt den Christoph Daum. Der Speumanes hat Glubschaugen, er stottert bei Aufregung, und er spuckt beim Schnellsprechen, er speut, daher der Name. Auf Daum haben sie mal Traum gereimt, was aber nicht der Grund gewesen sein kann, ihm den Vertrag seines Lebens zu geben. Er darf alles, muss aber nichts. Gehen oder bleiben, reden oder schweigen – seine Sache. Der Speumanes darf alles, kann aber nichts, so langsam nähern sich die beiden Figuren an. (…) Daum beklagt die hohen Ansprüche der Medien, über seine eigenen wollen wir mal gerade hinweg sehen.“
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Vor zehn Jahren: Ein Trainer sehen, was passieren in Platz.
Vor zwanzig Jahren: Angreifer Daum, Verteidiger Hoeneß, das Bübchen Heynckes und ein lebendiges ZDF-Studiopublikum
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