Internationaler Fußball
Ohne Rezept
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| Mittwoch, 19. März 2008Vor dem Saisonbeginn in zehn Tagen erteilt Rod Ackermann (Neue Zürcher Zeitung) der Hoffnung auf ein Erblühen des US-Klubfußballs eine Absage: „Europa kommt zuerst, alles andere danach, und mag die US-Profiliga noch so laut jammern. Nordamerika bleibt nichts als ein Zwitter aus Entwicklungsland und Gnadenwiese, und dies drei Jahrzehnte nach dem bisher größten Hilfsangebot der Außenwelt, dem Engagement von Pelé und Beckenbauer in New York. Doch alle Jahre wieder lassen die Soccer-Propagandisten ihre Sirenengesänge erschallen, untermalt mit unvermeidlichen Hinweisen darauf, dass die Kids beiderlei Geschlechts den Ball lieber kicken als werfen und das runde dem ovalen Leder vorziehen. Ein Rezept dafür, wie sich fußballerische Begeisterung der Youngsters in Know-how für höhere Aufgaben – Major-League-Soccer oder Nationalmannschaft – umwandeln ließe, haben sie noch immer nicht gefunden. Nach all der Zeit ist anzunehmen, dass es gar keins gibt.“
Vielzahl an Optionen
Die Stärke Marco Borriellos ist die Stärke des FC Genua – Tom Mustroph (Neue Zürcher Zeitung) porträtiert den beliebten Torjäger: „Er ist, sieht man vom nach München exilierten Luca Toni ab, der treffsicherste italienische Angreifer. Die Torschützenliste führt er mit 16 Treffern gemeinsam mit Trézéguet an. Ibrahimovic und Del Piero, Mutu und Kakà, Iaquinta und Totti – all diese hoch gehandelten Stürmerstars liegen hinter ihm. Von der Spielanlage und Physis ähnelt Borriello dem in Italien stark vermissten Toni. Er ist dynamisch und großgewachsen. Wuchtig verwandelt er im Strafraum Flankenbälle mit der Stirn. Akrobatisch kann er auf engstem Raum den Ball annehmen, sich um die eigene Achse drehend Platz verschaffen und erfolgreich abschließen. Borriello ist bei Standards einsetzbar, er kann eine Pattsituation im Zweikampf auflösen und ist als Konterstürmer geeignet. Die Vielzahl der Optionen seines Angreifers ist das Kapital des Aufsteigers aus Genua, der dank Borriellos Toren kaum fürchten muss, in den Abstiegsstrudel zu geraten.“
Viel mehr interessiert uns verkappte Boulevardreporter freilich Borriellos Erklärung für seine positive Dopingprobe vor gut einem Jahr: „Das Kortison sei durch oralen Sex mit seiner Freundin in seinen Körper gedrungen. Diese hätte eine Infektion mit einer kortisonhaltigen Salbe behandelt. Die Richter glaubten die Geschichte und verhängten nur eine dreimonatige Dopingsperre. Das war Glück.“
Borriellos Magie
Man sieht die Barbaren lieber als Touristen
Gehen nun auch italienische Vereine in amerikanischen Besitz? Birgit Schönau (SZ) berichtet von dem Gefallen des Textilhändlers John J. Fisher am AS Rom: „Er arbeitete für Reagan und Bush jun., er sponserte Arnold Schwarzenegger in zwei Wahlkämpfen mit insgesamt 50.000 Dollar, was auf einen gewissen Geiz hindeutet. Einer der schönsten Filme des großen italienischen Volksschauspielers und Roma-Fans Alberto Sordi heißt ‚Ein Amerikaner in Rom’. Daraus wird jetzt immerzu zitiert. Man weiß noch nicht, ob der Poker um den AS Rom eine Soap-Opera oder ein Thriller wird, immerhin geht es um die erste ausländische Investition in den italienischen Fußball. Und dann auch noch in Rom. Für die Italiener riecht das nach Untergang des Abendlandes, man sieht die Barbaren nun mal lieber als Touristen. Den Gerüchten nach soll Fishers Offerte für den Klub der Wölfin bei 250 Millionen Euro liegen. Das ist immerhin mehr als die schlappen 138 Millionen, die Air France just für die marode Papst-Fluglinie Alitalia geboten hat. Die Welt ist es noch nicht.“
Historisch verwurzelter Stolz
Ohne die Neue Zürcher Zeitung müssten wir dumm sterben. Ihr Mitarbeiter Georg Bucher macht uns auf den Aufschwung von Vitória de Guimarães aufmerksam und den Hintergrund des Klubs: „Die Zahl der Klubmitglieder nähert sich 30.000, was selbst unter günstigen Voraussetzungen außergewöhnlich erscheint: Guimarães ist die Wiege Portugals, hier entstand die Nation im 12. Jahrhundert, und hier sucht man vergeblich Filialen der großen Klubs aus Lissabon und Porto, die anderswo wie Pilze aus dem Boden sprießen. Der historisch verwurzelte Stolz verbietet eine doppelte Identifikation. Aus Guimarães zu sein, ist etwas Besonderes, und dieses Bewusstsein tragen die Fans in fremde Stadien. (…) Selbst wenn es nur für einen Uefa-Cup-Rang reicht, wären die Erwartungen weit übertroffen.“
stern.de: Holland – Bondscoach Marco van Basten stößt in seiner Heimat breite Ablehnung entgegen. Der einstige Volksheld hat sich mit den Superstars der geliebten ‚Elftal’ verkracht und lässt zudem erbärmlichen Fußball spielen. Die Angst vor einer deftigen EM-Blamage wächst stetig