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Bundesliga

Hitzfeld ist nicht glücklich damit, wie die Dinge im Angriff laufen

Oliver Fritsch | Dienstag, 25. März 2008 Kommentare deaktiviert für Hitzfeld ist nicht glücklich damit, wie die Dinge im Angriff laufen

Die Pressestimmen des 25. Spieltags: Noch liegt Schnee, doch der Deutsche Meister dürfte bereits feststehen: Die Presse zumindest kürt nach dem 2:1 gegen Bayer Leverkusen Bayern München bereits als Sieger des Titelrennens; Miroslav Klose allerdings leide am Egoismus seiner Mitspieler; Schalkes Laune gleicht dem Wetter: Auf und Ab; Stuttgart findet sich plötzlich im Kampf um die Champions-League-Plätze wieder; der Videobeweis gewinnt weiter an Fürsprechern

Peter Heß (FAZ) kann nach dem 2:1-Sieg der Bayern gegen Leverkusen an der Meisterschaft der Bayern nicht mehr rütteln: „Nur noch der Glaube an fußballerische Naturkatastrophen verbietet es, den Bayern vorab zum nationalen Titel zu gratulieren. Sie haben die gefährlichen Situationen dieser Spielzeit gebannt. Aus kleinen sportlichen Durchhängern gingen sie gestärkt hervor, bevor diese zu Krisen ausarteten. Dem strahlenden Helden und Alleskönner Ribéry wird der Glanz und der Glorienschein von den Kollegen nicht geneidet, jedenfalls nicht in einem Maße, das der Gemeinschaftsarbeit abträglich wäre. Miroslav Klose hat sich mit der Position des Stürmers Nummer zwei neben Luca Toni abgefunden. Und Trainer Ottmar Hitzfeld gelingt es, seine Autorität gegenüber den Profis zu wahren, obwohl sein Abschied zu Saisonende seit langem feststeht. (…) Keiner der Titelkonkurrenten erweckt den Eindruck, unmittelbar vor einer glorreichen Aufholjagd zu stehen.“

Till Schwertfeger (Welt) fügt an: „Als Topspiel war die Begegnung apostrophiert worden, doch es war kein Duell auf Augenhöhe. Die 1:2-Niederlage war für die in Ehrfurcht erstarrte Bayer-Elf, die nicht zauberte sondern zauderte, vom Resultat her höchst schmeichelhaft. Beim Blick zur Tabellenspitze riskieren die Leverkusener nun auch noch eine Genickstarre. Sportliche Spannung verspricht nur noch der Wettbewerb ‚Best of the Rest’ mit dem Hauptgewinn direkte Teilnahme an der Champions League.“

Klaus Hoeltzenbein (SZ) spricht den zwei Torhütern seine höchste Anerkennung aus: „Bei der EM halten – Stand heute – Lehmann, Hildebrand und Enke. Die Verhältnisse scheinen zementiert zu sein. Da der eine, Oliver Kahn, eine Laufbahn hinter sich hat, und der andere, René Adler, laut Perspektivplan erst nach der EM in den Kader von Bundestrainer Löw aufrücken wird, erlebten die Zeugen auch weniger ein Bewerbungsspiel. Es war vielmehr eine Demonstration: dafür, mit welch großem wie rätselhaften Torwarttalent diese Republik gesegnet ist; und dafür, wie groß die Macht dieser Talente ist, ein Resultat zu gestalten. Denn dieses nüchterne 2:1 sagt nur wenig darüber aus, was los war in der Arena. Hätte diese als Spitzenspiel angekündigte Partie ein ihrem Verlauf entsprechendes Ergebnis verordnet bekommen, wäre es ein 7:2 gewesen. Die ‚7’, weil die fidelen Bayern Chance auf Chance erspielten, aber entweder an Adler scheiterten oder sich wie so oft in dieser Saison der Laune der Verschwendung hingaben. Und die ‚2’ wäre möglich gewesen, weil einem späten Anschlusstor gerne auch mal der Ausgleichstreffer folgt. Nur im Fußball ist es möglich, dass ein Spiel mit derart dominantem Verlauf in ein Zitterfinale mündet. Ein Handballspiel mit ähnlicher Dramaturgie endet 40:15, beim Basketball geht’s 105:43 aus.“

Im Mittelpunkt und daneben

Sebastian Krass (Stuttgarter Zeitung) findet ein Haar in der Münchner Suppe: „Und doch stand selbst in diesem Spiel offenkundig ein unzufriedener Offensivspieler der Bayern auf dem Platz: Miroslav Klose. Der Stürmer war diesmal der Mann, der den Wirbel überhaupt erst in Gang setzte und ihn dann am Laufen hielt. Er ebnete mit seiner Ballbeherrschung und Übersicht den Weg zum 1:0 von Luca Toni und sprang in vielen anderen Szenen für Franck Ribéry in die Bresche, dem zu viele Ballverluste unterliefen. Doch im Mittelpunkt stand – wieder einmal – der Strahlemann aus Italien. Klose dagegen war kein Tor vergönnt, wieder einmal. Und das schlägt Klose sichtbar aufs Gemüt. Gut zu beobachten war das, als Ribéry, Toni und Klose auf nur einen Gegenspieler zuliefen. Toni bekam den Ball, es wäre ihm ein leichtes gewesen, zurück auf Klose zu spielen. Doch so denkt Toni nicht. Der Weltmeister dachte nur an sein nächstes Tor und schoss vorbei. Für Toni war die Sache mit einem entschuldigenden Wink erledigt. Klose hob auch eine Minute später noch rat- und hilflos die Arme. Hitzfeld machte deutlich, dass er nicht glücklich damit ist, wie die Dinge im Angriff derzeit laufen, dass nämlich einer arbeitet und der andere trifft. Klose dürfte die toni-freien Tage mit der Nationalmannschaft besonders genießen.“

Schneckenrennen

Ulrich Hartmann (SZ) kommentiert den Kampf um den Ligaerhalt zwischen Duisburg, Nürnberg, Cottbus, Rostock und Bielefeld, die zurzeit so gut wie nie gewinnen: „Derart kollektiv bedürftig war ein Schlussquintett in den vergangenen dreizehn Jahren nie, woraus abzuleiten ist, dass die alte Faustformel ‚40 Punkte reichen zum Klassenerhalt’ diesmal außer Kraft gesetzt wird. Weil zwischen den fünf Schnecken nur noch fünf direkte Duelle anstehen, dürfte es am Saisonende einen Bundesligarekord geben. Bislang halten Nürnberg und Wolfsburg diese Bestmarke, sie haben 2002 und 2006 mit 34 Punkten die Liga gehalten. Diesmal könnte weniger genügen. Das neuerliche Schneckenrennen birgt die Gefahr, dass wieder Diskussionen über die Zweiklassengesellschaft Bundesliga beginnen, dass über Arm und Reich sinniert wird und über die sich öffnende Schere innerhalb der Fußballelite. Aber die aktuelle Schwäche des Schlussquintetts hat individuelle Gründe. Ab der kommenden Saison steigen bloß noch zwei Klubs direkt ab, der drittletzte darf in die Relegation. Das Schneckenrennen wird aus kommerziellen Gründen ligaübergreifend und dann hoffentlich: atemraubend!“

Schalker Seifenoper

Claudio Catuogno (SZ) schmunzelt darüber, dass Schalke seine Laune ausschließlich an Ergebnissen orientiert: „Der Gemütszustand im Fußball, besonders auf Schalke, ist wie permanentes Aprilwetter: Wolken verdüstern den Himmel und verschwinden wieder, fieser Platzregen wechselt mit strahlendem Sonnenschein, Stürme ziehen auf und vorüber – und alles geschieht in Windeseile. Gerade noch hatte Schalke nacheinander gegen Wolfsburg, Leverkusen und Bayern München verloren. Das waren nicht nur drei Niederlagen, das war eine handfeste Krise. Und es war Anlass für die Diagnose, Mirko Slomka sei womöglich der falsche Trainer, er habe es versäumt, sein Team weiterzuentwickeln. Drei Wochen später stehen nun Siege gegen Bielefeld, Duisburg und Hertha in der Bilanz sowie ein Champions-League-Viertelfinale gegen Barcelona bevor. Siege gefallen, Siege machen unangreifbar. So ist das jetzt wieder auf Schalke: eitel Sonnenschein, und niemand hält es für nötig, sicherheitshalber mal einen Regenschirm einzupacken.“

Ronny Blaschke (taz) ergänzt: „Es ist immer wieder amüsant zu beobachten, welchen Konjunkturschwankungen ein Bundesligaklub unterliegt, besonders absurde Züge nimmt dieses Schauspiel regelmäßig beim FC Schalke an. Es ist nicht mal einen Monat her, dass sich Slomka wie ein Bittsteller für seine Arbeit rechtfertigen musste. (…) Dabei spielte der FC Schalke nicht wesentlich besser als vor einem Monat. In Berlin trat die Mannschaft gehemmt in der Offensive auf und war arm an Ideen. Die nächste Ausgabe der Schalker Seifenoper folgt bestimmt.“

Vorsichtig geworden

Oliver Trust (FAZ) bestätigt die erneut siegenden Stuttgarter in ihrer Haltung, die Ziele nicht zu optimistisch zu setzen: „Dem VfB käme es trotz der Serie wie fahrlässige Prahlerei vor, im Frühjahr 2008 von der Königsklasse zu sprechen. Vor kurzem erst schied man ernüchtert gegen Carl-Zeiss Jena im DFB-Pokal aus und sah anschließend dabei zu, wie sich Jenas Halbfinalgegner Dortmund durch den Sieg und den Finaleinzug vorab die Teilnahme am Uefa-Cup sicherte. Die Schwaben sind vorsichtig geworden, allzu viele Enttäuschungen will man sich in einer Saison, die als verdorben galt, nicht mehr zumuten.“

Schiedsrichter wollen leiden und gequält werden

Frank Heike (FAZ) verteidigt den Schiedsrichter gegen Hamburger und Wolfsburger Kritik: „Kinhöfer bewegte sich genau im Rahmen der ja nicht von ihm vorgeschriebenen Regeln: alle vier Feldverweise waren vertretbar. Allein die Situation beim Handspiel im Strafraum hatte er falsch beurteilt. Das war sicher ärgerlich für den HSV. Doch was Beiersdorfer und Stevens viel mehr nervte, war die eigene Leistung. Dem HSV gelang es nicht, das eine halbe Stunde lang kontrollierte Spiel zu einem positiven Ende zu führen. Nach dem 1:0 traten die Hamburger beeindruckend kompakt auf. Doch als der VfL Wolfsburg nach der Pause den HSV zunehmend in Zweikämpfe zwang, verloren die Hamburger die Linie. Das 1:1 war selbst verschuldet, weil Trochowski den Ball verspielte. Der HSV will nach dem Ausscheiden im DFB- und Uefa-Pokal unbedingt Zweiter oder Dritter werden – Plätze, um die neben Bremen und Leverkusen nun auch wieder Schalke und Stuttgart kämpfen. In Wolfsburg ließ der HSV zwei Punkte liegen, weil er sich nach einer frühen Führung wieder einmal zu schnell mit der Verteidigung begnügte.“

Oskar Beck (Welt am Sonntag) rät den Schiedsrichtern, ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Videobeweis zu überdenken, weil er ihre Entscheidungen auf dem Platz bestätigen könnte und sie somit vor ungerechter Kritik schützen werde: „Wir haben mit den Schiedsrichtern Mitleid und möchten ihnen am liebsten helfen. Aber sie pfeifen drauf. Sie wollen leiden und gequält werden. Sie bestehen darauf. Sie können ohne diesen Schmerz nicht leben. Jedenfalls schlagen sie sich nicht kämpferisch an die Seite ihrer Vorzeigefigur Markus Merk, wenn der mutig den Videobeweis fordert. Schiedsrichter wollen die bösen Buben sein. Deshalb halten sie still, wenn der Fifa-Blattersepp vom Zürichsee wieder mal andeutet, dass zuviel technische Hilfe den Fußball erstickt, oder wenn der DFB-Zwanzigertheo sie mit der stolzen These in den Schlaf singt: Auch wenn Fehler passieren – wir haben die besten Schiedsrichter der Welt. (…) Der Aufklärungswahn, hat sich der pfeifende Kolleg Knut Kircher sogar zitieren lassen, mache den Fußball kaputt. Welcher Fußball ist da gemeint? Der Geschäftsfußball von heute – oder der Amateurfußball von früher, als man noch die Torlatten auf den Platz trug, die Seitenlinien mit Sägemehl streute und ein Schiedsrichterfehler noch keine Vereinsexistenz bedrohte, keinen zweistelligen Millionenverlust bedeutete und die dazugehörigen Emotionen noch steuerbar waren? Der Fußball von heute ist nicht mehr aus Leder, Gleiche Höhe ist nicht mehr abseits, und für immer mehr Menschen ist der Fußball immer öfter viel mehr, als er sein sollte – nämlich ihr Leben, und das kann irgendwann lebensgefährlich werden. Im schlimmsten Fall ist der Tag nicht mehr fern, an dem die Spinner den Schiedsrichter nicht mehr mit Bier überschütten oder mit Feuerzeugen bewerfen, sondern ihm blutig auf die Pelle rücken.“

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