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Champions League

Liegt Ronaldinhos Problem tatsächlich im rechten Oberschenkel? Oder höher?

Oliver Fritsch | Dienstag, 1. April 2008 Kommentare deaktiviert für Liegt Ronaldinhos Problem tatsächlich im rechten Oberschenkel? Oder höher?

Vor dem Viertelfinalhinspiel in Schalke – weitere Abgesänge auf Barcelona und seine Stars; doch an der Favoritenrolle ändert das nichts

Das aktuelle Barcelona vor dem Ende? Ronald Reng (FR) sieht seinen Pessimismus durch die 2:3-Niederlage (nach 2:0-Führung) in Sevilla bestätigt: „Die Saison wird Barça wohl noch einige angenehme Abende schenken, womöglich schon bei Schalke 04, aber auf eine Auferstehung braucht niemand mehr zu warten. Wenn schon bald voller Nostalgie zurückgeblickt wird auf das Barça von Trainer Frank Rijkaard, dann wird man sich erinnern: Sevilla, eine Samstagnacht in einem baufälligen Stadion gegen ein biederes Team, zerfleddert von Betis‘ deutschem Nationalspieler David Odonkor, der vor allem sprinten kann – da ließ es sich nicht mehr übersehen, selbst mit dem Trikot überm Kopf nicht: Die Zeit dieser Elf läuft ab.“

Paul Ingendaay (FAZ) sieht ebenfalls wenige Anhaltspunkte, aus denen sich Hoffnung schöpfen lässt: „Eine rätselhafte Krankheit hat den FC Barcelona befallen: Obwohl weitgehend dieselben Spieler auf dem Platz stehen, die 2006 die Champions League holten, ist von der Magie des katalanischen Offensivfußballs nichts geblieben. Wie auf Verabredung haben die Stars der Mannschaft abgedankt und ihre Kameraden in eine kollektive Lethargie gerissen. Namen, die vor kurzem noch Ehrfurcht auslösten, sind innerhalb weniger Monate so peinlich geworden, dass man sie besser nicht mehr erwähnt. (…) Bleibt Bojan Krkic. So hoffnungsvoll es die Fans stimmen muss, einen hungrigen, unbekümmerten jungen Mann wie ihn dabeizuhaben, über die Verfassung der Mannschaft sagt das nichts Gutes. Denn sie hat weder Kopf noch Herz, noch Rumpf, und im Zweifelsfall befällt die führungslose Truppe eine solche Ängstlichkeit, dass sie sich jedem anvertrauen würde.“ Auf die Frage, wie das Problem zu lösen sei, fällt Ingendaay nichts unübliches ein: „Möglicherweise ist dieser psychologische Knick nur durch einen Trainerwechsel zu reparieren, auch wenn die Schar satter, motivationsloser Stars den größeren Anteil am Debakel dieser Saison trägt.“

Sehr lesenswert! Christian Eichler (FAS) beklagt Verhängnis und Niedergang des epochalen Ronaldinho: „Er hat den Fußball verwandelt. Mit Fußfegern, Hüftknicks, Tippkick-Toren. Auf dem Höhepunkt seines Ruhmes nahm man ihm sogar den digital manipulierten Werbefilm als Wahrheit ab, in dem er den Ball viermal von der Strafraumgrenze an die Latte knallt und ihn jedes Mal wieder aufnimmt und weiterjongliert. Ein solches Naturereignis wie Ronaldinho am Ball hatte man seit Maradona nicht gesehen. Und heute? Seine Tricks sind tausendfach kopiert und durchschaut. Es war, als hätten die Gegenspieler irgendwann den Ronaldinho-Code geknackt. Er kam nicht mehr vorbei. Seinem Ruhm tat das nichts. Sein Lächeln, seine Bewegungen hatten ihn längst zu etwas gemacht, das in der globalen Bilderflut rar geworden ist: einen festen, unverwechselbaren Teil des visuellen Gedächtnisses. Diesen virtuellen Ronaldinho gibt es immer noch. Bei Youtube, im Video-Spiel, im Kopf. Was aber ist aus dem echten Ronaldinho geworden? Ihn gibt es derzeit nicht mehr als Spieler, nur als Spielball: im großen 24-Stunden-Big-Brother-Container des neurotischen Medienfußballs.“

Auf Ursachensuche für Ronaldinhos schwache Knie tastet sich Eichler vor: „Liegt Ronaldinhos Problem tatsächlich im rechten Oberschenkel? Oder höher? Ist das Dilemma vielleicht ein ganz anderes: Ein Burn-Out-Syndrom? Ein Orientierungsverlust? Eine in brasilianischen Genen liegende Unmöglichkeit, das asketische Leben eines europäischen Fußball-Mönchs zu führen? Oder ist es die normale Lebenslust eines jungen Mannes auf dem Gipfel seiner finanziellen wie sexuellen Möglichkeiten? Oder vielleicht nur: eine Formkrise, wie sie jeder mal hat – nur eben bei ihm unter dem Medien-Mikroskop ins Riesenhafte vergrößert? Die Antwort bleibt vage. Doch es scheint, hier gehe etwas kaputt.“

Fremd

In der Berliner Zeitung legt Reng dar, dass und warum sich der Ex-Londoner Thierry Henry in Barcelona nicht zurechtfindet: „Barças Spiel ist nicht sein Spiel. Bei Arsenal hatte Henry als einsamer Stürmer die gesamte Breite des Angriffsdrittels für sich, um zu streunen, er konnte von der Mittellinie aufwärts seine Schnelligkeit ausspielen. Die gesamte Mannschaft spielte für ihn. Barça dagegen spielt mit drei Angreifern und zwei offensiven Mittelfeldspielern. Henry, derzeit als Flügelstürmer eingeteilt, kann selten zum Tor ziehen oder sich zurückfallen lassen; da ist überall schon ein Mitspieler. Jeder ist viel mehr auf seine Position festgelegt. Bewegung und freier Raum entstehen weniger durch Sprints als durch Passkombinationen. Henry ist sich nur zu bewusst, wie sehr er in diesem System fremdelt. Und so spielt er wie ein Fußballer, der ständig daran denkt, nichts falsch zu machen: Solche Spieler machen am Ende nicht einmal mehr das richtig, was sie mit Leichtigkeit konnten.“

Mit diesem Jungen werden es die Schalker heute zu tun bekommen

Krkic’ Tor letzte Woche in der spanischen U21 gegen Kasachstan

NZZ-Portrait Bojan Krkic

Ohne Phantasie

Philipp Selldorf (SZ) vermisst Schalker Ideengeber: „Der Siebenundzwanzig-Mann-Kader weist zehn Mittelfeldspielern auf, darunter fünf Neuzugänge, aber er enthält dennoch eine entscheidende Lücke. Mirko Slomka nannte sie beim Namen, als er beiläufig meinte, man ‚sollte jetzt nicht einer Nummer 10 nachtrauern’. Diese Nummer trug im Vorjahr der launenhafte Lincoln, der in die Türkei verkauft wurde, aus gutem Grund allerdings: Auf seine Loyalität konnte man nicht mehr vertrauen. Nicht Lincoln, aber einer wie Lincoln fehlt seitdem, das Element der Phantasie kommt im Schalker Spiel nicht mehr vor. Deshalb verzeichnet Schalke durch das Fehlen der verletzten Rakitic, Zé Roberto und Varela die schwerer wiegenden Verluste als der ohnehin eher am Rück- denn am Hinspiel interessierte FC Barcelona.“

NZZ: Alberto Aquilani, ein Talent des AS Rom auf der Standspur

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