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Champions League

Kleinmut und die Null auf der falschen Seite

Oliver Fritsch | Donnerstag, 3. April 2008 Kommentare deaktiviert für Kleinmut und die Null auf der falschen Seite

Schalke hat bei der Presse keinen Kredit und muss sich nach dem 0:1 gegen Barcelona einiges anhören, vor allem Kevin Kuranyi / Manchester siegt in Rom auf die italienische Tour

Philipp Selldorf (SZ) wurmt die Ängstlichkeit der Schalker: „Die Begegnung war als vereinshistorisches Ereignis stilisiert worden, aber dann geriet sie zum Höhepunkt königsblauer Peinlichkeit. Man erlebte den letzten Vertreter der Bundesliga, dessen Spieler vor ihrem Gegner erstarrten wie Vorschulkinder vor Pappfiguren in der Geisterbahn. Wegen der ungleichen spielerischen Standards stand ja einiges zu befürchten für die Hausherren, doch es kam viel, viel schlimmer: Schalke scheiterte nicht an Barcelonas fußballerischer Hochkultur, sondern am eigenen Kleinmut und demolierten Befinden. (…) Schalke muss sich darüber ärgern, eine tatsächlich vereinshistorische Chance weggeworfen zu haben, weil es diese schattenhafte Variante des großen FC Barcelona nicht besiegt hat.“

Roland Zorn (FAZ) räumt Schalke, im Gegensatz zu einigen Spielern, wenig Chancen im Rückspiel ein: „Tatsächlich spricht so gut wie alles gegen Schalke: Barça erweist sich wenigstens in dieser Champions-League-Runde als krisenfest und hat deshalb auch noch keine einzige Partie verloren. Schalke dagegen geizt mit Treffern wie niemand sonst aus dem Kreis der Viertelfinalisten: sechs Spiele mit der Null auf der falschen Seite, sechs Tore in neun Begegnungen, das ist eine Statistik der Dürre, die jenseits von Gelsenkirchen niemanden Angst macht. Für das Wiedersehen helfen also nur der Glaube an ein Fußball-Wunder, der unbedingte Wille zur Selbstbehauptung und vielleicht der Mut, auch einem Platzhirsch zunächst mal den ungewohnten Platz auf der Bank zuzumuten.“

Womit wir beim formschwachen Kevin Kuranyi wären, über den Selldorf schreibt: „Vor den Augen des Bundestrainers Joachim Löw hat er den Auftrag als Galionsfigur des Schalker Angriffs wieder nicht erfüllen können, sein Auftritt entwickelte sich zum Drama. Als Mirko Slomka den Nationalspieler nach einer Stunde vom Platz nahm, erschien das als markantes Zeichen. Aber es war keine symbolische Strafhandlung gegen einen derangierten Star, sondern die einzige Möglichkeit, den Unglücklichen vor dem Unmut des Publikums zu schützen.“

Andreas Morbach (Financial Times Deutschland) schmunzelt: „Zusätzlich erschwert wird die Herkulesaufgabe im Rückspiel durch den regelschwachen Halil Altintop, der prognostiziert: ‚Barcelona wird im Rückspiel ein Tor schießen – und dann müssen wir schon drei machen.’ Hoffnungsschimmer für Schalke: Dank der Europapokal-Arithmetik reichte in Barcelona schon ein 2:1-Sieg.“

Verkehrte Fußballwelt

Birgit Schönau (SZ) stellt beim 2:0 Manchesters in Rom den Vollzug eines Rollentauschs fest: „Früher spielten Männer wie Ronaldo selbstverständlich in Italien. Heute lässt sich die letzte verbliebene italienische Mannschaft in der Champions League von einem Spieler wie Ronaldo vorführen. Nicht widerstandslos, immerhin. Schließlich schauten von der Tribüne zwei Nationaltrainer zu, der Franzose Domenech und Italiens Donadoni. Aber von Mexès, Giuly, De Rossi oder Aquilani erwartet niemand, dass sie zum Fußballer des Jahres nominiert werden. Sie sind Außenseiter in der Edelklasse und versuchen, eine Chance zu nutzen, die sie nicht haben. In der zweiten Halbzeit hatte der AS Rom eine gute Handvoll fein herausgespielter Möglichkeiten, während Manchester sich auf jene Taktik zurückzog, die man traditionell den Italienern unterstellt – Catenaccio im Reinformat. In dieser verkehrten Fußballwelt, in der Manchester so phantasielos und zynisch auftrat wie weiland Juventus Turin, rackerten die Römer redlich und vergeblich.“

Cristiano Ronaldo , wie wir ihn noch nicht kannten: Beim 0:1 erweist er sich als Springwunder

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