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Bundesliga

In einer freien Gesellschaft nicht zu verhindern

Oliver Fritsch | Montag, 7. April 2008 Kommentare deaktiviert für In einer freien Gesellschaft nicht zu verhindern

Der 27. Spieltag: Die Ausschreitungen der Nürnberg-Fans beschäftigen die Presse, doch sie werden als Einzelfall bewertet; der VfB Stuttgart schleicht sich wieder nach oben; Schalke siegt unansehnlich; Wolfsburger Ambitionen

Jörg Hahn (FAZ) greift im Bundesliga-Kommentar am Montag die Krawalle der Nürnberger Fans auf: „Wenn man sich vor Augen hält, welche Bühne der Bundesliga-Fußball an jedem Spieltag auch denen auf den Rängen bietet, so ist es fast erstaunlich, dass in Deutschland seit Jahren so wenig passiert. Das spricht nicht zuletzt für eine gute Zusammenarbeit der Vereine, der Fanklubs und der Polizei. Alle haben dazugelernt. Und die neue Qualität der Stadien sorgt zusätzlich für Befriedung. Doch die Vorfälle in Frankfurt beweisen: Man wird sich immer mit einer latent explosiven Mischung auf den Tribünen auseinandersetzen müssen, gerade wenn es um Mitglieder der so genannten Ultras geht. Es wird wohl niemals einen Zeitpunkt geben, zu dem man sich beruhigt zurücklehnen könnte.“

Von den Nürnberger Profis hätte er sich mehr Distanzierung gewünscht: „So rührend ‚Club’-Präsident Michael A. Roth als lebende Eckfahne war, so verstörend wirkte das Dankeschön der Nürnberger Spieler nach der Partie an ihren Fanblock. Haben sie sich etwa dafür bedankt, dass nicht noch eine weitere Leuchtpatrone geflogen ist? Wäre ein Fernbleiben der Mannschaft an diesem Tag nicht das bessere, das notwendige Signal gewesen?“

Thomas Kilchenstein (FR) gibt zu bedenken: „Derlei Ausschreitungen sind in einer freien Gesellschaft nicht zu verhindern. Wer mit der Absicht in ein Stadion geht, das Spiel zu stören, wird immer Wege finden. Dies zu unterbinden, wäre nur möglich, indem all das eingeführt wird, was man nicht will und mit guten Gründen abgeschafft hat: Kontrollen wie am Flughafen, Zäune, womöglich Gräben, noch mehr Polizei, noch mehr Sicherheitskräfte.“

Kloimachen

Jürgen Löhle (taz) stellt fest, dass der VfB Stuttgart, 1:0-Sieger gegen Hamburg, seine Erfolgsstrategie wiederentdeckt hat: „Der Titel ist weg, aber die Champions League plötzlich wieder im Blick. Ein Fakt, über den Armin Veh am liebsten gar nicht reden würde. Der Mann aus Augsburg versucht es mit dem schwäbischen Weg des Hählinge[heimlich]-nach-oben-Schleichen. Nur nicht auffallen – so ist man schließlich auch Meister geworden. Die Perspektiven fürs Finale sind da. Aber Veh winkt ab: ‚Wissen Sie was‚ wenn wir Zweiter werden, dann höre ich auf – denn was soll ich dann noch erreichen?’ Da schau her, jetzt haben sie in etwas mehr als zwei Jahren aus dem Bayern Veh einen Gesinnungsschwaben gestrickt. Kloimachen gehört schließlich wie die Stadionflucht zu typischen Ritualen im Süden der Republik.“

Roland Zorn (FAZ) ergänzt: „So entspannt wie im Vorjahr, als niemand den VfB auf dem Meisterzettel hatte, scheinen Vehs Profis auch in dieser Saison das Feld von hinten aufrollen zu wollen. Die verloren geglaubte Frische ist zurückgekehrt, die Angst vorm Siegen längst verflogen, das Selbstwertgefühl wieder da.“

Ein bisschen tauschen

Stühlerücken im Schalker Sturm, doch am Bild und am Ergebnis (1:0 gegen Rostock) ändert sich nichts – Richard Leipold (FAZ): „In einer Disziplin ist der FC Schalke 04 derzeit nicht zu schlagen: Kein anderer Teilnehmer versteht es, in der Bundesliga mit so wenig Fußball so viel zu erreichen. (…) Neben Kevin Kuranyi bekam Gerald Asamoah zunächst einen Platz auf der Bank zugewiesen. In der Schlussphase durfte auch er die Arbeit wiederaufnehmen und Albert Streit ablösen. Zum ersten Mal von Beginn aufgeboten, gab er die Flanke zum Siegtor, darüber hinaus vermochte er das schwerfällige Schalker Schiff aber ebenso wenig flottzumachen wie auf dem anderen Flügel Vicente Sanchez, der zuweilen wirbelt, ohne den Gegner nachhaltig durcheinanderzubringen. Auch der Uruguayer musste seinen Dienst vorzeitig beenden – so kam selbst Peter Lövenkrands wieder ins Spiel, und Slomkas alte Combo im Angriff (Asamoah, Kuranyi, Lövenkrands) war wieder zusammen. Zurück zu den Wurzeln oder einfach nur ein bisschen tauschen, um dem Publikum ein wenig Abwechslung zu bieten? Slomka kann es, fürs Erste, egal sein. Wer dreizehn von fünfzehn möglichen Punkten geholt hat, muss manches richtig gemacht haben, auch wenn die Gegner schwach waren. Personalwechsel mit Rolle rückwärts und dann der Sprung auf den zweiten Platz. Ein bisschen was wurde also doch geboten ‚auf’ Schalke.“

Starker Mann siegt, siegt und siegt

Schon wieder gewonnen, 3:2 gegen Hannover – Tobias Schall (Stuttgarter Zeitung) bescheinigt Wolfsburgs Macher Felix Magath ganze Arbeit: „Keinen Stein hat er beim VfL Wolfsburg auf dem anderen gelassen, rund zwanzig neue Spieler geholt, dafür fast 40 Millionen Euro ausgegeben, im Betreuerstab unpopuläre Maßnahmen in der Stadt der Fließbänder am Fließband getroffen, dann auch noch den Stammtorhüter Simon Jentzsch demissioniert, kurzum: Felix Magath hat den VW-Club einer Generalüberholung unterzogen. Binnen neun Monaten hat er von der Idee über die Entwicklung bis hin zur Fertigung ein neues Erfolgsmodell entwickelt, das siegt und siegt und siegt. Der VfL ist das Team der Stunde. Mit vielem hat man gerechnet, nur damit nicht. Die Verwunderung ist groß gewesen, als Magath den Wechsel nach Wolfsburg bekanntgab. Er träumte doch von den großen Vereinen aus Italien, Spanien oder England. Doch in Niedersachsen boten sie ihm mehr als jeder andere Club der Welt je hätte bieten können: Macht. Trainer, Sportdirektor, Geschäftsführer – kein anderer Coach der Liga verfügt über ähnliche Kompetenzen, und manch einer seiner Kollegen schaut neidisch auf dieses im deutschen Fußball bisher einmalige Projekt mit dem Trainer als starkem Mann und nicht als schwächstem Glied.“

Bernd Müllender (Financial Times Deutschland) rückt unser Wolfsburg-Bild zurecht: „Wolfsburg, diese Langweiler, stöhnt der Stammtischfan. Dann gewinnt die Mannschaft den größten Aufreger des Spieltags 3:2 gegen Hannover, ein schieres Offensivspektakel mit Chancen im Minutentakt.“

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