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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Champions League

Sich gefunden

Oliver Fritsch | Mittwoch, 30. April 2008 Kommentare deaktiviert für Sich gefunden

Spanischer Trainer, spanischer Torjäger – Raphael Honigstein (Financial Times Deutschland) hält fest, dass Liverpool Arbeitsspeicher und -kapazität erhöht hat: „Fußball ist keine Mathematik, da hat Karl-Heinz Rummenigge wohl recht. Kein Algorithmus der Welt hätte John Arne Riises kurioses Eigentor in der Nachspielzeit des Hinspiels im Voraus berechnen können. Aber Mathematik kann Fußball sein. An dem gewaltigen Einfluss der Zahlen auf das Spiel gibt es für Rafael Benítez, den größten Technokraten im europäischen Fußball, nicht den geringsten Zweifel. Arsène Wenger kann seinen Schützlingen mittlerweile anhand der Computerdaten aufzeigen, dass sie den Ball in der Vorsaison ein paar Sekundenbruchteile schneller abspielten. Und Benítez wertet nicht nur – wie in vielen Klubs üblich – die persönlichen Leistungsdaten der Spieler aus, sondern auch die Flugbahnen des Balles. Sein Ziel ist es, den Fußball zu digitalisieren, das heißt: Er will ihn in ein binäres System von tausend winzigen Leerstellen verwandeln, für die es entweder eine richtige (1) oder falsche Lösung (0) gibt. Sie haben sich gefunden, der im Sommer für 30 Millionen Euro von Atletico Madrid verpflichtete Torjäger und sein Trainer, der Liverpool zum dritten Mal in vier Jahren ins Champions-League-Finale führen könnte. Fernando Torres konnte im chaotisch geführten Atletico sein extremes Potenzial jahrelang nur andeuten, und Benítez’ komplexe Programme schienen die eher dürftige Hardware des roten Liverpooler Rechners in der Vergangenheit meist zu überfordern. Mit Torres hat der Fußballlehrer nun eine neue, turboschnelle Harddrive zur Verfügung, die alle Befehle versteht und schleunigst umsetzt.“

Gereizt

Christian Eichler (FAZ) stellt Didier Drogba als Zicke vor, die in Chelsea keine andere Zicke neben sich dulde: „Drogba sieht aus wie einer, der einen Wechsel dringend braucht. In dieser Saison wirkt er ungeduldig, spielt oft eigensinnig, will Tore erzwingen, statt sie zu erspielen, und sucht auch häufiger den unfeinen Umweg des geschundenen Elfmeters oder Freistoßes. Das Maß seiner Gereiztheit demonstrierte der bizarre Streit mit Michael Ballack um das Recht, einen Freistoß gegen Manchester ausführen zu dürfen. Drogba gewann den Ball – und verlor Sympathien. Selbst die eigenen Fans haben ihn in dieser Saison schon ausgepfiffen, wenn er allzu stur den eigenen Erfolg suchte. Doch wer die Lücke füllen soll, wenn er geht, ist unklar. Eine Zweitbesetzung von Weltklasse für den genervten Solisten hat Chelsea nicht. Sein erwarteter Weggang im Sommer könnte die unterschwelligen Spannungen im Star-Gefüge zum Ausbruch bringen. Keiner der vielen Versuche, neben dem Ivorer einen zweiten Weltklassestürmer einzukaufen, ging bisher auf. Ob Mutu, Kezman, Crespo, Schewtschenko, Kalou, Anelka, alle waren sie woanders Torjäger und blieben bei Chelsea Randfiguren.“

Verknorzt

Hanspeter Künzler (Neue Zürcher Zeitung) erwartet mehr Spannung als Ästhetik: „Die letzten fünf Champions-League-Treffen zwischen den beiden Mannschaften waren verknorzte Angelegenheiten, in denen es um Blood, Sweat and Tears, nicht um Eleganz ging. In der Tat hat der Liverpool FC im Viertelfinal gegen Arsenal gezeigt, dass er auch in dieser Saison wieder Flair mittels Disziplin und Einsatz auszumanövrieren versteht. Über ähnliche Qualitäten verfügt Chelsea, wobei die Londoner im einseitigen Hinspiel nur mit größtem Glück zu einem Treffer gekommen sind. Das psychologische Hoch nach dem Sieg gegen Manchester United dürfte allerdings zusätzliche Kräfte freisetzen.“

So viel bis hierhin zu gestern – Pressestimmen zu ManU vs Barca vermutlich am Freitag

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