Ascheplatz
Warnsystem ruhig gestellt
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| Mittwoch, 30. April 2008Im Zuge des Klasnic-Falls – Arnd Festerling (FR) kritisiert die im Spitzensport offenbar weit verbreitete Praxis, Schmerzmittel einzunehmen und zu verschreiben: „Die Nebenwirkungen sind beträchtlich. Im schlimmsten Fall werden die Nieren geschädigt oder versagen gleich völlig, Magen und Darm gehen vor die Hunde, das Risiko von Schlag- und Herzanfall steigt. Nicht untersucht sind die langfristigen Folgen für einen Körper, der ständig Signale sendet, dass er seine Leistungsgrenze überschritten habe, aber die mithilfe von Spritzen oder Tabletten ignoriert werden. Schmerzlos sind die Sportler, die ihr körpereigenes Warnsystem ruhig stellen. Schmerzlos sind aber auch die Ärzte, die diese Medikamente bedenkenlos verschreiben oder spritzen, obwohl sie wissen, dass sie ihren Patienten bestenfalls kurzfristig helfen, ihnen langfristig aber mit Sicherheit schaden. Und schließlich steigert die chemisch unterstützte Freiheit von Schmerzen doch wohl auch die Leistungsfähigkeit. Und das wird Doping genannt.“
Bilanzsicherheit als oberstes Ziel
Christof Siemes (zeit.de) verachtet die Sattheit der Bayern-Verfolger und ihre Beschränkung auf finanziellen Ehrgeiz: „Das ist neben den teuren Stars der zweite Grund für die Überlegenheit der Bayern: die Hasenherzigkeit der anderen, von Nord nach Süd, von Hamburg und Bremen bis zu Schalke, Leverkusen und Stuttgart, von einstigen Platzhirschen wie Dortmund ganz zu schweigen. Aber wahrscheinlich ist es nicht mal Hasenherzigkeit, die all diese Vereine früh aus dem Titelrennen katapultiert hat. Es ist – auch hier – die Ökonomie. Die Champions League ist das Gift, das die nationale Meisterschaft verdirbt. Denn es reicht ja Platz 2 und mit etwas Glück sogar Platz 3, um an die fette Kohle aus der europäischen Topliga heranzukommen. Heute sagt kaum jemand offensiv: Wir wollen Meister werden. Wer den modernen Fußball verstanden hat, kennt nur ein Ziel: Wir wollen international spielen. Lass die Bayern in ihrem unersättlichen Titelwahn das Festgeldkonto plündern, wir werden Zweiter mit der Hälfte der Kohle und können danach genauso absahnen. Spätestens im Viertelfinale ist dann eh für alle Schluss. Und seit der Uefa-Cup vom vermeintlichen Verlierer-Pokal zur Endlosveranstaltung zum Geldverdienen reformiert wurde, muss man eigentlich nur Fünfter werden, um die nächste Saison finanziell im Sack zu haben. Längst sind Fußballklubs Wirtschaftsunternehmen, da ist Bilanzsicherheit für die folgende Saison das oberste Ziel.“
Zum Vorspiel reduziert
Entwertung durch Zerstückelung? Katrin Weber-Klüver (Financial Times Deutschland) warnt vor einer Reform der Anstoßzeiten in der Bundesliga: „Wie viel Modernisierung verträgt der Fußballfan? Im Prinzip natürlich gar keine. Die Zumutungen für den wertkonservativen Zuschauer halten sich denn auch in Grenzen. Es gibt nach wie vor keine Spielunterbrechungen für Videobeweise, im Kern ist Abseits Abseits geblieben, es spielen immer noch 22 Männer mit einem Ball auf zwei Tore. Alles so wie vor hundert Jahren. Nun aber droht schlimme Neuerung, gar Flexibilisierung. Wo überall zu allen Zeiten gearbeitet wird, soll auch zu allen möglichen Zeiten gekickt werden. So wird es von denen, die die Fernsehrechte halten, seit Jahren notorisch und derzeit mit Nachdruck vorangetrieben. Zuzugeben ist, dass sich Briten und Spanier wenig an diversifizierten Anstoßzeiten stören. Wahr ist aber auch, dass die Alle-zusammen-Idee beim hiesigen Fan sehr tief sitzt. Im Stadion wartet er immer auch auf neuste Zwischenstände auf der Anzeigetafel. Sieht er ein Spiel in der Kneipe, freut er sich auf Schaltungen zu anderen Plätzen. Denn Spannung, besonders in der Spätphase der Liga, hat viel mit Zeitgleichheit zu tun. Dass Bayern gerade ständig nachgeklappt am Sonntag antritt, reduziert schon jetzt den Rest zum Vorspiel. Und gibt einen Vorgeschmack darauf, wie einsam und verloren jedes Spiel bald sein wird.“
Champions League vergessen
Die SPD diskutiert, ob man es Unternehmen untersagen soll, Millionengehälter für Führungskräfte nicht mehr von der Steuer abzusetzen. Manfred Schäfers (FAZ) kritisiert diesen Plan: „Man darf Manager nicht schlechter behandeln als andere Menschen. Damit trifft die SPD auch die Fußballklubs, die sich teure Stars leisten. Dann können die Deutschen die Champions League vergessen. Das gilt im übertragenen Sinn natürlich auch für die internationale Unternehmensliga.“